296. Infanteriedivision

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Die 296. Infanteriedivision (ID) war ein militärischer Großverband der Wehrmacht, der im Frühjahr 1940 größtenteils in Passau und Deggendorf aufgestellt wurde. Zeitweilig waren ihr auch Teile des Infanterie-Regiments „Großdeutschland“ unterstellt. Bis zu ihrer Vernichtung im Verlauf der russischen Operation Bagration im Sommer 1944 in Weißrussland durchliefen rund 25.000 Männer die Division. Weil der Großteil davon aus Niederbayern stammte, wird sie teils auch als „niederbayerische Division“ bezeichnet. Taktisches Zeichen der Divison war der Panther, ein möglicherweise aus Niederbayern stammendes Wappenzeichen.[1]

Im Schrifttum fand die 296. Infanteriedivision bislang wenig Beachtung. Die Rekonstruktion ihrer Geschichte beruht daher weitestgehend auf dem bis Ende 1943 ausreichend erhalten gebliebenen Quellmaterial der deutschen Wehrmacht.[2]

Geschichte

Aufstellung

Nach dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 und den Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs wollte das Deutsche Reich rasch eine militärische Entscheidung herbeiführen. Die Wehrmacht sollte deshalb auf schnellstem Wege möglichst viele feldverwendungsfähige Divisionen aufstellen. Deshalb wurden Stäbe oder ganze Bataillone von einzelnen Regimentern des Feldheeres abgezogen und den neu aufzustellenden Divisionen unterstellt. Die Lücken in den abgebenden und neu aufgestellten Einheiten wurden durch Versetzungen und Rekrutierungen aufgefüllt.

Entsprechend dieses Verfahrens, für das gelegentlich der Begriff der „Zellteilung“ verwendet wird, wurde gemäß Aufstellungsbefehl vom 26. Januar 1940 auch die 296. ID als Division der 8. Welle im Wehrkreis XIII – bestehend aus Franken, Oberpfalz, Niederbayern und dem Egerland – aus Teileinheiten der dort stationierten Regimenter, die hauptsächlich in Passau und Deggendorf aufgestellt wurden, und einem Bataillon des württembergischen 34. Infanterie-Regiments zusammengestellt. Die Einheiten wurden in der ersten Februarhälfte 1940 – wenige Monate vor Beginn des Westfeldzugs – auf dem Truppenübungsplatz in Grafenwöhr versammelt und in drei Infanterie-Regimenter (519, 520, 521) sowie in ein Artillerie-Regiment, eine Panzerabwehrabteilung, ein Pionierbataillon und eine Nachrichtenabteilung gegliedert.

Im Gegensatz etwa zur US-Armee erfolgte die Rekrutierung der Wehrmacht regional homogen. Die Rekruten kamen aus derselben Gegend, kannten sich oder erkannten sich am „richtigen“ Dialekt, so dass regional zivile Milieus relativ geschlossen in die Truppe übernommen wurden. Auch bei den Niederbayern in der 296. ID hat dies den Zusammenhalt gefördert. Es entstanden Schicksalsgemeinschaften, die oft auch das Kriegsende überdauerten. Allerdings barg diese regional homogene Rekrutierung auch Tücken: Damals war Niederbayern noch sehr bäuerlich geprägt – ein derartiges bäuerliche Element, ein eher abwartendes Verhalten gegenüber der Obrigkeit sollte es den militärischen Vorgesetzten oft nicht leicht machen. Schon bei der Aufstellung der Division gab es wenig Begeisterung, zum Teil auch Resistenz. Vor allem viele selbstständige und gesetztere Männer beschwerten sich wegen ihrer Einberufung und machten Eingaben. Momentaufnahmen zeigen Lustlosigkeit und Widerwilligkeit. Zudem gibt es Berichte, in denen das widerstrebende Verhalten der Niederbayern hervorgehoben wird.[3]

Einsatz im Westfeldzug

Nach einer abschließenden Übung am 22. Mai 1940 wurde die 296. ID dem Oberkommando des Heeres als Reserve unterstellt und ab dem 26. Mai 1940 im Eisenbahntransport an die belgische Grenze in der Schneeeifel verlegt. Über La Roche und Fumay die Ardennen überquerend setzte die Division ihren Vormarsch über Neuv-Catêl-sur-Aisne und den Raum Dormans fort und stand am 22. Juni 1940 in Viffort, als die Nachricht vom Waffenstillstand eintraf. Damit ist die Division im Westfeldzug nicht mehr zum Kampfeinsatz gekommen und befasste sich nun mit der Betreuung von Flüchtlingen und der Sicherstellung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, zunächst im Raum Dormans und Charly sur Marne, ab Ende Juni 1940 im Raum Soissons und St. Quentin.

Mitte Juli 1940 marschierte die 296. ID, weiterhin zur Wahrnehmung von Besatzungsaufgaben, an die belgisch-französische Grenze südöstlich von Mons zurück, um schließlich Anfang September 1940 nach Dünkirchen zur Übernahme des Küsten- und Hafenschutzes verlegt zu werden. Neben dieser Aufgabe trainierte die Division für die Operation Seelöwe, die Invasion der britischen Inseln. Anfang Februar 1941 wurde die 296. ID abgelöst und versammelte in Lille zur Verlegung im Eisenbahntransport in den Raum Brüssel.

Einsatz im Ostfeldzug

Verlegung und erster Kampfeinsatz

Ungefährer Gefechtsstreifen der 296. ID ab dem 23. Juni 1941 beim Angriff auf die UdSSR.

Wiederum im Eisenbahntransport wurde die Division unter möglichster Geheimhaltung bis Mitte März 1941 nach Oberschlesien verlegt und marschierte von dort aus Ende April 1941 in den Raum Tarnow. Anfang Juni 1941 brach die Division zum Marsch an die russisch-deutsche Demarkationslinie auf, der ab Reichshof nur noch nachts erfolgte. Über den Raum Bilgoray und Tornogrod wurde schließlich bis 20. Juni 1941 der Raum westlich Tomazow-Lubelski und Josefow erreicht, der Bereitstellungsraum der Division für das Unternehmen Barbarossa, den Angriff auf die Sowjetunion. Die 296. ID war seit Mai 1941 dem IV. Armee-Korps unterstellt, also der 17. Armee und somit der Heeresgruppe Süd.

Ohne jede Kampferfahrung wurde die 296. ID ab dem 24. Juni mit einer Gefechtsstärke von 12.769 Mann in schwere Kämpfe um die Bunkerlinien an der russisch-deutschen Demarkationslinie im Gefechtsstreifen der 24. ID vorgeworfen. Diese Bunker – damals modernster Bauart – gibt es noch heute: In Polen sind sie als Bunker der Molotow-Linie bzw. die von Mosty Male bekannt, einem Ort südlich der Bunker. Verteidigt wurde dieser Frontabschnitt von der 41. sowjetischen Schützendivision, die der sowjetischen Verteidigungsstrategie entsprechend den Auftrag hatte, diese Linie zäh zu halten und auf deutsche Angriffe hin sofort zum Gegenstoß anzutreten. Die angreifende 24. ID wurde unter erheblichen Verlusten zurückgeworfen und umging anschließend im Interesse eines schnellen Vormarsches die Befestigungswerke, weshalb dort dann die 296. ID zum Einsatz kam, die in den vom 24. bis 29. Juni 1941 währenden Kämpfen 152 Gefallene und Vermisste, und 393 Verwundete zu verzeichnen hatte.[4]

Das Grab eines der ersten gefallenen Offiziere der 296. Infanteriedivision in Lubycza Krolewska.

Jede Division führte rein zahlenmäßige Verlustlisten für Gefallene, Verwundete bzw. Kranke und Vermisste. Daneben wurde bei der 296. ID für Offiziere zusätzlich eine namentliche Verlustliste geführt. Diese - anscheinend alphabetisch sortierte - Liste beginnt mit einem Oberleutnant aus Karlsruhe-Durlach, dem Chef der 4. (MG-) Kompanie des Infanterie-Regiments 521. Er wurde gerade einmal 25 Jahre alt und fiel am allerersten Kampftag der Division im Waldgebiet nördlich von Teniatyska am 24. Juni 1941. Es wäre möglich, dann aber schon sehr zufällig, daß dieser Oberleutnant der erste im Ostfeldzug Gefallene der 296. ID überhaupt ist. Vorher hatte die Division nur einen Toten in Dünkirchen zu beklagen, zu dem die Divisionsunterlagen keinen Hinweis darauf enthalten, ob ein englischer Luftangriff oder ein Unfall die Todesursache war.

Angriff auf Kiew

Die 296. Infanteriedivision auf ihrem Vormarsch in der Ukraine im Juli 1941

Nach diesen erbittert geführten Grenzkämpfen marschierte die Division über Rawa Ruska, Welikije Mosti, Kamionka-Strumilowa, Busk, Brody, Oleso und Hrycow bis Ljubar durch die Ukraine. Hier wurde die zwischenzeitlich wechselnden Armee-Korps der 6. Armee unterstellte Division nach Norden abgedreht und über Romanow, Kolonia Ludwikowa und Wysoka-Piecz in den Raum Shitomir befohlen. Im Waldgebiet nördlich der Rollbahn Shitomir–Kiew lagen östlich des Tetereff noch starke russische Kräfte, die nicht nur die Eisenbahnlinie zwischen der noch vom Feind gehaltenen Stadt Korosten und Kiew verteidigten, sondern auch die Nordflanke der 6. Armee bedrohten.

In einer auf den Vorschlag von Generalmajor Stemmermann durchgeführten Operation hielten schwache Kräfte der 75. und 296. ID den Tetereff-Abschnitt, während die Masse der 296. ID den Feind südöstlich umging und in den letzten Julitagen 1941 zusammen mit Teilen der 111. ID in Flanke und Rücken angriff. Der von der Umfassung bedrohte Gegner zog sich nach Norden zurück und die 296. ID ging nach vier Kampftagen auf Befehl des LV. Armee-Korps zur Verteidigung über. Bei diesen Kämpfen wurde auch Generalmajor Stemmermann – der kurz darauf zum Generalleutnant befördert wurde – durch eine Mine verwundet. Bis zum weiteren Vorgehen der 296. ID Ende August 1941 kosteten diese Kämpfe 283 Gefallene und Vermißte und 837 Verwundete. Dem nach Osten weichenden Feind folgend erreichte die Division Mitte September 1941 schließlich das Gebiet zwischen Irpen und Dnjepr, um von dort aus am Angriff auf Kiew teilzunehmen.

Nach der Einnahme von Kiew besetzte die 296. ID zunächst nordwestliche Stadtteile, jedoch war die Kesselschlacht östlich des Dnjepr noch nicht beendet. Zu den dorthin verlegten Kräften gehörte auch die 296. ID, die mit ersten Teilen schon wenige Tage nach der Einnahme von Kiew über den Dnjepr setzte und in Borispol und Browary an Säuberungen teilnahm. Das Übersetzen der weiteren Teile der ab 27. September 1941 dem Höheren Kommando XXXV und damit der zur Heeresgruppe Mitte gehörenden Panzergruppe 2 unter Generaloberst Heinz Guderian unterstellten 296. ID zog sich wegen gesprengter Brücken und dem Stau an der benutzten Fährstelle noch bis in den frühen Morgen des 28. September 1941 hin.

Teilnahme an der Operation Taifun

In ihrer neuen Unterstellung nahm die 296. ID nunmehr an der Operation Taifun teil, dem Angriff der Heeresgruppe Mitte auf Moskau, den die Panzergruppe 2, über Orel, Brjansk und Tula vorstoßend, von Süden her unterstützen sollte. Den Schutz der linken (nordwärtigen) Armeeflanke übernahm das Höhere Kommando XXXV und die 296. ID marschierte dieser Aufgabe entsprechend unter teilweise größten Wegeschwierigkeiten über den Raum Neshin, Bachmatsch und Gramjatsch bis Mitte Oktober 1941 nach Trubtschewsk. Die Schlammperiode mit unaufhörlichen Regenfällen war hereingebrochen und in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1941 fiel bereits der erste Schnee. In geringem Umfang beteiligte sich die 296. ID nunmehr an der Räumung des Kessels von Trubtschewsk.

Auch an der rechten Flanke der Panzergruppe 2, inzwischen umbenannt in 2. Panzer-Armee, kamen die Infanterie-Einheiten im Schlamm nur noch langsam vorwärts und hätten die Bahnlinie Orel–Kursk nicht mehr rechtzeitig erreicht, um sie vor Zerstörungen durch die zurückgehende Rote Armee zu schützen. Während nun die Masse der 296. ID unter weiterhin schlechtesten Wegeverhältnissen, die erheblichen Materialverschleiß und Versorgungsschwierigkeiten mit sich brachten, weiter nach Brjansk zog, wurden zwei verstärkte und reichlich aufmunitionierte Bataillone des Infanterie-Regiments 521 unter Führung des Regimentskommandeurs Oberst Carl André am Bahnhof Baratschewka verladen, über Brjansk und Karatschew nach Orel verbracht und saßen dort auf einen erbeuteten russischen Panzerzug auf. Auf der Fahrt nach Kursk wurden Reparaturarbeiten durchgeführt und immer wieder Sicherungsposten hinterlassen. Nachdem kurz vor Kursk andere Einheiten der 2. Panzer-Armee angetroffen wurden und die vordersten Teile des rechten Flügels der 2. Panzerarmee Mitte November 1941 überall die Bahnlinie erreicht hatten, fuhr der Panzerzug wieder zurück, sammelte die hinterlassenen Sicherungsposten ein und die beiden Bataillone stießen im Raum Orel zur Division zurück, die inzwischen über Brjansk und Karatschew ebenfalls dort eingetroffen war.

Zwischenzeitlich war der Winter mit Tiefsttemperaturen von mehr als 20°C Kälte hereingebrochen, jedoch hatte die 296. ID in Brjansk im Gegensatz zu vielen anderen Einheiten an der Ostfront wenigstens zum Teil Winterbekleidung empfangen. Ende November 1941 wurde die Division zur Teilnahme an der Schlacht um das von der 2. Panzer-Armee bereits teilweise eingeschlossene Tula in Marsch gesetzt und erreichte ostwärts der Straße von Orel nach Mzensk, Tschern und Plawsk nach Tula unter winterlichen Wegebedingungen am 1. Dezember 1941 Jasnaja Poljana, den Familiensitz der Grafen von Tolstoj. In den folgenden Tagen ging die 296. ID trotz strengem Frost – im Kriegstagebuch sind für den 4. Dezember 1941 -34°C, für den Folgetag sogar -37°C vermerkt – westlich von Tula weiter nach Norden vor. Am 5. Dezember 1941 verlegte die Division ihren Gefechtsstand nach Sajzewo und konnte gegen Abend noch den Übergang über die zugefrorene Upa erzwingen und dort einen Brückenkopf halten.

Es mag von Interesse sein, die beiden kleinen Dörfer, die für diesen Brückenkopf genommen wurden, namentlich zu erwähnen, es sind die am südlichen Waldrand zwischen Storozhevoye und Barsuki belegenen Orte Schtschepilowo und Pessotschnaja in der damaligen deutschen Schreibweise; denn näher ist die 296. ID an die Hauptstadt Moskau nie mehr herangekommen. Hier, acht Monate nach ihrer Ankunft in Oberschlesien, nach annähernd 2.000 Kilometer Marsch und kaum 200 Kilometer vor Moskau, war bei arktischer Witterung am Nikolaustag 1941 der Vormarsch der 296. ID für immer zu Ende.

Rückzug auf Belew

Den für den 6. Dezember 1941 geplanten Angriff auf Tula brach Generaloberst Guderian nämlich in der Nacht zuvor aus mehreren guten Gründen ab und die 2. Panzer-Armee zog sich in den folgenden Wochen, unter härtesten winterlichen Bedingungen hinhaltend kämpfend, nach Westen zurück. Hierbei wurde Generalleutnant Stemmermann bei einem Artillerievolltreffer auf den Divisionsgefechtsstand südlich Tula ein weiteres Mal verwundet. Die 296. ID am äußersten linken Flügel der 2. Panzer-Armee ging mit sehr langgestreckter Nordfront entlang der Straße südlich der Upa über Krapiwna und Odojewo verlaufenden Straße bis zum Heiligen Abend 1941 nach Belew zurück. Neben schon seit November 1941 gehabten Ausfällen durch Erfrierungen erlitt die 296. ID bei den oft erbittert geführten Rückzugskämpfen an Verlusten 368 Gefallene und Vermißte und 818 Verwundete. Das immerhin einigen Komfort und Anschluß an die Eisenbahnlinie über Suchinitschi nach Brjansk und Smolensk bietende Belew musste die Division in der Sylvesternacht 1941 nach erbitterten Ortskämpfen räumen und sich auf eine Verteidigungslinie entlang des Flusses Wyra südlich von Belew zurückziehen. Verwundungshalber musste Generalleutnant Stemmermann hier das Divisionskommando abgeben.

Trotz der Dehnung der Front der 296. ID während des Rückzuges auf Belew gelang es der zur 4. Armee gehörenden, sehr geschwächten 31. ID nicht, auf ihrem Rückzug den andeutungsweise aufgenommenen Anschluss an die 296. ID zu halten, weshalb nicht mehr zu verhindern war, daß sich zwischen diesen beiden Divisionen eine zunehmend größer werdende Frontlücke öffnete, in die die Rote Armee immer tiefer hineinstieß. Die Lücke mit Zentrum in Suchinitschi reichte im Februar 1942 schließlich von der Front der 296. ID im Raum Belew bis zum etwa achzig Kilometer weiter nördlich gelegenen Juchnow. Der linke Flügel der 296. ID war damit weiterhin offen, wodurch der Division monatelang die Einkesselung durch die aus der Lücke heraus vorgehenden Feindkräfte drohte, der sie nur durch immer weiteres Zurückbiegen des bedrohten Flügels begegnen konnte.

Stellungs- und Abwehrkämpfe

Aus der ungünstigen Wyra-Stellung wich die 296. ID erst Anfang März 1942 in eine wenige Kilometer rückwärts gelegene und inzwischen vorbereitete Stellung zurück, an die linksseitig die 56. ID, rechts die kurz darauf durch die 112. ID abgelöste 167. ID anschloß. Diese mit der Zeit immer besser ausgebaute Stellung, ein nordwärts in die weiterhin klaffende Frontlücke hineinragender Erker, hielt die 296. ID gegen einen in der ersten Julihälfte 1942 geführten Großangriff der Roten Armee unter fortdauernden Abwehrkämpfen mit geringfügigen Veränderungen der Hauptkampflinie bis zu ihrer Ablösung durch die 25. ID (mot) Anfang März 1943. Die inzwischen angeschlagene 296. ID wurde in Verteidigungsstellungen nördlich Shisdra zwischen der 5. und 9. Panzer-Division, später der 110. und 112. ID verlegt, erkämpfte sich dort noch im März 1943 eine bessere Hauptkampflinie und baute ihre Stellungen besser aus.

Der Umstand, dass die 296. ID von Anfang Juli bis Ende September 1941 der 6. Armee und für einige Tage gar dem LI. Armee-Korps unterstellt war, hat verschiedentlich zu Irrtümern dahingehend verleitet, dass auch die 296. ID später in Stalingrad gekämpft habe. Dabei wird übersehen, dass die Panzergruppe 2 (später 2. Panzer-Armee) zur aus kriegswirtschaftlichen Gründen zunächst für wichtiger gehaltenen Wegnahme der Ukraine nach Süden abgedreht wurde, wo sich die 296. ID – wie die bisher dargestellte Divisionsgeschichte zeigt – der 2. Panzer-Armee anschloss, mit ihr im Zuge des danach wieder aufgenommenen Angriffs auf Moskau nach Nordosten gezogen und auch anschließend bei ihr verblieben ist.

In den ersten Wochen der unmittelbar an die abgebrochene Schlacht im Kursker Bogen Mitte Juli 1943 anschließenden sowjetische Sommeroffensive konnte sich die 296. ID zwar in ihren Stellungen behaupten, musste jedoch im August 1943 dem allgemeinen Rückzug in diesem Frontabschnitt folgen. Die Division stand schließlich in der zweiten Septemberhälfte 1943 im Raum Mglin und nach schweren weiteren Rückzugsgefechten auch mit Partisanengruppen, die sich der Division in den Rückzugsweg legten, gegen Ende September nördlich Gomel am Ssosh, an dessen Westufer sich die Division in den ersten Oktobertagen zurückziehen musste. Den Ssosh-Abschnitt hielt die 296. ID in schweren Abwehrkämpfen bis Ende November 1943, musste dann jedoch erneut der allgemeinen Rückzugsbewegung, ständig von der Umfassung am rechten Flügel bedroht, auf den Dnjepr folgen und bezog einen Verteidungsabschnitt im Raum Rogatschew und südlich. Gegen den ganzen Dezember 1943 andauernde Angriffe konnte die 296. ID ihren Frontabschnitt in wechselvollen Abwehrkämpfen halten.

Nach vier Jahren im Krieg und vielen verlustreichen Kämpfen hatte sie Anfang 1944 noch genau 9.335 Soldaten. Selbst dann noch, als der Krieg schon viele Lücken gerissen hatte, und das Prinzip der landsmannschaftlichen Homogenität immer schwerer aufrecht zu erhalten war, waren 44 Prozent der Divisionsangehörigen Bayern, 2.421 davon Altbayern, die meisten Niederbayern und Oberpfälzer.

Vernichtung und Auflösung

Im Juni 1944 wurde die 296. ID unter Generalleutnant Arthur Kullmer im Kessel von Bobruisk während der sowjetischen Sommeroffensive – der sogenannten Operation Bagration – zusammen mit der 9. Armee vernichtet. Die meisten Divisions-Angehörigen fielen, gerieten in Gefangenschaft oder ihre Spuren verloren sich im Chaos der Schlachten des Jahres 1944. Am 3. August 1944 wurde die 296. ID formell aufgelöst.

Heute erinnert ein Soldatenfriedhof bei Chodossowitschi (Kreis Rogatschew, Oblast Gomel) in Belarus an die Gefallenen.

Frage nach Kriegsverbrechen

Berührung mit Sonderkommandos

Die 296. ID hat sich während ihres Marsches durch die westliche Ukraine auffällig oft in der weiteren Umgebung jener Tatorte befunden, die aus den so betitelten „Ereignismeldungen UdSSR“[5] bekannt sind.[6] Das wird aber nicht dadurch erklärt, dass die 296. ID zwischen Rawa Ruska und Shitomir in der Reserve marschierte, oder durch die Anzahl der damals in der Ukraine lebenden Juden, sondern schlicht dadurch, dass in der Nähe und auf dem Vormarschweg der Division gleich vier Sonder- und Einsatzkommandos der anfangs in Lemberg stationierten Einsatzgruppe C ungefähr zur gleichen Zeit ebenfalls nach Osten vorgingen. Darunter war das Sonderkommando 4a unter Paul Blobel, der sich für eine ganze Reihe damals in der Ukraine begangener Kriegsverbrechen, auch für den Genozid in Babi Jar, in den Nürnberger Prozessen verantworten musste.

Der Vergleich der „Ereignismeldungen UdSSR“ mit den Unterlagen der 296. ID vermindert die Zahl der möglichen Begegnungen der Division mit einem der Sonder- oder Einsatzkommandos an einem der Tatorte allerdings auf Kiew. Lemberg scheidet aus, weil dort allenfalls das der 296. ID zu der Zeit nicht unterstellte Artillerie-Regiment 296 durchgezogen ist. Ebenso kommt Shitomir nicht in Frage, weil die 296. ID bis zum Abend des 20. Juli 1941 nach anstrengenden Märschen größtenteils noch südwestlich der Stadt biwakierte und am 21. Juli die Stadt ohne Halt zu durchschreiten hatte. In der Nacht vom 20. zum 21. Juli war Shitomir durch Befehl des LI. Armee-Korps gesperrt. Augenmerk wird man allenfalls noch auf die Ereignisse in Szepetowka legen müssen, wo vom 5. Juli bis Ende August 1941 4.000 Juden ermordet worden sind.[7] Am 11. Juli 1941 wurde die 296. ID zur Säuberung der Wälder nach Norden abgedreht und ihre Spähtrupps stießen nur 15 km südwärts Szepetowka auf Feindkräfte unbekannter Stärke, so dass der Vorstoß sehr kleiner Teileinheiten der 296. ID bis nach Szepetowka möglich erscheint.

Unmittelbar nach der Einnahme von Kiew traf das Sonderkommando 4a in der Stadt ein, die von der abziehenden Roten Armee unter Verwendung von 35-Tage-Zündern vermint worden war. Erste hochgegangene Minen forderten Opfer unter Wehrmachtsangehörigen und führten zu Großbränden in der Stadt, die möglicherweise auch durch von der Roten Armee zurückgelassene Partisanen zusätzlich gelegt wurden. Sehr erleichtert durch die schon gegen Ende des Ersten Weltkrieges aufgekommene Gleichsetzung[8] der Bolschewisten – und damit der politischen Kommissare in der Roten Armee – mit Juden wurden diese Ereignisse propagandistisch ausgenutzt und der Kiewer jüdischen Zivilbevölkerung die Schuld zugeschoben. Dieser über viele Jahre eingehämmerten Pseudologik konnten sich die dem Nationalsozialismus anfangs wenig zugeneigten Angehörigen der 296. ID unter diesen Umständen nicht mehr verschließen, was die zornig rassistischen Ausbrüche in Feldpostbriefen und Tagebüchern jedenfalls zum Teil erklärt.[9]

Am 28. September 1941 erging der Aufruf an die jüdische Bevölkerung, sich am Folgetag an bestimmten Sammelorten einzufinden – also zu einem Zeitpunkt, da letzte Teile der 296. ID die Stadt gerade verlassen hatten. Eine Mittäterschaft der Division am Massaker in Babi Jar ist somit ausgeschlossen. Die bei allen zu der Zeit in Kiew befindlichen Wehrmachtseinheiten sehr aufgebrachte Stimmung lässt es hingegen nicht zu, schon vorher geschehene Übergriffe einzelner Soldaten auf die Zivilbevölkerung ebenfalls auszuschließen. Daran wären die Angehörigen der 296. ID allerdings durch einen Divisionsbefehl zusätzlich gehindert worden, der besondere Aufmerksamkeit verdient.

Anwendung des Kriegsgerichtsbarkeitserlasses

Die Führung der 296. ID modifizierte den Kriegsgerichtsbarkeitserlass mit Divisionsbefehl vom 21. Juni 1941 eigenständig dahingehend, dass Tatverdächtige einem Offizier mit den Befugnissen eines nichtselbständigen Bataillonskommandeurs vorzuführen waren, der über die Erschießung oder Freilassung der Verdächtigen entschied. Damit war, anders als in anderen Infanterie-Divisionen, die Anzahl der zur Anordnung von Erschießungen befugten Personen in der 296. ID kaum größer als vor dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass.[10]

Ebenso milderte die Führung der 296. ID die Empfehlung des Oberkommandos des Heeres in Bezug auf Repressalien ab. Während nach dieser Empfehlung 30 Geiseln zu erschießen waren, sollten nach dem genannten Divisionsbefehl der 296. ID nur noch der oder die Ortssowjets erschossen werden. In diesem Punkt widersetzte sich die 296. ID in einem Falle sogar dem eindeutigen Befehl des Armee-Korps und nahm zur Sicherung der Truppe keine Geiseln, sondern verhängte lediglich eine Ausgangssperre[11] Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Geiselerschießungen unter bestimmten Voraussetzungen nicht völkerrechtswidrig waren und auch noch in den Nürnberger Prozessen bis zu einem erstaunlichen Ausmaß straflos blieben, welches durch die bei der 296. ID verfügte Einschränkung nicht einmal im Ansatz erreicht worden wäre.

Hingegen nicht modifizieren konnte die Führung der 296. ID die Aufhebung des Strafverfolgungszwanges für Handlungen von Wehrmachtsangehörigen gegen feindliche Zivilpersonen. Wie jedoch ein Aktenstück zeigt, suchte die Truppenführung der 296. ID zu verhindern, dass der Zivilbevölkerung Gegenstände und Lebensmittel zur Versorgung der Truppe einfach weggenommen wurden. Was benötigt wurde, sollte mit gültigen Zahlungsmitteln bezahlt werden.[12]

Anwendung des Kommissarbefehls

Der Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941, der einen unmissverständlichen Tötungsbefehl für politische Kommissare enthielt, wurde nur bis zu den Oberkommandos der Armeen durchgereicht und dann nur noch mündlich vermittelt. Dies könnte der Grund sein, weshalb die Führung der 296. ID zwar zum Kriegsgerichtsbarkeitserlass eigene Ausführungsbestimmungen erlassen hat, während zum Kommissarbefehl keinerlei schriftliche Äußerungen der Division bekannt geworden sind. Überhaupt sind aus Wehrmachtsunterlagen bisher keine Schriftstücke bekannt, die in irgendeiner Weise darauf hindeuten, dass bei der 296. ID politische Kommissare als Angehörige der Roten Armee identifiziert wurden, geschweige denn, wie anschließend verfahren wurde.[13] Die tatsächlich so in den Unterlagen der 296. ID zu findende Feststellung: „Kommissare sind keine Juden. Die Juden haben sich nach hinten verzogen.“ besagt bei näherem Hinsehen gar nichts darüber, inwieweit sich die 296. ID vom propagandistischen Stereotyp „Kommissare = Bolschewisten = Juden“ distanzierte.[14] Diese Sätze stehen in einem von mehreren Vernehmungsprotokollen des Dolmetschers Fuchs, der die russischen Kriegsgefangenen offensichtlich nach einem eng vorgegebenen Fragenkatalog zu vernehmen hatte. Es ist also lediglich die Aussage des vernommenen Kriegsgefangenen wiedergegeben, keineswegs die Auffassung der Division.

Schriftliche Äußerungen von Zeitzeugen nichtdienstlicher Natur sind aus dem Schrifttum nur zwei bekannt. Die des Oberleutnants Reinert beim Artillerie-Regiment 296 vom 22. Juni 1941 gibt keinen Hinweis darauf, wie mit den während der ersten Kampfhandlungen offenbar identifizierten Kommissaren weiter verfahren wurde[15] und hätte auch anderenfalls keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die 296. ID, weil dieses Artillerie-Regiment zu diesem Zeitpunkt einer anderen Einheit unterstellt war.[16] Die zweite Äußerung ist weit nach dem Kriege entstanden und beschreibt einen kriegsgefangenen politischen Kommissar, der wohl schon tödlich verwundet war.[17] Außerdem bezieht sich dieser Vorfall auf einen Zeitraum im Juli 1942, als der Kommissarbefehl bereits ausgesetzt war.

Kommandeure

Es ist nicht gesichert, ob Stemmermann tatsächlich bereits ab dem Aufstellungsdatum, das heißt dem 6. Februar 1940 Divisionskommandeur war. Jedoch hat er alle Divisionsbefehle zwischen dem 11. Juli und 12. September 1940 unterzeichnet, war also spätestens zu diesem Zeitpunkt im Amt.[18]

Einzelnachweise

  1. Hacker 2012: 28
  2. NARA T315 R1953-1967
  3. Rammer 2010
  4. NARA T315 R1954, Verlustliste
  5. NARA T175 R233
  6. So ergeben sich 24 Annäherungen auf bis zu 100 km. (Hartmann 2009: 661 ff.)
  7. Hartmann 2009: 824
  8. Wette 2013: 51 f.
  9. Hartmann 2009: 299 f.
  10. Römer 2008
  11. Korpsbefehl LI. AK v. 21.07.41, Divisionsbefehl v. 22.07.41, NARA T315 R1956
  12. Divisionsbefehl v. 04.08.41, NARA T315 R1956
  13. Hartmann 2009: 495 f.
  14. Hartmann 2009: 496
  15. Hartmann 2009: 296
  16. Divisionsbefehl Nr. 1 der 296. ID v. 21.06.1941 (Kurowski 1970: 320 ff.)
  17. Hacker 2012: 105
  18. NARA T315 R 1954, Operationsbefehle 04.07.1940-17.09.1940

Literatur

  • Franz Kurowski: Fränkische Infanterie. Bochum 1970
  • Felix Römer: „Im alten Deutschland wäre solcher Befehl nicht möglich gewesen.“ In: Vierteljahresheft für Zeitgeschichte 1/2008, PDF
  • Christian Hartmann: Wehrmacht im Ostkrieg. Front und militärisches Hinterland 1941/42. München 2009, ISBN 978-3-486-58064-8
  • Stefan Rammer: Das Schicksal der Niederbayern-Division. In: Passauer Neue Presse vom 25. September 2010 (S. 3)
  • Ferdinand Hacker: Verlorene Jugend. Die Kriegsjahre 1939-1945. Tittling 2012, ISBN 978-3-927454-20-0
  • Wolfram Wette: Die Wehrmacht. Frankfurt 2013, ISBN 978-3-596-15645-0

Weblinks