Passauer Orgelnacht

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Die Teilnehmer der 8. Passauer Orgelnacht. (Foto: Scholz)

Die Passauer Orgelnacht ist eine Musikveranstaltung im Dom St. Stephan zu Passau, die seit 1996 alle zwei Jahre im Rahmen der jeweiligen Festspiele Europäischen Wochen stattfindet. Während der Orgelnacht spielen mehrere Organisten aus verschiedenen Ländern von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang an der weltgrößten katholischen Kirchenorgel.

Geschichte

Die Passauer Orgelnacht wurde 1996 durch den damaligen Intendanten der Festspiele Europäische Wochen Passau, Pankraz Freiherr von Freyberg, ins Leben gerufen. Die erste Orgelnacht fand noch im selben Jahr im Rahmen der 44. Europäischen Wochen statt. Seither fanden alle zwei Jahre Orgelnächte im Dom St. Stephan in Passau statt, also jeweils zu den Europäischen Wochen 1998, 2000, 2002, 2004 und 2006. Meist waren die Orgelnächte dabei auch einem besonderen Thema gewidmet. So fand die 7. Passauer Orgelnacht am 27. Juni 2008 im Rahmen der 56. Europäischen Wochen etwa zum 100. Geburtstag des Komponisten Olivier Messiaen statt. Aus diesem Anlass spielten sechs international renommierte Organisten aus ganz Europa auf der Domorgel: Neben Domorganist Ludwig Ruckdeschel waren dies Paolo Oreni (Italien), Thierry Escaich (Frankreich), Kalevi Kiveniemi (Finnland), Gunnar Idenstam (Schweden) und Gillian Weir (Großbritannien). Vor der Orgelnacht und während der Spielpausen werden kulinarische Köstlichkeiten angeboten. Auf dem achtstündigen Programm von Sonnenuntergang um 21:13 bis Sonnenaufgang um 05:05 standen Werke von Johann Sebastian Bach, Franz Liszt, Healey Willan, Max Reger und eben Olivier Messiaen, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Nach der Orgelnacht bot das Café Simon am Rindermarkt den rund 800 Besuchern ein Frühstück an.

Die 8. Passauer Orgelnacht fand am 18. Juni 2010 im Rahmen der 58. Europäischen Wochen statt. Höhepunkt war wohl der stimmgewaltige Auftritt der 84 Jahre alten Montserrat Torrent, die den etwa 500 Besuchern vor allem mit künstlerischen Überraschungsmomenten in Erinnerung blieb: Mit Heredias agilen „Salve Regina“-Variationen, mit dem herrlich registrierten Tiento von Bruna und Gurídis „Tríptico del Buen Pastor“ als hochemotionalem Schlusspunkt. Macht und Möglichkeiten der Domorgel führt die Britin Jane Parker-Smith zum ersten Höhepunkt der Nacht: César Francks Fantaisie verleiht sie in den Chororgel-Passagen duftige Zartheit, im bewegten Mittelteil entrückte Dramatik – und die reiche, erzählerische Substanz ihrer Vortragsweise bleibt auch im Schnellen, Lauten und Verzwickten erhalten. Domorganist Ludwig Ruckdeschel konnte zwar an die technische Kompetenz der Vorgängerinnen anschließen – doch das bis unter die Haut Packende blieb in dieser Nacht Frauensache. Dies unterstrichen der energiegeladene Auftritt der Norwegerin Inger-Lise Ulsrud ebenso wie das fast überfordernd moderne Spiel der Slowakin Zuzana Ferjencikova. Überstrahlt wurden die Morgenstunden von den Jüngsten im Bunde, Kathérine und Vérouschka Nikitine aus Frankreich: Letztere beeindruckte mit einer innigen Eigenbearbeitung von Schumanns Kreisleriana, gemeinsam setzten die Schwestern mit Tschaikowsky und Rachmaninow Maßstäbe der Klangschönheit und Spielintelligenz.

Den Auftakt der 10. Passauer Orgelnacht am 11. Juli 2014 gestaltete Dirigent und Konzertorganist Hansjörg Albrecht mit der Orchestersuite „Die Planeten“ von Gustav Holst und huldigte damit gleich zu Beginn auch dem gewaltigen Klangspektrum der Domorgel. Domorganist Ludwig Ruckdeschel und der Ungar Miklós Teleki versuchen dagegen die Klangvielfalt durch ein Vielerlei an Stücken auszukosten. Während Ruckdeschel dabei auch mit eigenwilligen Improvisationen beeindruckte, setzte Teleki auf teils gefällige, teils schwelgerische Werke großer Namen. Michael Schöch aus Tirol, mit 29 Jahren der jüngste der sechs Musiker, wählte getragene Kompositionen von Olivier Messiaen und Louis Vierne als entsprechenden Rahmen für ein Auftragswerk der Europäischen Wochen von Alfred Huber. In „Enigma II“ unterstreicht eine Violine die angespannte Stimmung und setzen Trommelschläge abrupte Akzente. Der Komponist und Mediziner aus Oberösterreich wohnte der beeindruckenden Uraufführung und seinem Sonderapplaus bei. Jeremy Joseph setzte in der Stunde zwischen drei und vier Uhr morgens reizvolle Kontraste zwischen Bach und zeitgenössischer Musik von Jürgen Essl. Mit je einem Werk des ehemaligen Passauer Hofkapellmeisters Georg Muffat beendete der gebürtige Südafrikaner den vorletzten und begann Johannes Mayr aus Schwaben den letzten Part der Orgelnacht. Unter seiner Improvisation zum Pop-Evergreen „Morning Has Broken“ mischte sich das erste Tageslicht in den Altarraum, der über die ganze Nacht mit farbigem Licht illuminiert war. Noch etwa 100 von anfangs über 300 Zuhörern erlebten den ergreifenden Ausklang einer Nacht zwischen Vertiefung in Musik und Aufrichtung im Anblick gewaltiger Kirchenarchitektur.

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