Böhmen

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Böhmen gehört nicht mehr zum Erfassungsgebiet des RegioWikis.
Aufgrund der großen historischen und kulturellen Verbindungen soll hier aber dennoch ein grundlegender Überblick gegeben werden.


Böhmen ist eines der historischen Länder in der Tschechischen Republik und umfasst die westlichen zwei Drittel des Staates. Es grenzt im Nordosten an Polen, im Osten an die historische Region Mähren, im Süden an Österreich, im Südwesten und Westen an Niederbayern bzw. die Oberpfalz und im Nordwesten an Sachsen. Der Name leitet sich von dem keltischen Stamm der Boier (Boiohaemum = Heim der Boier, spätlat.: Bohemia) ab.

Gliederung

Böhmen umfasst die westlichen zwei Drittel der Tschechischen Republik. Dazu gehören neben der tschechischen Hauptstadt Prag:

  • die Mittelböhmische Region (Středočeský kraj)
  • die Region Reichenberg (Liberecký kraj)
  • die Region Königgrätz (Královéhradecký kraj)
  • der größere Teil des Pardubický kraj
  • die Westhälfte des Kraj Vysočina
  • fast die ganze Südböhmische Region (Jihočeský kraj)
  • die Region Pilsen (Plzeňský kraj)
  • der Karlovarský kraj
  • der Ústecký kraj um Ústí (Aussig)

Die Gesamtfläche Böhmens beträgt etwa 52.060 Quadratkilometer.

Geschichte

Frühzeit

Der römische Geschichtsschreiber Tacitus (55–120) bezeichnete das Land als Boiohaemum (Heimat der Boier). Da der slawische Stamm der Tschechen zu dieser Zeit noch nicht in Böhmen siedelte, kannten sie den Namen Böhmen nicht und gaben dem Land den Namen ihres legendären Urvaters Čech, der im 7. Jahrhundert die Slawen ins Land geführt haben soll.

Die keltischen Bojer wurden im 1. Jahrhundert v. Chr. von den Markomannen nach Westen abgedrängt. Der markomannische Fürst Marbod errichtete das erste germanische Großreich in Böhmen. Ihnen folgten die Langobarden, deren Wanderung über Böhmen nach Italien 568 beendet war.

Im 6. bis 7. Jahrhundert wanderten Westslawen in das Gebiet von Böhmen ein. Der oströmische Geschichtsschreiber Prokopius von Caesarea berichtete, dass slawische Völkerschaften damals auch in das östliche Germanien eindrangen. Auch Paulus Diaconus berichtete von Kämpfen um 595, zwischen Slawen und Baiern. Das Leben in den Grenzgebieten, wo Awaren, Baiern und Slawen zusammenlebten, vollzog sich, nach Ende der Kämpfe, in einem friedlichen Nebeneinander.

Mitte des 7. Jahrhunderts führte der fränkische Kaufmann Samo die slawischen Stämme in Böhmen in lockerer Form zusammen. Samo schlug 620 ein fränkisches Heer in Nordböhmen. Nach dem Niedergang des Samo-Reiches war das slawische Vordringen nach Westen zu Ende.

Christianisierung

Bei der Christianisierung Böhmens spielten die Bischöfe und Klöster von Baiern eine wichtige Rolle. Den Grundstein legten 845 vierzehn böhmische Fürsten, als sie nach Regensburg zogen und sich dort taufen ließen (Fuldaer Annalen). Der Regensburger Bischof Wolfgang stimmte 973 der Gründung des Bistums Prag zu.

Viele böhmische Klöster hatten baierische Mutterklöster. Das um 1000 gegründete Kloster Ostrov bei Prag wurde mit Mönchen aus der Benediktinerabtei Niederaltaich besetzt.

Hochmittelalter

Unter Ottokar I. (11981230) erhielt Böhmen das erbliche Königtum. Ottokar II. (1253-1278) erreichte, dass Böhmen den Höhepunkt der Machtausdehnung, von der Ostsee bis zur Adria, hatte. Sein „Goldenes Zeitalter“ erlebte Böhmen aber besonders unter Karl IV. (13161378). 1348 gründete dieser die erste Universität nördlich der Alpen in Prag. Durch seine Heirat mit Anna von der Pfalz im Jahr 1349 kamen Gebiete aus dem baierischen Nordgau (Obere Pfalz) zu Böhmen. Es ist bekannt geworden unter dem Namen Neuböhmen oder Bavaria trans silvam Boemicalem.

Mit dem Jahr 1415 begann eine harte Zeit für Böhmen. Als der böhmische Kirchenreformer Jan Hus (13701415) in Konstanz den Feuertod sterben musste, kam es in Böhmen zum Aufstand gegen die Kirche und dem Herrscher. Am 30. Juli 1419 kam es zum 1. Prager Fenstersturz. Die nachfolgenden Hussitenkriege führten bis 1436 zu Plünderungen und Zerstörungen in Böhmen und in den angrenzenden Gebieten (Niederbayern und Oberpfalz).

Neuzeit

Da die Habsburger Könige die zugesicherten Sonderrechte für Böhmen nicht einhielten, kam es erneut zu Unruhen und am 23. Mai 1618 zum 2. Prager Fenstersturz. Die böhmischen Stände erhoben den Wittelsbacher Friedrich V. von der Pfalz zum König von Böhmen. Er ging in die Geschichte ein als der Winterkönig. Bereits am 8. November 1620 wurde Friedrich V., nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag, aus Böhmen vertrieben. Der Dreißigjährige Krieg (16181648) hinterließ tiefe Wunden, in Böhmen wütete die Rekatholisierung und die Protestanten mussten das Land verlassen.

In den Schlesischen Kriegen, die mit Unterbrechungen von 1740 bis 1763 dauerten, verlor Böhmen den größten Teil von Schlesien. Unter der Herrschaft der Habsburger büßte Böhmen dann seine Eigenständigkeit ein und wurde überwiegend von Wien aus regiert. Erst nach dem Ersten Weltkrieg proklamierten die Tschechen ihre Unabhängigkeit vom Habsburger Reich, unter Einbeziehung der Slowakei, zur Tschechoslowakischen Republik (28. Oktober 1918).

Von 1939 bis 1945 gehörte Böhmen dann als „Protektorat Böhmen und Mähren“ wieder zum Deutschen Reich. 1945/46 mussten die Deutschböhmen (Sudetendeutsche) das Land verlassen. Seit 1993 ist Böhmen ein Teil der Tschechischen Republik, ein Nachfolgestaat der Tschechoslowakei.

Eine Besonderheit und Gemeinschaftsprodukt von Bayern und Böhmen sind die Landesfarben Weiß und Rot für Böhmen, mit bayerischen blauen Zwickel.

Bezug zu Niederbayern

Böhmen und Niederbayern sind historisch wie kulturell stark miteinander verflochten. Die gemeinsame Geschichte der ganzen Region spiegelt unter anderem der Begriff „Ostbaiern“ wider, der neben Südböhmen auch Niederbayern, die Oberpfalz und Teile Oberösterreichs (v.a. das Innviertel) mit einschließt. Darauf beruft sich auch einer der größten historischen Vereine der Region, der Verein für Ostbairische Heimatforschung mit Sitz in Passau sowie das damit verbundene Institut für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen der Universität Passau.

Im Jahr 2007 fand in Zwiesel die Bayerische Landesausstellung Bayern und Böhmen statt. Im Jahr 2012 wurde in Bogen der Europapark Bayern-Böhmen eröffnet.

Weblinks