Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau

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Verlauf in Niederbayern
Stationen, Abzweige und wichtige Kreuzungen

Die Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau ist eine eingleisige Nebenbahn in Niederbayern. Sie verläuft von Zwiesel über Frauenau und Spiegelau nach Grafenau. Die 31,5 km lange Strecke wurde durch die Bayer. Staatsbahn erbaut und am 1. September 1890 eröffnet.

Der Bahnhof Zwiesel vor dem Umbau

Geschichte

Vorbereitung

Der Haltepunkt Lichtenthal

Nach der Fertigstellung der Bahnstrecke Landshut-Bayerisch Eisenstein im Jahr 1877 wurde von verschiedenen Seiten eine den ganzen Bayerischen Wald durchziehende Querverbindung gefordert. Schon 1877 und 1881 wurden entsprechende Petitionen an die Abgeordnetenkammer gesandt.

Anfangs war ein durchgehendes Projekt einer Sekundärbahn von Zwiesel nach Passau im Gespräch. Bei den Vorverhandlungen ergab sich jedoch, dass lediglich für die Teilstrecke von Zwiesel bis Grafenau die Grundabtretung gesichert schien.

Eine Kommission der Generaldirektion der königlichen Staatseisenbahnen erschien am 4. Juni 1883 in Zwiesel und am 5. Juni 1883 in Grafenau. Dabei erklärte der Zwieseler Bürgermeister Gruber, ein Bahnbau fördere die Interessen der Gegend nicht, deshalb werde Zwiesel auch keine Kosten übernehmen. Dagegen waren die Glasindustriellen, insbesondere mehrere Mitglieder der Familie Poschinger, sowie die Forstverwaltung große Förderer des Bahnbaus.

Am 18. Juni 1883 stellte der königliche Baudirektor Schnorr in seinem Bericht an das Staatsministerium des königlichen Hauses und des Äußeren fest, dass die Bahnlinie von Zwiesel nach Grafenau tatsächlich bestehenden Transportbedürfnissen gerecht werden würde, in ihrer Linienführung als festgelegt bezeichnet werden könne und die unentgeltliche Grundabtretung erreichbar erscheine. Dagegen sei für den übrigen Teil der Strecke über Freyung bis Passau vorerst die im Lokalbahngesetz vom 28. April 1882 geforderte Mindestleistung der Interessenten, die kostenlose Grundabtretung, nicht zu erreichen. Daraufhin beauftragte Staatsminister Freiherr von Crailsheim am 2. Juli 1883 die Generaldirektion vorerst nur mit dem Bau der Teilstrecke von Zwiesel nach Grafenau. Die Stadt Grafenau war zur Grundabtretung und zur Leistung eines Zuschusses von 2000 Mark nur bereit, wenn der Bahnhof direkt bei der Stadt errichtet wurde.

Beinahe brachte der Distriktsrat Regen das Projekt noch zu Fall. Er lehnte plötzlich jede Beteiligung an den Grunderwerbskosten ab, weil die Verwirklichung des Projekts dem Markt Zwiesel und den angrenzenden Gemeinden mehr Schaden als Nutzen bringe. Erst als Grafenau sich bereit erklärte, die Haftung für alle noch ungedeckten Grunderwerbungskosten zu übernehmen, kam im letzten Augenblick vor der Verabschiedung eines Gesetzes vom 21. April 1884 zum Bau von zwölf Lokalbahnstrecken Zwiesel-Grafenau als dreizehnte Strecke hinzu.

Nun kam es zu einem erbitterten Streit über die Lage des künftigen Bahnhofs Grafenau. Die königliche Forstverwaltung forderte entgegen der Projektierung eine Hochführung der Bahn aus dem Grafenauer Talkessel mit einem Bahnhof auf dem Schwaimberg. Dieser Forderung schloss sich die Gemeinde Schönberg an, die darin eine Verbesserung der Chance sah, die Strecke später über Fürsteneck nach Freyung fortzusetzen. In einer Petition vom 31. Oktober 1885 bezichtigte der Magistrat der Gemeinde Schönberg den Distriktsrat Grafenau einer Fälschung der Beschlussprotokolle. Doch es blieb trotz einer längeren Unterbrechung der Detailprojektion letztlich bei der ursprünglichen Planung, der Weiterbau nach Freyung wurde nicht mehr in Erwägung gezogen. Der Bahnhof kam ins Tal, womit ein Weiterbau nach Süden unmöglich war.

Am 1. März 1888 legte die Generaldirektion der königlichen bayerischen Staatseisenbahnen das Detailprojekt der Lokalbahn Zwiesel-Grafenau mit der Bitte um Genehmigung vor. Am 20. März 1888 ermächtigte Staatsminister Freiherr von Crailsheim die Generaldirektion der königlichen bayerischen Staatseisenbahnen, nach Sicherstellung des Grunderwerbs den Bahnbau zu beginnen.

Bau und erfolgreicher Betrieb

Der Haltepunkt Frauenau, im Hintergrund die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt
Der Haltepunkt Spiegelau

Der Bau ging zügig voran und machte auch im Winter 1888/1889 durch die geringe Schneelage gute Fortschritte. Die Bauarbeiter wurden vorwiegend aus den umliegenden Orten angeworben. Am 3. August 1890 war die Strecke fertiggestellt. Am 18. August 1890 erfolgte die Probefahrt. Am 1. September 1890 wurde die Strecke eröffnet. Zu Beginn setzte man zwei Tenderloks D X ein. Bereits zwei Tage nach der Eröffnung stürzte eine der beiden Maschinen kurz vor Grafenau bei Einberg die Böschung hinab. Dabei entstand nur Sachschaden.

Mit der Bahnstrecke sollte ein auflebendes Holz- und Glasindustriegebiet verkehrsmäßig erschlossen werden. Schon im ersten Betriebsjahr entstand ein Überschuss von 40 393 Mark. Auch in den folgenden Jahrzehnten wurde ein Überschuss erzielt, es konnten jährlich rund 40 000 Personen befördert werden und etwa 45 000 Tonnen Güter.

Um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert hatten die Glashütten in Spiegelau und Riedlhütte Hochkonjunktur und die Sägewerke in und um Spiegelau/Grafenau konnten ihre Produkte per Bahn ausliefern.

Damals galt in erster Linie dem Güterverkehr das Augenmerk. Mehrmals wöchentlich verließen Güterzüge voll beladen mit Holz und Holzprodukten Spiegelau und Grafenau in Richtung Zwiesel und wurden von dort aus weitergeleitet in alle Teile Deutschlands. In der Folge erwies sich die Lokalbahn aber auch für die Personenbeförderung von großer Bedeutung. Nicht zuletzt stand sie im Dienste des Tourismus. Anfangs verkehrten zwei Züge in jeder Richtung. Ab 15. März 1891 setze man ein drittes Zugpaar ein. Am 3. Februar 1909 blieb der Zug nach heftigen Schneefällen zwischen Frauenau und Klingenbrunn auf freier Strecke stecken, und die Passagiere mussten sich mühsam durch Schneemengen von bis zu drei Metern Höhe zum Bahnhof Klingenbrunn durchkämpfen. Im selben Jahr bemühten sich die Bewohner des Zwieseler Angers durch eine Unterschriftenaktion vergeblich um eine eigene Haltestelle. Am 11. November 1912 entgleiste bei der Lohmannmühle die Lokomotive des Zuges nach Grafenau. Es entstand nur Sachschaden.

Von 1930 bis 1960 endete im Bahnhof Zwieselau die private Zwieselauer Waldbahn, die mit Dampf- und Diesellokomotiven auf einem großen Gleisnetz auf 600-mm-Spur die Holzzufuhr zur Bahnstrecke besorgte. Der frühere Holzverladebahnhof Klingenbrunn mit umfangreichen Gleisanlagen und Anschluss an die 600-mm-Schmalspurbahn Spiegelauer Waldbahn ist heute auf nur noch ein Gleis rückgebaut und zum Haltepunkt zurückgestuft.

Im Jahre 1953 wurde vorübergehend bis 1956 mit einem Schienen-Straßen-Omnibus die Verbindung nach Freyung hergestellt. Den Personenverkehr auf der Strecke besorgten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Schienenbusse, und zwar zunächst VT 95 und ab Mai 1965 deren stärkere Nachfolger der Baureihe VT 98. Die Güterzüge zogen Dampflokomotiven der Baureihen BR 64 und später BR 86.

Die Krise und ihre Überwindung

Der Endhaltepunkt Grafenau

Mit der Zunahme von Autos nahm die Personenbeförderung in den 1970er Jahren stark ab. In den 80er Jahren wurde wiederholt über eine geplante Streckenstillegung diskutiert. Am 21. Januar 1983 stand im Grafenauer Anzeiger: „Bundesbahn will die Strecke Zwiesel-Grafenau stillegen.“ Gemeinden und Politiker protestierten, die Bundesbahn konterte mit Gegenargumenten, Gewerkschaften erhoben Einspruch. Manchen erschien die Strecke unhaltbar, und Walther Zeitler schrieb in seinem 1985 erschienenem Buch Eisenbahnen in Niederbayern und in der Oberpfalz: „Es ist unwahrscheinlich, daß man das hundertjährige Jubiläum der "Unteren Waldbahn" im Jahre 1990 wird feiern können.“ (S. 184)

Nicht zuletzt weil die Bahnlinie durch das Gebiet des Nationalparks Bayerischer Wald führt und auch viele Nationalparbesucher befördert, konnten Pläne zur Stillegung dieser Strecke vereitelt werden.

Am 27. und 28. August 1988 veranstaltete man in Zwiesel ein großes Waldbahnfest. Dabei taufte Marion Zeitler, die Gattin des Regierungspräsidenten von Niederbayern Dr. Herbert Zeitler diese Strecke einschließlich der Bahnstrecke Zwiesel-Bodenmais auf den Namen Waldbahn zur Unterscheidung von der Bayerischen Waldbahn (Bahnstrecke Plattling-Bayerisch Eisenstein).

Um 1990 zogen oder schoben als Nachfolger der Schienenbusse Lokomotiven der Baureihe V100 ein bis zwei Nahverkerswagen mit Steuerwagen. Fast ganz zum Erliegen kam auf der Strecke von Grafenau in Richtung Zwiesel die Stückgutbeförderung, da das große staatliche Sägewerk in Spiegelau aufgelassen wurde und die Glasfabriken ihre Ware verstärkt per LKW auslieferten. Der Güterverkehr, der in der Nachfolge der Dampflokomotiven von V60 und dann V100-Diesellokomotiven verrichtet worden war, wurde am 1. Oktober 1994 eingestellt.

Ab dem 24. Mai 1993 übernahm die Regentalbahn mit ihren Esslinger Triebwagen im Auftrag der DB-Regio Bayern den Planverkehr auf der Strecke. Kurzzeitig wurden auch die zu Dieseltriebwagen umgebauten VT 09 und 10, ehemalige ETA 150 der DB, hier eingesetzt. Der Betrieb wird seit Anfang 1997 mit modernen Regio-Shuttle-Garnituren durchgeführt.

Gegenwart

Die Errichtung von Gymnasien in Zwiesel und Grafenau sorgt für gute Auslastung zu den Schülertransportzeiten ab dem Raum Frauenau nach Zwiesel und von Spiegelau/Klingenbrunn nach Grafenau. Nicht zuletzt wird von zahlreichen Feriengästen die Lokalbahn zum Besuch des Nationalparks benutzt.

Zur Zeit wird die Strecke mit den modernen Triebfahrzeugen der Waldbahn im Zwei-Stunden-Takt mit Anschluss in Zwiesel in alle Richtungen befahren. Für eine vorgesehene Umstellung auf den Ein-Stunden-Takt sind noch weitere Investitionen in die Strecke nötig.

Die Waldbahn will den Stundentakt verwirklichen. Dies geht momentan jedoch nicht, da es zurzeit etwa 60 kleine Bahnübergänge gibt. Bei diesen Übergängen darf der Zug höchsten 10 km/h fahren. Die Bahn fragt deshalb bei den Grundstücksbesitzern und Landwirten nach, ob man die Übergänge entwidmen könne, also die Bahn Geld dafür zahlt, wenn der Grundstücksbesitzer oder derjenige, der ein Wegerecht hat, einwilligt, dass der Übergang aufgelöst wird.

verkehrende Linien

  • Linie 906
  • RB Zwiesel - Grafenau und zurück (Arriva-Regentalbahn im Auftrag von DB-Regio Bayern; Zwei-Stundentakt)

Stationen

Anschließende Bahnstrecken

Knotenpunkt Zwiesel

Literatur