Der Holledauer Fidel

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Erhard Kutschenreuter mit den beiden Hauptdarstellern bei der 3000. Aufführung in der Passauer Nibelungenhalle. (Foto: Archiv Proft)

Der Holledauer Fidel ist ein niederbayerisches Singspiel in drei Akten von Franz Josef Scherrer (Text) und Erhard Kutschenreuter (Musik). Es ist das bekannteste und meistgespielteste Singspiel des niederbayerischen Heimatkomponisten Erhard Kutschenreuter.

Hintergründe

Entstehung

Erhard Kutschenreuter selbst nannte das Kriegsjahr 1916 als Datum der Komposition und innerhalb von fünf Wochen soll er die Partitur fertiggestellt haben. Auch den Text hatte Kutschenreuter ursprünglich selbst verfasst. Das handgeschriebene Original-Textbuch wird heute im Waldmuseum Zwiesel aufbewahrt. Allerdings war der Text vor dem Ersten Weltkrieg entstanden mit all seiner Begeisterung vom Soldatenleben. Doch mit dieser Begeisterung war es nach dem Kriegsende erst einmal gründlich vorbei.

Kutschenreuter begann, mit dem Passauer Finanzbeamten und dichterisch begabten Franz Josef Scherrer zusammenzuarbeiten, der das Libretto gründlich überarbeitete und damit dem Singspiel seine jetzige Gestalt gab.

Uraufführung

Am 14. April 1920 fand im Stadttheater Passau die Uraufführung durch den Passauer Männer-Gesangsverein statt, die für beide Autoren ein riesiger Erfolg wurde, wie es auch die Passauer Zeitung in ihrer Besprechung vom 16. April 1920 vermerkte. Der Komponist selbst dirigierte die Premierenvorstellung mit rund 70 Chorsängern und –sängerinnen sowie der auf 22 Musiker verstärkten Stadtkapelle Passau. Der Uraufführung folgten im Stadttheater zwölf weitere Aufführungen vor stets ausverkauftem Haus.

Das Singspiel

Schauplätze

Zwei Gegenden Niederbayerns, deren Kutschenreuter besonders zugetan war, sind die Schauplätze der Handlung: das reiche Hopfenanbaugebiet in der Hallertau, wo der Komponist seine erste Frau kennen und lieben gelernt hat, und der Bayerische Wald mit seinen bescheidenen landwirtschaftlichen Erwerbsmöglichkeiten, aber auch mit seinen landschaftlichen Schönheiten.

Handlung

Der Fidel Waldhauser ist ein armer Hopfenzupfer aus dem Bayerischen Wald, der sich in das Reserl, der Tochter des reichen Sichbauer aus der Hallertau verliebt hat und um ihre Gunst wirbt. Doch so leicht wird es ihm nicht gemacht. Stolz weist ihn das Reserl wegen seiner Armut und Herkunft ab. In Vinzenz Wurmdobler, dem Sohn eines Kriegskameraden des Sichbauern, glaubt sie einen standesgemäßen Hochzeiter gefunden zu haben. Doch die Ernüchterung folgt, als sie mit ihrem Vater kurz danach den angeblich stattlichen und schuldenfreien Hof in Wurmdobel im Bayerischen Wald aufsucht. Das heruntergekommene Anwesen ist total verschuldet und die gesamte Wurmdobler-Sippe steht diesem in nichts nach. Der auserwählte Hochzeiter entpuppt sich überdies als ein echter Hallodri und großer Schürzenjäger. Dem Fidel Waldhauser, der nach der Hopfenernte sein Brot als Holzhauer in Wurmdobel verdient, hat es das Reserl schließlich zu verdanken, dass sie dem Ränkespiel der Wurmdoblerischen und einer Kompromittierung entgeht. Das glückliche Ende folgt im Jahr danach, als die Hopfenzupfer wieder in der Hallertau sind und dort ein Fest gefeiert wird, bei dem die reiche Bauerstochter den überraschten Fidel zu ihrem Tänzer und Hochzeiter erwählt.

Musik

Kutschenreuter schrieb für seinen „Fidel“ sehr gefällige und eingängige Melodien und übernahm, als waldlerisches Pendant zum schwungvollen „Holledauer Marsch“ den bereits 1903 in Neuschönau im Bayerischen Wald entstandenen „Waldlermarsch“, den die Holzhauer bei ihrem Auftritt im zweiten Akt anstimmen. Das stimmungsvolle Lied „Meine Heimat“, in welchem der Sichbauer die Schönheit des Bayerischen Waldes besingt, leitet der Komponist mit einem großen tonmalerischen Vorspiel ein. Auch die anderen Gesangsnummern wie das Liebeslied des Fidel, ein Duett des Sichbauern mit seiner Bäuerin, das komische Auftrittslied der Wurmdoblerin, das Lied des Reserls, Gstanzl, Kinderchor und große Chorszenen zu Beginn und zum walzerseligen Finale sind alles wahre Schlager und echte Ohrwürmer geworden.

Weitere Erfolge

Ein echtes Volksstück

Aufführung 1921 in Arnstorf. (Foto: Archiv Proft)

Erhard Kutschenreuter schuf seinen „Fidel“ und auch alle seinen weiteren Singspiele nicht in erster Linie für professionelle Ensembles, sondern für die Theatervereine, Liedertafelm und Gesangsvereine, die es damals in großer Zahl im ganzen Land und weit darüber hinaus gab. So gab es noch im Jahr der Uraufführung am 8. und 11. Dezember eine Aufführung im Saal des Gasthofs „Zur Post“ in Griesbach durch die örtliche Liedertafel und am 11. und 12. Juni 1921 leitete Kutschenreuter die Aufführung der Arnstorfer Liedertafel in der damals gräflichen Reithalle zu Arnstorf. Liedertafeln und Gesangsvereine rissen sich geradezu um das Aufführungsrecht zu erhalten und zahlreiche Theaterzettel und Plakate von Aufführungen weit über Altbayern hinaus zeugen vom großen Erfolg des Stückes.

Die 3000. Aufführung

Die beiden Vorstellungen am 19. und 20. November 1938 in der Passauer Nibelungenhalle, bei denen die 3000. Aufführung des Singspiels gefeiert wurde, waren wohl die spektakulärsten. Kutschenreuter hatte dafür weitere Musiknummern eingebaut und die Musik für großes Orchester ausgesetzt, für das der Konzertverein Passau 70 Musiker aufgeboten hatte. Im dritten Akt zog ein Trachtenfestzug mit rund 270 Teilnehmern quer durch die Halle zur Bühne. Der Programmzettel nennt insgesamt 400 Mitwirkende, darunter auch die Liedertafel und den Männergesangverein Passau. Mehr als 8000 Menschen haben diese beiden Vorstellungen besucht.

Rundfunkproduktion

Bereits 1931 hatte der Bayerische Rundfunk dieses Singspiel für den Hörfunk produziert und am 28. August erstmals gesendet. Die Spielleitung hatte Rolf Pinegger und Karl List dirigierte den Rundfunkchor und das Rundfunkorchester.

Aufführungen in aller Welt

Der „Holledauer Fidel“ wurde nicht nur in Deutschland aufgeführt, sondern es wird auch von Aufführungen in Österreich, in der Schweiz, in Italien und in Spanien berichtet. Bayerische Landsleute brachten das Singspiel sogar bis nach Amerika und auf die Insel Sumatra.

„Der Holledauer Fidel“ 1920 in Ruhmannsfelden - Foto: Archiv Proft

Letzte Aufführungen in Passau

Das Südostbayerische Städtetheater hat den „Holledauer Fidel“ in der Spielzeit 1974/75 auf dem Spielplan. Der Passauer Stadtrat Dr. Gottfried Schäffer hatte die Inszenierung übernommen, Reinhard Wunderlich und Hannelore Schwendy waren der Fidel und das Reserl und auch der Passauer Volkstanzkreis hat dabei mitgewirkt. Die Inszenierung wurde zu einer der meistgespieltesten Aufführung.

Im Jahr 2002 produzierte das Freie Bayerische Landestheater den „Holledauer Fidel“ und tourte damit durch ganz Bayern.

Der Holledauer Fidel Teil II

Der durchschlagende Erfolg des „Holledauer Fidel“ bewog das Autorengespann zu einer Fortsetzung der Geschichte. Unter dem Titel „Der Holledauer Fidel – Zweiter Teil“ als „Neuigkeiten vom lustigen Fidel und der ehrengeachteten Familie Wurmdobler in 4 Aufzügen“ schufen sie ein neues Stück. Die Uraufführung wurde der Liedertafel Dorfen übertragen und fand mit 90 Mitwirkenden am Ostermontag, 6. April 1931 im Dorfener Jakobmayer-Saal statt. Der Andrang zur Premiere war so groß, dass wegen Überfüllung des Saales etwa 200 Personen zurückgewieden werden mussten.

Obwohl die Uraufführung ein riesiger Erfolg war und das Stück auch an anderen Orten gespielt wurde, ist es nicht gelungen, damit auch nur annähernd an den Erfolg des ersten Teils anzuknüpfen. Zur Jahreswende 1994/95 hatte der Liederkranz Dreiburgenland Tittling in der Mehrzweckhalle der Staatlichen Realschule Tittling den II. Teil aufgeführt und es dabei zu 10 Vorstellungen gebracht.

Literatur

  • Karl-Heinz Reimeier: Erhard Kutschenreuter, der „Niederbayerische Marschkönig“, Morsak, Grafenau, 1989 ISBN 3-87553-317-8
  • Hans Proft: „Immer froh und heiter bleibt der Kutschenreuter“, Verlag Karl Stutz, Passau, 2004 ISBN 3-88849-206-8


Dies ist ein ausgezeichneter Artikel.
Diesem Artikel wurde am 22. Juli 2010 das Prädikat „Ausgezeichneter Artikel“ verliehen.