Doppelmord von Kleinheckenwies

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"Die Schüsse von Öd", Taschenbuch, 2008. Verlag der criminale.

Einer der spektakulärsten Kriminalfälle im Niederbayern der Nachkriegsgeschichte, der Doppelmord von Kleinheckenwies, spielte sich am 5. November 1950 auf dem Einödhof Kleinheckenwies im Landkreis Rottal-Inn ab. Das Bauern-Ehepaar Karl und Katharina Strasser wurde gegen 18.30 Uhr hinterrücks durch das Fenster der Wohnküche erschossen. Hauptverdächtiger war der 30-jährige Gottfried Salomon aus der Gemeinde Gangkofen, im Volk bekannt als der „Postfritz“.

Der Prozessverlauf

Der Hilfsarbeiter hatte einen Streit mit den Strassers, dessen Hintergründe nie aufgedeckt wurden. Viele Indizien deuteten auf „Fritz“ als Täter hin, aber ein Alibi schützte ihn. So wurden die Ermittlungen gegen ihn bald eingestellt. Sechs Jahre später nahm die Staatsanwaltschaft den Fall wieder auf. Nun fanden sich Zeugen, die das Alibi platzen ließen. Salomon wurde verhaftet.

Acht Jahre nach dem Verbrechen kam es zum Prozess des Landshuter Schwurgerichts, welcher im Saal einer Gangkofener Gastwirtschaft durchgeführt wurde. Zeugen bestätigten, dass Salomon nicht nur zur Tatzeit außer Haus war, sondern kurz vor den Schüssen auch einen heftigen Disput mit Karl Strasser hatte. Die Last der Indizien führte zum Schuldspruch: Zweimal lebenslänglich wegen zweifachen Mordes.

Salomon verbrachte 20 Jahre in der JVA Straubing. Dann wurde er wegen guter Führung entlassen. Ab diesem Zeitpunkt verliert sich seine Spur. Er soll bis zuletzt die Tat bestritten haben. In den 60-er Jahren ging er über seinen Anwalt in Berufung, wobei das Urteil aber bestätigt wurde.

Das Verbrechen

Karl Strasser, 38 Jahre alt, kam an diesem Sonntagabend des 5. November 1950 von einer Wahlversammlung der Bayernpartei aus Gangkofen nach Hause. Er versorgte noch die Tiere und nahm dann mit seiner Frau Katharina (37), und den Kindern Josef (12), Katharina (11) und Resi (4) das Abendessen ein. Anschließend las er seiner Frau in der Wohnküche aus der Zeitung vor, während die Kinder im gleichen Raum spielten.

Draußen näherte sich gegen 18.30 Uhr ein Mann über die verschneiten Felder dem Anwesen, öffnete einen Fensterladen und schoss mit einer Armeepistole dreimal durch die Scheibe. Zwei Schüsse trafen den Mann, eine die Frau. Dann verschwand der Unbekannte wieder Richtung Waldrand. Wie die Polizei bald feststellte, handelte es sich um einen Radfahrer in Begleitung eines mittelgroßen Hundes. Anhand der Schuhabdrücke im Schnee wurde festgestellt, dass der Mörder hinkte.

Die Kinder holten Hilfe bei den Nachbarn. Das schwer verletzte Ehepaar wurde ins Krankenhaus Gangkofen eingeliefert, wo Katharina Strasser wenige Stunden später verstarb. Karl Strasser lebte noch zwei Tage und konnte von der Polizei vernommen werden. Er nannte zwei Personen, mit denen er im Streit lag. Zum einen den 30-jährigen Gottfried Salomon, einen ehemaligen Freund und Geschäftspartner, zum anderen einen Schafhalter aus der Nachbarschaft. Über die Ursachen des Streites schwieg Strasser.

Nach dem Ableben des Ehepaares kamen die drei Kinder in die Obhut von Pflegeeltern. Das Anwesen wurde erst verpachtet, im Jahr 1961 dann verkauft, später abgerissen. Jetzt steht dort ein neues Wohnhaus. Ein Marterl an der Zufahrtsstraße erinnert noch an das Verbrechen.


Die ersten Ermittlungen

Die Ermittlungen der damaligen Landpolizei waren geprägt von zahlreichen Pannen. Zwei Beamte des Polizeipostens aus Falkenberg trafen wegen eines Fahrzeug-Defekts erst sehr spät am Tatort ein. Die Gangkofener Polizei versäumte es, die Hauptverdächtigen gleich zu vernehmen. Am folgenden Tag übernahmen die Kripo Landshut und das Münchner Morddezernat das Kommando.

Zuerst konzentrierte sich alles auf Gottfried Salomon, der im Gasthaus zur Post in Gangkofen wohnte. Seine Lebensgefährtin Sabine Grötzinger war dort Geschäftsführerin. Deshalb gab man ihm in Volk den Spitznamen „Postfritz“. Er hatte ein umfangreiches Vorstrafenregister und war gefürchtet wegen seiner Skrupellosigkeit. Außerdem betrieb er florierende Schwarzmarktgeschäfte – unter anderem auch mit dem Mordopfer Karl Strasser.

Obwohl vieles für den „Postfritz“ als Täter sprach – unter anderem hinkte er und hatte eine Vorliebe für Hunde -, musste die Polizei ihn laufen lassen. Die Wirtin des Gasthauses nämlich beteuerte, er sei zur Tatzeit in seinem Zimmer gewesen. So konzentrierten sich die Ermittlungen auf den Schafhalter Alfons Eisenreich. Doch auch er schied für die Polizei bald als Verdächtiger aus. Nur in der Bevölkerung hielt sich beharrlich die Meinung, Eisenreich sei der Mörder. Anhaltende Hetzkampagnen veranlassten die Schafhalter-Familie, ihren Hof zu verkaufen und wegzuziehen.

Die Wende

Der Fall kam zu den Akten. Erst im Oktober 1956 nahm der Straubinger Kriminalmeister Josef Sommer die Ermittlungen im Mordfall Kleinheckenwies wieder auf. Er recherchierte in Gangkofen und Umgebung und fand schließlich einen Belastungszeugen, der Salomon am Abend des Verbrechens auf dem Fahrrad und in Begleitung eines Hundes gesehen hatte. Weitere Zeugen bestätigten, dass der Verdächtige zur Tatzeit eben nicht in seinem Zimmer war. Im Mai 1957 wurde „Postfritz“ verhaftet. Er blieb bis zum Prozessauftakt am 25. November 1958 in Untersuchungshaft.

Das Gericht tagte im Kino-Saal des Gasthauses Niedermeier in Gangkofen, wo sich an jedem Prozesstag um die 300 Zuschauer einfanden. Über 100 Zeugen wurden vernommen und Ortsbesichtigungen durchgeführt. Das Alibi entpuppte sich schließlich als haltlos. Auf der Suche nach einem Motiv stieß man auf einen Überraschungszeugen, den die Staatsanwaltschaft erst sehr spät präsentierte: den 46-jährigen Maurer Johann Frank. Er hatte Karl Strasser und Gottfried Salomon eineinhalb Stunden vor dem Mord im Hof eben dieses Gasthauses heftig streiten sehen.

Nun war die Last der Indizien so schwer, dass das Gericht von der Schuld des Angeklagten überzeugt war. Zweimal lebenslänglich lautete das Urteil am 22. Dezember 1958.

Ein Justizirrtum?

Salomon aber bestritt weiterhin die Tat und wollte sich mit seiner Situation nicht abfinden. Vom Straubinger Gefängnis aus nahm er Kontakt auf zu einem Berliner Privatdetektiv, der den „großen Unbekannten“ finden sollte. Einen weiteren Fürsprecher fand Salomon im Berliner Anwalt Dr. Walter Patschan. Dieser arbeitete im Bestreben, einen Justizirrtum aufzuklären, quasi unentgeltlich.

Man versuchte, das im Dunkeln liegende Motiv zu finden, klopfte dabei auch das Thema „Eifersucht“ und die Schwarzmarktgeschäfte Salomons ab – alles ohne Erfolg. Auch überregionale Medien nahmen sich des Themas an. So veröffentlichte der „Stern“ im Oktober 1965 eine große Reportage über den Doppelmord von Kleinheckenwies, wobei die Illustrierte offen von einem „Justizmord“ sprach. Salomon musste seine Strafe verbüßen. Nach 20 Jahren kam er frei. Unbestätigten Meldungen zufolge hat er eine Witwe geheiratet, einen neuen Namen angenommen, ein solides Leben geführt und ist irgendwann in den 90-er Jahren gestorben.

Literatur

  • "Die Schüsse von Öd: Kriminalroman nach einer wahren Begebenheit", von Franz Gilg, Verlag der criminale, 272 Seiten, 14,95 Euro (Neuauflage 2008)
  • "Das Mühlrad - Beiträge zur Geschichte des Inn- und Isengaus", Band XLV, Jahrgang 2003, herausgegeben vom Heimatbund Mühldorf