Emerenz Meier

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Emerenz Meier. (Foto: PNP-Archiv)

Emerenz Meier (* 3. Oktober 1874 in Schiefweg bei Waldkirchen; † 28. Februar 1928 in Chicago) war eine der bedeutendsten bayerischen Volksdichterinnen. Ihre erste Erzählung erschien 1893 in der Donau-Zeitung („Der Juhschroa“). In ihrem Geburtsort Schiefweg steht bis heute ihr Geburtshaus, darüber hinaus erinnern eine Gedenktafel in der Bräugasse 21 und eine Büste am Donaukai in Passau an die Heimatdichterin. Emerenz-Meier-Straßen gibt es in Passau, Waldkirchen, Aidenbach und außerhalb Niederbayerns in Markt Schwaben, einen Emerenz-Meier-Weg in Fürstenzell.

Leben und Wirken

Das Emerenz-Meier-Haus in Schiefweg. (Foto: Rabenstein)

Kindheit und Jugend

Emerenz Meier (rechts) mit ihren Eltern, ihrer Tante und Schwester sowie den Kindern ihrer Schwester vor dem Aufbruch in die USA. Das Foto entstand um 1905 in den Ateliers Preussner & Ascher, Passau-Waldkirchen.

Emerenz Meier wurde am 3. Oktober 1874 in Schiefweg bei Waldkirchen als fünftes Kind der Emerenz Meier, geborene Raab, und des Landwirts, Viehhändlers und Gastwirts Josef Meier geboren. Ihr Leben und das ihrer sieben Geschwister war geprägt durch harte Arbeit und bescheidene Lebensverhältnisse.

Bis zu ihrem 17. Lebensjahr wuchs sie in dem elterlichen Wirtshaus auf. Seit 1881 besuchte sie die von den Englischen Fräulein geleitete Volksschule in Waldkirchen. Schon im frühen Kindesalter interessierte sie sich für Goethe, Heine, Dante und Homer und begann bald selbst Gedichte zu verfassen. Ihre Eltern kritisierten die „narrische Verslmacherei“ der Tochter, wie diese später in ihrem Gedicht Unverbesserlich schilderte.

Anfänge als Dichterin

Als Kellnerin, Magd und vor allem als Hüterin war sie an ihr Elternhaus gebunden. 1890 übernahm die älteste Schwester Petronilla mit ihrem Bräutigam Georg Maier das elterliche Anwesen in Schiefweg. 1891 zog die Familie nach Oberndorf, wo ihr Vater einen Bauernhof erworben hatte. Die harte bäuerliche Arbeit wurde noch mehr, und ihre karg bemessene Freizeit verbrachte sie in ihrem kleinen „Dichterstüberl“ mit Lesen, Schreiben und Studieren. 1893 lernte sie in Waldkirchen Gusti Unertl kennen, die Frau des Waldkirchener Magistratsbeamten Georg Unertl, und fand Zugang zu ihrem Salon.

In rascher Folge erschienen nun ihre Erzählungen in Zeitungen. Meier wurde bekannt, und in der Zeit des beginnenden Tourismus im Bayerischen Wald erschien sie selbst auf einer Bildpostkarte von Alphons Adolph in bäuerlicher Festtagstracht mit ihrem Geburtshaus in einer dörflichen Idylle. Einer der Feriengäste, der Professor der Literaturgeschichte Karl Weiß-Schrattenthal stellte im Herbst 1896 vier ihrer längeren Erzählungen zu einem Band mit dem Titel Aus dem bayrischen Wald zusammen.

Der Medizinstudent und spätere Arzt und Schriftsteller Hans Carossa las dieses 140 Seiten umfassende Büchlein und besuchte die Dichterin im Herbst 1898 zu Fuß in Waldkirchen. Es entwickelte sich eine enge Freundschaft. 1899 wurde ihr ein Auftritt am königlichen Hof in München bei Prinz Ludwig Ferdinand und dessen Gattin Therese vermittelt. Der Prinz fragte sie nach dem Grund für ihr vor Gesundheit strotzendes Aussehen, was sie mit den Worten beantwortete: „Weil i alle Tage meine drei Maß Bier trink“. Das erhoffte Stipendium blieb allerdings aus. Aus der Privatschatulle des Prinzen erhielt sie zwar 200 Goldmark, doch in ihrem folgenden Brief an Carossa machte sie keinen Hehl aus ihrer tiefen Verachtung für ihre Gastgeber.

1900 folgte ein kurzer Studienaufenthalt in Würzburg, wohin sie der Einladung des Seminarlehrers Albert Miller folgte. Emerenz Meier versuchte sich in Buchhaltung, Englisch und Französisch. Im Dezember kehrte sie nach Niederbayern zurück und lebte zunächst in Passau, dann in Oberndorf und schließlich in Straßkirchen.

Zeit in Passau

In Passau wurde am Stadttheater Passau am 18. Dezember 1900 in ihrer Anwesenheit das Stück Die Böhmin oder Itta aus dem Elend nach ihrer Erzählung Aus dem Elend erfolgreich uraufgeführt, ebenso am 3. Januar 1902 das Volksstück Der G’schlößlbauer nach ihrer gleichnamigen Erzählung. Beide Male wurde die Autorin begeistert gefeiert.

Ab 1. Juli 1902 betrieb sie mit Hilfe des Brauereibesitzers Hellmannsberger das Wirtshaus „Zum Koppenjäger“ als Künstlerkneipe, allerdings mit wenig Erfolg. Emerenz Meier verließ Passau im Oktober 1903 und ging nach München. Ihr Vater hatte Geld beim Handel verloren, war in Schulden geraten und sein halber Anteil an dem Oberdorfer Anwesen wurde notariell auf seine Schwester übertragen. Die Familie verarmte und entschloss sich – wie so viele aus dem Bayerischen Wald – zur Auswanderung nach Amerika.

Auswanderung nach Amerika

Der Vater reiste mit den Schwestern voraus, Emerenz folgte mit der Mutter im März 1906 nach Chicago. Dort fand sie eine große deutschstämmige Bevölkerung und 1907 ihren Mann Joseph Schmoeller, den Auswanderer aus Wotzmannsreut bei Waldkirchen, mit dem sie 1908 ein Kind bekam, Joseph Frank. Nach dem Tod des alkoholkranken Gatten in Folge von Schwindsucht heiratete sie 1910 den Schweden John Lindgren, der als Expedient in einer Firma tätig war. 1919 nahm sie den Kontakt zur alten Heimat wieder auf und schrieb viele Briefe an die Waldkirchner Freundin Auguste Unertl. Sie verfasste weiterhin Gedichte und kurze Erzählungen, von denen einige in deutschsprachigen Zeitungen der USA erschienen. Schon vor dem Ersten Weltkrieg schrieb sie leidenschaftlich bewegte politische Gedichte, und besonders während und nach dem Krieg verurteilte sie in diesen Texten sowie in ihren Briefen radikal Kapitalismus und Militarismus.

In den letzten Lebensjahren litt sie an verschiedenen Krankheiten wie Wasser in der Lunge, Bronchitis, Brustfellentzündung, Mastdarmfistel, Hämorrhoiden, Bronchialkatarrh und Asthma. Sie verdiente ihr Geld in der Zeit der Prohibition mit einem illegalen Biergeschäft, das sie in ihrer Mansardenwohnung eingerichtet hatte. Am 18. Januar 1925 starb ihr Ehemann John Lindgren. In ihrem letzten Brief an Gusti Unertl vom 8. Oktober 1927 schrieb sie: „Ich bin nun 53 Jahre alt und möchte den Rest meines Lebens ans Schriftstellern verwenden, meine so lange gewaltsam unterdrückte Leidenschaft.“

Emerenz Lindgren geb. Meier starb am 28. Februar 1928 in Chicago an den Folgen einer Nierenentzündung. Ihrem Wunsch gemäß wurde sie feuerbestattet. Ihre Asche wurde von ihrem Sohn auf dem Grab der Eltern auf dem Graceland Friedhof Chicago ausgestreut.

Schriftstellerisches Werk

Im Jahr 1893 erschien eine erste Fortsetzungsgeschichte und die frühe Erzählung Der Juhschroa in der Passauer Donau-Zeitung. Bald folgten Veröffentlichungen im Simplizissimus, Das Bayerland, Die Jugend und Die Fliegenden Blätter. Postkarten mit ihrem Portrait und Anhänger für Uhrketten waren im Umlauf. Auch über Bayern hinaus wurde sie bekannt. Im Herbst 1896 erschien ihr Buch Aus dem bayrischen Wald.

In ihrem epischen Schaffen repräsentiert Emerenz Meier erzählerisches Unbehagen und naturalistische Schärfe sowie einen volkstümlichen Ton und gesellschaftskritische Anklage in ihrer Lyrik. Zeitgenössische bayerische Autorinnen und Autoren schätzen sie als Vorläuferin ihrer modernen literarischen Intentionen und Stilarten.

Ihr Werk, entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts in einer bäuerlich-traditionellen Welt mit klassischer Rollenverteilung, weist vielfach auf das 20. Jahrhundert voraus; die Rolle der Frau in der Gesellschaft, die politische Funktion des Dichters, die Aufgaben und Verantwortung einer weiblichen Autorin - das sind nur einige der Themen, mit denen sich die Bayerwalddichterin auseinandersetzte.

Regionale Projekte zum 80. Todestag

Die Bildhauerin und die Dichterin. (Foto: Rabenstein)

Zum 80. Todestag von Emerenz Meier im Jahr 2008 wurden verschiedene Projekte im Passauer Land initiiert.

Auswanderer-Museum im Emerenz-Meier-Haus

Das Geburtshaus der Schriftstellerin Emerenz Meier ist eines der ältesten Gebäude in der Gegend. Sein Alter wird auf mindestens 300 Jahre geschätzt. Es befindet sich mittlerweile wieder in einem hervorragenden Zustand und steht unter Denkmalschutz. 1992 wurde der Emerenz-Meier-Haus-Verein mit den Zielen gegründet, das Haus zu kaufen, zu renovieren und es als Wirtshaus und Museum zu erhalten. Im Jahre 2000 begann der Verein mit der Renovierung, die 2001 mit der Bausumme von 700.000 € abgeschlossen wurde. Im Obergeschoss des Hauses befindet sich die Dauerausstellung zur Lebensgeschichte von Emerenz Meier: „Von Schiefweg nach Chicago“. Nun soll ein Auswanderer-Museum eingerichtet werden, in dem exemplarisch das Schicksal der Emerenz als Auswanderin dargestellt wird. 305.000 € sind für das Projekt veranschlagt, welches im Herbst 2008 startete.

Siehe Hauptartikel: Emerenz-Meier-Haus

Theaterstück „Zum Koppenjäger“

Der Regisseur Joseph Berlinger schrieb das Drama „Zum Koppenwirt“ im Auftrag der Festspiele Europäische Wochen Passau und in Kooperation mit dem Theater an der Rott. Es ist Berlingers drittes Schauspiel zu Emerenz Meier. Erzählt wird die Entwicklung der Kneipe „Zum Koppenwirt“ durch 100 Jahre deutsche Lokalgeschichte – von den Zeiten der Nazis, des Wirtschaftswunders, der 68er bis zur Jahrtausendwende. Am 2. Juli 2008 wurde das Stück in Eggenfelden uraufgeführt.

Emerenz-Meier-Büste

Die Emerenz-Meier-Büste von der Bildhauerin Christine Wagner aus Simbach/Biberg wurde im Herbst 2008 am Donaukai in Passau aufgestellt. Die Bronze-Skulptur befindet sich auf einem Granitsockel und ist insgesamt 2 m hoch und 30 cm breit. Die Idee ins Leben gerufen wurde von Soroptimist International Club Passau. Die Skuptur wurde unweit von dort aufgestellt, wo Emerenz Meier einst Wirtin war (Bräugasse 21), neben dem heutigen Museum Moderner Kunst Passau.

Mit der Biografie und den Werken der Emerenz hat sich die Bildhauerein Christine Wagner, geboren 1967 in Haßfurt am Main, ausgiebig beschäftigt, um einen Ansatz für ihre Skulptur zu finden. Ihre Skulptur stellt Emerenz dar, als sie alle Möglichkeiten in der Heimat ausgeschöpft hat, sie wendet der Heimat den Rücken zu und geht ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sie denkt: Ich schaffe es noch mal. Ernst wirkt sie auf den Betrachter, gelassen, festen Blicks und mutig. Zwei Meter hoch ist die Figur einschließlich Sockel. Es ist gegossene Bronze, hergestellt im Wachsausschmelzverfahren, patiniert, gewachst und poliert. Sie steht auf einem Granitsockel aus Hintertriessen bei Hauzenberg. Gelbtonig ist seine Farbe und harmoniert mit dem Bronzeton. Die Oberfläche ist nicht geschönt, lebendig, mit Ecken und Kanten, unruhig.

Siehe Hauptartikel: Emerenz-Meier-Büste

Emerenz-Meier-Postkarten

Emerenz-Meier-Postkarte.
Emerenz-Meier-Postkarte.
Emerenz-Meier-Postkarte. (Fotos: Stadtarchiv Waldkirchen)

Eine Karte zeigt Waldkirchen von Nordosten, zwei Ansichten des Marktplatzes und den Gasthof zur Post (Bild oben). Hans Carossa hat sie im August 1898 von Oberndorf aus an eine Bekannte in München geschrieben. „Ich sitze im stillen schönen Garten der Dichterin, die sich sogleich unterzeichnen wird“, ist zu lesen, darunter die Unterschrift von Emerenz Meier. Carossa war damals als junger Medizinstudent zu Fuß von Seestetten bei Passau nach Oberndorf gewandert, um die von ihm bewunderte Dichterin zu besuchen. Gut 40 Jahre später wird er diese Wanderung und den Aufenthalt in Waldkirchen und Oberndorf ausführlich in seinem autobiografischen Roman „Das Jahr der schönen Täuschungen“ schildern.

Die zweite Karte (Bild Mitte) zeigt ein Porträt von Emerenz Meier, daneben ihr Geburtshaus in Schiefweg. Die Dichterin selbst hat sie im Oktober 1899 an den Maler und Grafiker Rudolf Scheibenzuber geschrieben, der damals Lehrer in Hohenau war. Sie entschuldigt sich darin für ihre „Langsamkeit im Schreiben“, aber sie sei „vor kurzem erst von der Reise zurückgekommen“. Emerenz Meier war damals zusammen mit Auguste Unertl nach München gereist und hatte eine Audienz bei Prinz Ludwig Ferdinand und Prinzessin Therese von Bayern erhalten.

Galerie

Darstellungen

Bücher

Hörbuch

  • Monika Drasch, Eva Sixt u.a.: Emerenz Meier - out of Heimat. Musikalische und literarische Lebensbilder zwischen Bayern und Amerika (Doppel-CD, 2005) weitere Information

Filme

  • Jo Baier: Schiefweg (Fernsehfilm, 1988)
  • Jo Baier: Wildfeuer (Heimatfilm, 1991)
  • Klaus Ickert: Die großen Bayern: Emerenz Meier – Von Schiefweg nach Chicago (Reihe im Bayerischen Fernsehen, 2007)
  • Morsak: „Mei Emerenz, my Emma.“ (DVD mit 30 Kostenproben von Gedichten, Erzählfragmenten und Briefen, vorgelesen von Hans Göttler 2012)

Siehe auch

Literatur

Weiterführende Publikationen

  • Friedemann Fegert: Emerenz Meier in Chicago. In: Friedemann Fegert: Ihr ghönt es Eich gar nicht vorstelen wie es in Amerigha zu ged. Auswanderung aus den jungen Rodungsdörfern des Passauer Abteilandes nach Nordamerika seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Karlsruhe 2001, ISBN 3-8311-0234-1 (S. 380-406)
  • Friedemann Fegert: Emerenz Meier in Chicago – Auswanderung und Leben ihrer Familie in Amerika. Freyung 2014, ISBN 978-3-942509-35-0

Weblinks