Erdbrüstmoor

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Das Erdbrüstmoor in Passau, Juli 2008. (Foto: Jäger)
Der Fichtenwald soll dem Feuchtgebiet weichen. (Foto: Jäger)
Freuen sich, dass das Projekt im Grubweger Moor realisiert werden kann: Isolde Zahlheimer (v.l.), OB Jürgen Dupper, Bürgermeister Urban Mangold, Karl Haberzettl, Kreisvorsitzender vom Bund Naturschutz, und Regierungspräsident Heinz Grunwald. Foto: Fischer

Das Erdbrüstmoor im Tälchen des Erdbrüstbachls ist ein einzigartiges, sechs Hektar großes einst hochwertiges Übergangsmoor in Passau-Grubweg. Es befindet sich im Grubweger Tälchen, nahe der Ortsteile Hochmoor und Erdbrüst und gilt als wertvollster Moorbereich der Stadt. Mit Unterstützung der Regierung von Niederbayern und des Bund Naturschutz führt die Stadt seit Ende 2008 im Tälchen des Erdbrüst-Bachls ein Naturschutzprojekt durch. Dieses soll wesentliche Teile des früheren Feuchtgebiets wiederherstellen - besonders offene Quellmoorbereiche, naturnahe Bachabschnitte, blumenreiche Wiesen und Naturwaldbereiche. Am 8. April 2010 wurden im Beisein von rund 50 Gästen Infotafeln enthüllt.

Fauna und Flora

Die Zweigestreifte Quelljungfer, der Feuersalamander oder der Bergmolch sind nicht auf Anhieb zu entdecken, wohl aber Kaulquappen und andere Larven, die sich zu gefährdeten Tierarten entwickeln. Schmetterlinge umfliegen die Besucher. Noch gibt es nicht Wollgras, Sonnentau oder Fettkraut. Aber diese einst typischen Moorgewächse sollen wieder kommen. Sie waren schon mal vorhanden im Erdbrüstmoor. Der Botaniker Josef Mayenberg, der 1876 in seinem Werk Aufzählung der um Passau vorkommenden Gefäßpflanzen als Erster eine Pflanzenzählung für das Erdbrüstmoor gemacht hat, hat damals Pflanzen wie das Fleischrote Knabenkraut, Moor-Bärlapp, Weißes Schnabelriet, Sumpfläusekraut, Simsenlilie sowie mehrere Seggen- und Wollgrasarten kartiert.

Moore in Passau

2008 gab es im Bereich der Stadt Passau und ihrer Umgebung fast keine typischen Moorgewächse mehr. Im Grubweger Tälchen unweit der Ortsteile Hochmoor und Erdbrüst soll es sie bald wieder geben. Der Bereich zählt zum wertvollsten Moorbereich der Stadt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren kleinere Quellmoore vorhanden. Noch 2008 ist dort ein Kalk-Quellmoor. Das Umweltamt begrüßt die Ausweisung als Naturschutzgebiet.

Geschichte

Das Tal entlang dem Erdbrüstbachl war, wie die Flurkarten-Uraufnahme von 1827 zeigt, Ausläufer eines breiten Extensivgrünlandstreifens mit Magerrasen, Feucht- und Streuwiesen entlang der Donau. Um 1950 hatte sich die Landwirtschaft schon aus den schwer zu erreichenden und zu bewirtschaftenden Lagen zurückgezogen, in den folgenden Jahrzehnten zog sie sich komplett zurück. Die Wiederbewaldung erfolgte teilweise durch Aufforstung mit Fichten in den 1960er Jahren, teilweise durch spontane Sukzession. Im Süden schoben sich Garten- Sport- und Betriebsanlagen immer weiter vor. In der Stadtbiotopkartierung war das Areal nicht als besonders schutzwürdig eingestuft.

Das änderte sich im Jahr 2005. Gerald Meißner, der bei der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Passau seinen Zivildienst ableistete, berichtete über das Vorkommen von Molchen, Feuersalamandern, Krebsen und Seidelbast in dem Gebiet. Am 11. Mai 2005 stellte er das Gebiet den ehrenamtlichen Bachpaten der Stadt vor. Damit begann eine zunehmende Durchforschung des Geländes.

Beim Festakt zur 150-Jahr-Feier des Naturwissenschaftlichen Vereins Passau warb Dr. Willy Zahlheimer erstmals für das Naturschutz-Projekt „Erdbrüst“. Im Vorfrühling 2008 lag dann ein von der Regierung von Niederbayern und dem Umweltamt der Stadt Passau erarbeitetes Konzept für ein staatlich gefördertes Renaturierungsprojekt vor.

Renaturierung

Ziele

Der begradigte Erdbrüstbach wird wieder renaturiert, spontane Bewaldung der Feuchtwiesenbrache zugelassen. Die Wiese wird wieder eine Feuchtwiese mit jährlicher Sommermahd. Auf Teilen der Wiese wird das Artenpotenzial angereichert um Pflanzen wie Großer Wiesenknopf, Niedrige Schwarzwurzel oder Wald-Storchschnabel.

Kosten

150 000 Euro wurden für den Grundkauf angesetzt, die Hälfte davon soll der Freistaat Bayern bezahlen, einen Teil hat auch der Bund Naturschutz übernommen. Die Renaturierung wurde auf 27 000 Euro geschätzt, 70 Prozent wiederum gefördert. Die jährlichen Pflegekosten sind mit 5000 Euro veranschlagt. Der Umweltausschuss der Stadt Passau erteilte dem Projekt im Juli 2008 den Segen.

Ergebnisse

Die rund 40 Jahre alte Fichtenaufforstung ist mittlerweile gerodet. Ein Bagger hat das begradigte Bett des Erdbrüstbachs wieder in die Kurven gelegt, die als Ursprung vermutet wurden. Entwässerung gibt es nicht mehr. Jetzt wachsen wieder Moorpflanzen wie der Sonnentau, die Lebensbedingungen für den geschützten Feuersalamander, für die streng geschützte Schlingnatter und für gefährdete Libellenarten sind deutlich verbessert.

Quellmoor

Das Erdbrüstmoor ist ein Quellmoor. Aus Tümpeln quillt Wasser, es sickert überall aus dem Boden. Im frischen 8 Grad kalten Nass laichen Amphibien, Larven schwimmen herum. Die Experten entdecken Seidelbast, Gold-Hahnenfuß und Süße Wolfsmilch. Hier soll gerodet werden, Entwässerungsgräben verschlossen und nach und nach wieder die frühere Qualität des Feuchtgebietes zurückgewonnen werden. Das offene Quellmoor soll übergehen in ein Waldquellmoor.

Fördermöglichkeiten 2008

Bevor aber umfassende Renaturierungsmaßnahme in Angriff genommen werden können, müssen noch Privatgrundstücke angekauft werden. Die Verhandlungen laufen. Kosten von rund 150.000 Euro sind dafür anzusetzen. 50 Prozent sind förderfähig. Der Stadt bliebe ein Eigenanteil von rund 75.000 Euro. Die Vorabförderzusage liegt schon vor. Die Umsetzungskosten der Maßnahmen betragen für die ersten drei Jahre 27.000 Euro. Hier kann eine 70-Prozent-Förderung in Anspruch genommen werden. Der Stadt verbleiben 8.000 Euro. Die bestandserhaltenden Pflegemaßnahmen in den Folgejahren belaufen sich auf jährlich 5.000 Euro. Auch hier beträgt dank Fördermittel der städtische Beitrag 1.500 Euro pro Jahr. Biodiversität ist erklärtes Staatsziel. Ministerpräsident Beckstein will besonders Moorflächen schützen. Die Umweltexperten sind sich einig, dass hier ein zukunftsweisendes Projekt realisiert werden könnte.

Abschluss

Für die Maßnahme hatten die Stadt und der Bund Naturschutz seit Ende 2008 Grundstücke gekauft und mit Hilfe des Landschaftspflegeverbands die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt. Seit Anfang 2009 ging es bei den Lebensraum entwickelnden Maßnahmen Schlag auf Schlag. Innerhalb eines Jahres habe bereits der Großteil der vorgesehenen Verbesserungen umgesetzt werden können. Schon im Sommer 2009 habe wieder reichlich Rundblättriger Sonnentau geblüht, wo einst Fichten standen. Das Ergebnis sei dem Zusammenwirken vieler Beteiligter zu verdanken. Zahlheimer dankte u.a. dem Umweltausschuss unter dem Vorsitz von Bürgermeister Urban Mangold, der die Renaturierung von Anfang an unterstützt habe. Ihr Dank galt auch der Kreis- und Ortsgruppe des Bund Naturschutz. So habe Kreisvorsitzender Karl Haberzettl selbst Hand angelegt, um die gerodeten Fichten mit seinem Traktor aus dem moorigen Gelände zu ziehen. Haberzettl wiederum freute sich, dass der Bund Naturschutz dem Projekt 10 000 Euro an Spendengeldern zuschießen konnte.

Die fünf Infotafeln, die nun im Moor stehen, informieren u.a. über das Projekt an sich sowie über Quellmoore, Bachrenaturierung oder den Lebensraum Wiese.

Mit der Renaturierung des Moors soll sich die Stadt auch um einen mit 50 000 Euro dotierten Preis bewerben. Im Sommer 2010 wurde nämlich der Wettbewerb „Bundeshauptstadt Biodiversität“ ausgeschrieben. Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Natur mit allen Arten und Sorten. Stadtrat Paul Kastner hat bereits einen entsprechenden Antrag an den Stadtrat gestellt. Dieser stand in der April-Sitzung 2010 des Umweltausschusses auf der Tagesordnung.

Im Jahr 2010 entdeckte Paul Kastner bei einer Begehung die seltene Mehlprimel im Erdbrüstmoor. Als faunistische Besonderheit wurde der Grubenlaufkäfer (Carabus variolosus), eine in Mitteleuropa fast augestorbene Laufkäferart bestimmt.

Literatur