Eugen Galitzenstein

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Eugen Galitzenstein. (Foto: Wacker Archiv)

Dr. Eugen Galitzenstein (* 13. Juli 1882 in Wien; † 3. April 1947 in London) war Chemiker an den Wacker-Werken in Burghausen. Als jüdischer Mitarbeiter wurde er 1938 Opfer der Nazi-Pogrome und wanderte 1939 aus.

Leben und Wirken

Dr. Eugen Galitzenstein wurde 1882 als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts in Wien geboren und studierte dort Chemie. Er begann seine berufliche Tätigkeit in Nürnberg am Consortium für elektrochemische Industrie, einer Tochtergesellschaft von Wacker. Es folgte die Heirat mit Auguste Helene Grün. Dr. Galitzenstein konvertierte zum Protestantismus. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Leutnant, wurde aber vom Militärdienst abberufen und arbeitete „im Interesse der Landesverteidigung“ bei der Wacker-Chemie in Burghausen. 1918 zog auch die Ehefrau mit den drei Kindern Charlotte, Irene und Walter nach Burghausen. Die Familie wohnte zunächst auf der Burg und ab 1924 auf dem Gelände des heutigen Botanischen Gartens. Die drei Kinder Charlotte, Irene und Walter galten seit 1935, dem Jahr des Erlasses der Rasseschutzgesetze, als jüdische Mischlinge erstes Grades oder Halbjuden.

Nach der Machtergreifung Hitlers und dem Beginn der Judenverfolgungen war auch die Familie Galitzenstein antisemitischen Aktionen ausgesetzt. Sohn Walter wanderte nach Amerika aus. Wacker hielt jedoch an seinem Chefchemiker fest, der weiterhin Abteilungsleiter im Laboratorium III war. Während der Reichskristallnacht am 9. November 1938 kam es vor der Villa Galitzenstein zu Tumulten. Dass Eugen Galitzenstein bis zu diesem Zeitpunkt noch voll in die Arbeit bei Wacker integriert war, zeigt ein Schreiben im Wacker-Archiv vom 5. September 1938, in dem sieben der Oberbeamten (Direktoren), darunter Dr. Galitzenstein, um eine Gehaltserhöhung nachsuchten. Zwei Monate später, in der Nacht zum 10. November, kam es dann vor der Wohnung von Galitzenstein am Ludwigsberg Nr. 2 zu „Tumulten“ mit beschämenden Ausschreitungen. Um die „Unversehrtheit“ des Juden Galitzenstein zu sichern, wurde er in „Schutzhaft“ genommen, das heißt, von der Polizei eingesperrt und am nächsten Tag in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Aufgrund des Einsatzes von Johannes Hess, Geschäftsführer der Wacker-Werke, konnte er das Lager nach sechs Wochen wieder verlassen.

Nach vielen Schwierigkeiten durfte das Ehepaar Galitzenstein im Juni 1939 Deutschland verlassen, allerdings unter entwürdigenden Bedingungen und unter Verlust seines Eigentums. Durch Vermittlung des Wackerwerks erhielt Dr. Galitzenstein Arbeit in einer englischen Firma. Seine Kinder waren schon vorher ausgewandert. Frau Auguste Galitzenstein starb 1941 noch während des Krieges, Dr. Galitzenstein heiratete ein zweites Mal, verstarb aber bereits im Jahr 1947. Sein Sohn Walter, der den Familiennamen Galson annahm, besuchte nach dem Krieg wiederholt seine Heimatstadt Burghausen, zuletzt 1990.

Im jetzigen Haus der Fotografie in Burghausen können Familienangehörige Erinnerungen revue passieren lassen. Die Wacker-Chemie hat Dr. Galitzenstein ein ehrendes Andenken bewahrt: Als die Villa Sell als Wacker-Tagungszentrum gerichtet worden ist, wurden die einzelnen Räume nach wichtigen einheimischen Forschern benannt. Auch Dr. Galitzenstein erhielt so eine besondere Würdigung mit Hinweisen auf sein Leben und auf seine wissenschaftlichen Leistungen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks