Franz Seraph von Pichler

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Franz Seraph Pichler im Jahr 1900.

Dr. Franz Seraph Ritter von Pichler (* 4. Oktober 1852 in Asenham; † 5. Oktober 1927 in Passau) war ein bayerischer Landtags- und deutscher Reichstagsabgeordneter sowie Dompropst von Passau. Der Ehrenbürger der Stadt Passau war laut Franz Mader „eine der bedeutendsten Persönlichkeiten im kirchlichen und öffentlichen Leben Passaus um die Jahrhundertwende.“

Er ist Namensgeber des Dr.-von-Pichler-Platzes. Die größte Glöcke der Kirche St. Josef in Auerbach, die „Christkönigsglocke“, wird zu seinen Ehren auch als Pichlerin bezeichnet.

Leben und Wirken

Schule und Studium

Franz Seraph Pichler wurde am 4. Oktober 1852 in Stockhäuser (bei Birnbach) als Sohn des Landwirts und Zimmermanns Michael Pichler und der Gütlerin Anna Maria Pichler (geb. Hifinger) geboren. Er wuchs in einer einfachen, aber tief religiösen Familie auf. Als Zögling des Bischöflichen Knabenseminars besuchte der junge Pichler von 1864 bis 1872 das Gymnasium Leopoldinum und legte das Abitur (damals Absolutorialprüfung) mit Bestnote in allen Fächern als Klassenbester ab. Im Anschluss daran studierte er als Alumnus des Priesterseminars St. Stephan am Lyzeum Theologie und Philosophie.

Kirchliche Ämter

Pichler wurde am 29. Juni 1876 von Bischof Josef Franz von Weckert zum Priester geweiht und war anschließend zunächst als Seelsorger in der Diözese Passau tätig. Von 1878 bis 1880 war er Kaplan an Santa Maria dell' Anima in Rom und studierte hier an der Gregoriana Kirchenrecht. Er schloss das Studium mit Auszeichnung als Doctor juris canonici ab.

1883 wurde Pichler sowohl zum Passauer Domvikar als auch zum Bibliothekar des Bischöflichen Ordinariats (bis 1897) sowie zum bischöflichen Kanzlist (bis 1899) ernannt. 1899 schließlich folgte – verhältnismäßig spät – die Berufung in das Domkapitel. Im Jahr 1910 wurde er durch Papst Pius X. zum Dompropst ernannt.

Pichler hatte zahlreiche kirchliche Ämter inne, darunter Präses der Marianischen Kongregation (1888-1893), Aktuar der Emeriten-Anstalt (1899-1899), Mitglied von deren Verwaltungsausschuss (1899-1921) und deren Vorsitzender (1921-1927), bischöflicher Prosynodalexaminator (1899-1914), Defensor Matrimonii (1903-1927), bischöflicher Theologus (1910-1927), Mitglied der bischöflichen Kommission für das Diözesan-Knabenseminar (1911-1918), Fondsadministrator für das Diözesan-Knabenseminar (1887-1894), Mitglied in der Bischöflichen Kommission für die Diözesanseminarien (1919-1927), Vorsitzender der Bischöflichen Rechnungskammer (1909-1923) und Vorsitzender der Bischöflichen Finanzkammer (1923-1927).

Im Jahr 1909 war er an der Gründung der Bischöflichen Rechnungskammer, deren Vorsitzender er wurde, beteiligt – sowie 1922 auch an der Gründung der Bischöflichen Finanzkammer.

Politisches Engagement

Der Beginn von Pichlers politischer Laufbahn fällt in seine Zeit als Domvikar in Passau. Ihren ersten Höhepunkt erreichte sie 1893, als er (als Repräsentant des Wahlkreises Passau) für die Zentrumspartei in den Deutschen Reichstag sowie (als Vertreter des Wahlkreises Grafenau) in die Abgeordnetenkammer des Bayerischen Landtags gewählt wurde. Pichler blieb 18 Jahre lang Reichstagsabgeordneter (bis 1911) sowie 25 Jahre lang Mitglied des Bayerischen Landtags (bis 1918). Pichler galt zudem als Führer der niederbayerischen Zentrumspartei.

Früh und beharrlich arbeitete er auf den Ausbau des katholischen Pressewesens und damit der Zentrumspublizistik hin. Bereits 1887 gehörte er zu den Gründern der Niederbayerischen Volkszeitung und 1888 zu den Gründern der Aktiengesellschaft Passavia für Druck und Immobilien. Am 3. September 1889 gelang es der Passavia AG, die Donau-Zeitung einschließlich Druckerei für insgesamt 150.000 Mark zu erwerben. Die Donau-Zeitung galt fortan als Pichlers Sprachrohr, auch noch nach seinem Ausscheiden aus der Passsavia AG 1919/1920.

Auf seine Initiative hin wurde am 23. März 1890 der Katholische Männer-Verein Passau gegründet, wobei Pichler zum Schriftführer gewählt wurde. Vereine wie dieser bildeten für Pichler und seine Bayerische Zentrumspartei die wichtigste organisatorische Basis für Landtags- und Reichstagswahlen. Von 1892 bis 1893 und erneut von 1899 bis 1907 stand er als Diözesanpräses an der Spitze der katholischen Arbeitervereine des Bistums. Von 1899 bis 1901 war er zugleich Präses des Passauer Arbeitervereins.

Zeitlebens sah Pichler seinen Hauptgegner in der Sozialdemokratie. Schon 1891 schrieb er in seinem Buch Die Stellung der Sozialdemokratie zur Religion: „Die Sozialdemokratie muß die christliche Religion zu untergraben und zu beseitigen suchen, wenn sie ihre Ziele erreichen will“, und noch 1925 schrieb er in der Donau-Zeitung: „Christentum und Vaterland haben im Programm der Sozialdemokratie keinen Boden; Gerechtigkeit kennen sie nur für sich, allen anderen gegenüber gilt der Grundsatz des Klassenkampfes.“ Pichler erlangte jedoch wegen seiner Kenntnisse und Integrität auch über die Grenzen seiner Partei hinaus Anerkennung und wurde 1912 zum Vorsitzenden des Finanzausschusses der bayerischen Abgeordnetenkammer gewählt. Seit 1899 war er als Berichterstatter der bayerischen Verkehrsanstalten über zwei Jahrzehnte Referent für Finanz- und Verkehrsfragen. Als solcher und als Mitglied des Landeseisenbahnrates wirkte er maßgeblich am Ausbau des bayerischen Eisenbahnnetzes mit. Er setzte sich vor allem für die Anbindung des Bayerischen Waldes und des Rottals an die Hauptstrecken ein. So war er entscheidend am Bau der Bahnstrecke Passau-Hauzenberg und der Bahnstrecke Erlau-Wegscheid beteiligt. Eine wichtige Rolle spielte Pichler auch bei der Berufung des bisherigen Prinzregenten Ludwig zum neuen König Ludwig III. im Jahr 1913.

Ehrungen und Bestattung

Als Anerkennung seiner Verdienste wurde Pichler, anlässlich des Besuchs der königlichen Familie am 17. und 18. Juni 1914 in Passau, von König Ludwig III. in den persönlichen Adelsstand erhoben.

Am 5. Oktober 1922 wurde Pichler anlässlich seines 70. Geburtstages und auf Antrag von Bürgermeister Carl Sittler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Passau verliehen.

Franz Seraph von Pichler starb am 5. Oktober 1927 gegen 03:00 Uhr morgens an Herzschwäche. Bei seinem Trauerzug am 8. Oktober erwiesen ihm hohe Ehrengäste – darunter Ministerpräsident Heinrich Held sowie einige amtierende Minister und Reichstags- bzw. Landtagsabgeordnete – gemeinsam mit tausenden Passauern die letzte Ehre. Bischof Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf hielt das Reqieum. Anschließend wurde Pichler in der Dompropstgruft bestattet.

Auszeichnungen

  • Diözesan-Ehrenpräses (1908)
  • Päpstlicher Hausprälat (1912)
  • Königlich Bayerischen Verdienst-Orden vom hl. Michael, IV. Klasse (1907)
  • Königlich Bayerischen Verdienst-Orden vom hl. Michael, IV. Klasse mit der Krone (1909)
  • Königlich Bayerischen Verdienst-Orden vom hl. Michael, III. Klasse (1913)
  • Ritterkreuz des Königlichen Verdienstordens der Bayerischen Krone (1914)
  • König Ludwig-Kreuz (1916)
  • Rote Kreuz-Medaille, III. Klasse (1916)
  • Preußisches Verdienstkreuz für Kriegshilfe (1918)
  • Königlich Bayerischen Verdienst-Orden vom hl. Michael, II. Klasse (1918)
  • Ehrenbürger der Gemeinde Asenham
  • Ehrenbürger der Stadt Passau (1922)
  • Generalmoderator der Erzbruderschaft der Priester von der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes (1925)
  • Apostolischer Protonator (1926)

Literatur