Großer Pfahl

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche
Der Große Pfahl im Sommer

Der Große Pfahl ist ein aus Erdbeben entstandenes, hunderte Meter in die Tiefe ragendes Quarzriff in Viechtach und Teil des sogenannten Pfahls. Das Naturdenkmal soll Erdbeben der ganzen Welt reflektieren, und diese selbst durch Schwingungen zum Ausdruck bringen.

Geschichte

Der milchig-weiße Pfahlquarz besteht zu 95 bis 98 Prozent aus Kieselsäure. Gelbliche bis schwach rötliche und graue Farbvarianten werden durch geringe Anteile von Eisenverbindungen und Verunreinigungen durch Pfahlschiefer verursacht. Wegen dieser Unreinheit wurde Pfahlquarz nur selten von den Glashütten zur Glasherstellung benutzt. Eine wesentlich größere Rolle spielte er als Schotterlieferant für den Straßenbau. Der industrielle Abbau führte seit Beginn des 20. Jahrhunderts zum Verschwinden ganzer Pfahlabschnitte.

Der industrielle Quarzabbau begann 1894, als ins Viechtachs Westen (heutiger B 85-Parkplatz nach der Brücke) ein genossenschaftlich geführtes Schotterwerk errichtet wurde. Am 10. Mai 1895 wurde ein Vertrag zwischen der Marktgemeinde Viechtach und der „Quarzschotterwerkgenossenschaft Viechtach“ über die „Gewinnung von Schotter beziehungsweise zur vollständigen Ausbeutung“ des Pfahls abgeschlossen (Stadtarchiv Viechtach; Act des Markts-Magistrates Viechtach, Betreff: Der Pfahl - Ausfuhr von Quarzkies). Jedoch hatte diese Ausbeutung, die Arbeitsplätze für den kleinen Markt schuf, nicht nur Befürworter, wie ein Artikel in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 6. Januar 1899 zeigt: Die „Freunde des Bayerischen Waldes vertrauen daher der Gemeindeverwaltung, dass sie die vollständige Vernichtung einer so prachtvollen Naturschöpfung nicht zulassen und diese wenigstens in ihren Hauptgebilden erhalten werde.“

Als die Genossenschaft 1911 nach einem Brand in Liquidation trat, erwarb der Viechtacher Kaufmann Anton Sporer den ganzen Besitz. Mit ihm schloss die Marktgemeinde 1911 beziehungsweise 1917 für jeweils weitere sechs Jahre einen neuen Vertrag ab. Sporer musste unter anderem sämtliche Gemeindestraßen gegen eine feste Bezahlung beschottern.

1926 wurde das Quarzschotterwek am Pfahlriegel aufgelassen. Die industrielle Produktion wurde an den Riedbach verlegt. Über die Weiterverwendung der Betriebsgebäude gibt ein Akt im Stadtarchiv Viechtach aus dem Jahr 1928 Auskunft. Damals beantragte die Marktgemeinde Viechtach die „Ausbauung der alten Maschinenräume und Lagerschuppen für Notwohnungen im alten Quarzschotterwerk in Viechtacht“.

Bereits damals bemühte sich der Verwaltungsbeamte und Viechtacher Ehrenbürger Karl Lankes um den Schutz der imposanten Pfahlriffe. Doch erst das beharrliche Vorgehen von Bürgermeister Karl Gareis führte zum Ankauf großer Teile dieses Pfahlabschnittes durch die Stadt Viechtach und schließlich 1939 zur Ausweisung als Naturschutzgebiet. Allerdings war noch bis zum Jahre 1992 der bis 50 Meter tiefe Quarzbruch in Betrieb. Der Pfahlquarz wurde zu hochwertigen Schottern und Edelsplitten verarbeitet, aber auch zu Reinst-Silizium und Siliziumlegierungen für die Mikrochip- und Solarzellenherstellung. Über den massiven Abbau und die industrielle Verwertung des Gesteins kann man sich an den Info-Tafeln der Sporer-Quetsch informieren - ein Stück Viechtacher Geschichte.

Gegenwart

Heute untersteht der Pfahl als Zeitzeuge der Erdgeschichte der Pflege des Naturparks Bayerischer Wald. Zwei Rundwanderwege sowie der Pfahlwanderweg erschließen den Großen Pfahl. Die ehemalige Verladestation, die dazugehörige Bremsstation und die alte Schmiede am aufgelassenen Steinbruch sind Zeugnisse des industriellen Quarzabbaus.

Die freien, gut besonnten Felsgratbereiche und die südwestexponierte Pfahlseite sind Wärmeinseln im Bayerischen Wald. Sie bilden ein Refugium für trockenheits- und wärmeliebende Pflanzen und Tiere. Charakteristische Pflanzen sind Silikatflechten und Krüppelkiefern sowie die angrenzenden Eichen-Birken-Bestände, das bestandsbildened Heidekraut und Magerrasenarten wie Heide-Nelke und Pechnelke. An seltenen Tierarten sind unter anderem Zauneidechse, Schlingnatter und Fledermäuse vertreten.

Mysteriöse Schwingungen

Hintergrund

Mehrere Tage hintereinander hatte bei einer Frau ein im Hausgang aufgehängtes Windspiel in letzter Zeit morgens angeschlagen − obwohl kein Luftzug zu spüren war, niemand im Haus unterwegs war und keine Baustelle in der Nähe für Vibrationen sorgte. Eine andere Frau war eines Nachts Mitte Dezember plötzlich aus dem Schlaf hochgeschreckt. Sie hatte einen Knall gehört und saß daraufhin kerzengerade im Bett. Als sie ins Wohnzimmer kam, spürte sie, dass der Boden zitterte, ihr Galileo-Thermometer vibrierte und sie sah, dass ihr Speiseservice − in hunderten Einzelteilen auf dem Boden verstreut lag. Die beiden Frauen konnten sich die Geschehnisse nicht erklären, vermuteten aber, dass ein Erdbeben die Ursache für das Erlebte sein könnte. In Viechtach und Umgebung wurden allerdings zu dieser Zeit keine Erdbeben registriert.

Aufklärung

Rudolf Stöger, der die Erdbebenstation in Wettzell betreut, und sein Kollege Dr. Joachim Wassermann vom Erdbebendienst Bayern untersuchten das ganze aus wissenschaftlicher Sicht. Und doch ist der Gedanke, dass die Phänomene auf Erdbeben zurückzuführen sind, nach Meinung von Fritz Pfaffl nicht abwegig. Nach einem Fernbeben treffen Wellen der Beben auf den einige hundert Meter in die Tiefe ragenden Pfahl und bringen ihn leicht zum Schwingen. Wer in der Nähe des Pfahls oder in der so genannten Pfahlzone wohnt, könne diese Schwingungen spüren. Ähnliche Vorfälle waren zum beispiel das große Erdbeben in Marokko am 29. Februar 1960. Das Erdbeben der Stärke 5,7 auf der nach oben offenen Richterskala erschütterte das Land an der Atlantikküste. 12.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Stunden später erzitterte die Erde in Moosbach. Die vom Pfahl reflektierten Schwingungen brachten in vielen Häusern Gläser im Schrank zum Klirren. Vor rund 65 Millionen Jahren war auch der Bayerische Wald noch ein Erdbebenherd.

Literatur

Weblinks


Naturschutzgebiete in Niederbayern

Deggendorf: Altlaufsenke, Außernzell/Jederschwing, Deggendorfer Himmelreich, Donaualtwasser Staatshaufen, Donaualtwasser Winzerer Letten, Isaraltwasser Neutiefenweg, Isarmündung, Kleinschwarzach, Runstwiesen/Totenmoos, Schuttholzer MoorDingolfing-Landau: Isarauen Goben, Isaraltwasser Mamming, Rosenau, Vilstal Marklkofen, Walperstettener QuellmoorFreyung-Grafenau: Haidfilz, Hochwald, Mitternacher Ohe, Moorwald Kirchl, Obere Ilz, Saußbachklamm, Urwald am Dreisessel, ZwicklfilzKelheim: Binnendünen Siegenburg/Offenstetten, Goldau, Hirschberg/Altmühlleiten, Klamm/Kastlhäng, Ludwigshain, Mattinger Hänge, Niedermoor, Sandharlander Heide, Schloss Prunn, Schulerloch, Sippenauer Moor, Weltenburger EngeLandshut: Ehem. Standortübungsplatz, Mittlere IsarstauseenPassau: Donauleiten, Halser Ilzschleifen, Vils-EngtalRegen: Bachlerner Moos, Birkenbruchwald Oed, Hof-Pfahl, Großer Arbersee und Arberseewand, Großer Pfahl, Kiesau, Moosbacher Pfahl, Rieslochfälle, Rotfilz, Stockau-Wiesen, Stockwiesen Schollenried, Todtenau, WeißensteinRottal-Inn: Salzachmündung, Unterer InnStraubing-Bogen: Bogenberg, Brandmoos, Buch- und Helmberg, Donauauen Stadldorf, Öberauer Donauschleife, Weiherlandschaft Wiesenfelden