Hans Kapfinger

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Dr. Hans Kapfinger.

Dr. Hans Kapfinger, eigentlich Johannes Evangelist Kapfinger, (* 27. Dezember 1902 in Adldorf; † 28. Juli 1985 in Passau) war ein niederbayerischer Journalist und Verleger. Er war der Gründer der Passauer Neuen Presse sowie der Dr. Hans Kapfinger-Stiftung. Sein Leitspruch war „Recte faciendo neminem timebis“ (Wenn du recht tust, brauchst du niemanden zu fürchten). Er ist Namensgeber der Dr.-Hans-Kapfinger-Straße in Passau.

Leben und Wirken

Studium, berufliche Anfänge

Kapfinger besuchte das Gymnasium Leopoldinum in Passau sowie das Gymnasium im Kloster Schweiklberg. Schon als Schüler am Leopoldinum demonstrierte der Sohn eines niederbayerischen Postbeamten einst seinen wachen Gerechtigkeitssinn. Als sich ein Mann dem Schüler gegenüber beklagte, dass er von Ortsgendarmen mit dem Gewehrkolben geschlagen worden sei, richtete der kleine Gymnasiast eine offizielle Beschwerde an den damaligen bayerischen Justizminister. Der Rektor der Schule musste daraufhin den Schüler verwarnen, der es gewagt hatte, dem Minister zu schreiben.

Nach seiner Schulzeit studierte Kapfinger Philosophie, Geschichte, Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in München. 1927 wurde er mit einer Arbeit über den „Eoskreis 1828 bis 1832“ zum Dr. phil. promoviert. Diese im Folgejahr erschienene Dissertation stellte einen wichtigen Beitrag zur Entstehungsgeschichte des politischen Katholizismus dar. Am Münchner Zeitungswissenschaftlichen Institut arbeitete Kapfinger unter dem bekannten Professor Dr. Karl d’Ester, bevor er 1927 als Redakteur seine erste Anstellung beim Straubinger Tagblatt erhielt. Hier stieg Kapfinger schnell zum Lokalchef und schließlich zum Chefredakteur auf.

Widerstand und Festnahme

Als katholischer, der Bayerischen Volkspartei nahe stehender Journalist hatte Kapfinger schon lange vor 1933 Anti-Nazi-Artikel geschrieben. Bereits in der Gauzeitung der Nationalsozialisten, der „Niederbayerischen Rundschau“, sowie in der „Passauer Wacht“, einem kurzzeitig erscheinenden Naziblatt, das dem hetzenden „Stürmer“ kaum nachstand, wurde er dafür 1930/31 mehrmals als großer Hetzer und Lügner tituliert. und auf die „Abschussliste“ gesetzt – nachzulesen im Stadtarchiv Passau. Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 Reichskanzler geworden war, setzte Kapfinger seinen publizistischen Feldzug fort. Er konnte noch die Nachricht drucken, dass die Nationalsozialisten den Reichstag angezündet hätten, und er forderte, dass die Mitglieder des neuen Reichskabinetts unter Hitler auf ihren Geisteszustand untersucht werden sollten.

Am 4. Mai 1933 organisierte die NSDAP in Straubing eine Demonstration vor dem Druckereigebäude des Straubinger Tagblatts und holte den unbequemen Journalisten aus der Redaktion, führte ihn im Schandaufzug durch die Straßen Straubings. Diese Szene des „lästigen Mahners“ wurde fotografiert und propagandistisch hochgespielt. Es war eine Genugtuung für die Nationalsozialisten, diesen jahrelangen Kritiker mundtot zu machen, ihn zu demütigen und ins Gestapogefängnis zu werfen.

Widerstandsgruppe „Aktion Riemenschneider“

Nach der Entlassung aus der „Schutzhaft“ wirkte Kapfinger unter anderem in der Anzeigenabteilung des St. Otto Verlages in Bamberg. Dort schrieb er ein Buch über „Thomas Morus und John Fischer. Märtyrer der Wahrheit“, in dem er sich unverhüllt gegen die nationalkirchlichen Bestrebungen der Nationalsozialisten und gegen die Gewissensknechtung aussprach. Infolgedessen wurde er erneut von der Gestapo verhört. Kapfinger ging von Bamberg nach Leipzig zum Messamt und wurde auch dort bald „wegen antinationalsozialistischer Gesinnung und wegen Konspiration mit ausländischen Journalisten“ entlassen. 1938 wurde er Redakteur bei der Fachzeitschrift „Deutsche Werbung“ in Berlin,gründete die „Auslandsinformationen“ und schloss er sich der oppositionellen Gruppe „Aktion Riemenschneider“ an. In Berlin fanden ihn schließlich die US-Offiziere der amerikanischen Nachrichtenkontrolle und forderten ihn zur Rückkehr in seine Heimat auf. Kapfinger schlug sich illegal über die grüne Grenze, wurde von den Russen geschnappt, aber schnell freigelassen und fand zunächst bei seiner Mutter Franziska in Reisbach Unterschlupf.

Gründung der Passauer Neuen Presse

Die Lizenz, mit der die amerikanische Militärregierung Dr. Hans Kapfinger die Herausgabe einer Zeitung gestattete, trägt das Datum 5. Februar 1946. Am gleichen Tag erschien Ausgabe Nummer eins der Passauer Neuen Presse, die ersten Exemplare wurden gegen Mittag verkauft.

Siehe Hauptartikel: Passauer Neue Presse

Nicht einmal ein Jahr nach der totalen Kapitulation begann für Kapfinger damit die Zeit, in der er in einer Zeitung für das Lebensrecht des deutschen und bayerischen Volkes eintreten sollte. „Für die bayerische Heimat in der größten Notzeit unseres Volkes mit restlosem Einsatz zu arbeiten“, heißt es im ersten Leitartikel. Es ist überliefert, wie eine Dolmetscherin der amerikanischen Militärregierung ihm auf dem Treppenflur des alten Hauptzollamtgebäudes am Rathausplatz, in dem die Amerikaner residierten, damals sagte: „Sie sind der Einzige, der denen da drinnen die Wahrheit sagt.“ Das fand damals auch der Passauer KPD-Vorsitzende Ludwig Schüttler. Kapfinger fürchtete die Amerikaner nicht, obwohl diese die PNP in den Anfangsjahren noch zensierten. Mehrmals drohten sie mit Lizenzentzug – bis 1949 sprachen sie 21 „Ermahnungen“ aus –, weil er sich nicht scheute, auch Übergriffe der Besatzungsmacht in aller Schärfe aufzuzeigen.

Darüber hinaus unterstützte er viele Menschen finanziell, machte deshalb aber wenig Aufhebens. Er übernahm Patenschaften für junge Menschen, kümmerte sich um ihre Ausbildung und freute sich in aller Stille über ihre jahrzehntelange Dankbarkeit. Er kümmerte sich tatkräftig um Kriegsgefangene, schickte ihnen seine Zeitung z.B. in die britischen Lager. Kurz vor Weihnachten 1947 bedankt sich ein 24-Jähriger überschwänglich aus Ägypten für die über Kapfinger mögliche Verbindung „zur Heimat, zur Zivilisation“. Kapfinger druckte Kontaktannoncen unentgeltlich, schrieb den Gefangenen ermunternde Briefe.

Prototyp des klerikalen Konservativen

Kapfingers kämpferisches Eintreten für konservativ-katholische Werte rief jedoch schnell den Widerspruch liberaler Kreise hervor. Der Verleger galt in Bayern lange Jahre als Prototyp des klerikalen Konservativen. Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre hatte Kapfinger sich auf Willy Brandt eingeschossen, den er bevorzugt mit seinem Geburtsnamen Herbert Ernst Karl Frahm titulierte. Kapfinger wollte den damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin nicht an der Spitze einer Bonner Regierung sehen. Er gehörte zu jenen Zeitungsmännern, die keine Chance ausließen, einen Kanzler Brandt zu verhindern. Kapfinger schlug sich an die Seite Adenauers, der Brandt als „uneheliches Kind“ verunglimpfte und ihn als Emigrant beschimpfte. Wie Brandt darunter gelitten hat, ist seit 2013 im Briefwechsel mit Günter Grass zu lesen, der sich ausführlich auslässt über die Auftritte des Wahlkämpfers Brandts in der Passauer Nibelungenhalle und angesichts Kapfingers Reaktionen darauf von der PNP als „Zentrum der Diffamierungskampagne“ spricht. Gerichtliche Auseinandersetzungen mit der SPD-Spitze um Brandt, Erich Ollenhauer und Carlo Schmid folgten. 1965 kam der stellvertretende SPD-Vorsitzende Herbert Wehner von Bonn nach Passau, um Kapfinger zu bitten, einen Gang zurückzuschalten. Kapfinger befürwortete daraufhin in einem Kommentar immerhin eine Koalition mit der SPD, angesichts der kommenden „schweren Dinge“. Freilich hinderte ihn das nicht daran, weiter mit festen Bandagen sich mit den Sozialdemokraten auseinanderzusetzen.

Als ein Duzfreund des damaligen Bundesverteidigungsministers Franz Josef Strauß musste er mit ihm 1961/62 die sogenannte Fibag-Affäre durchstehen. Strauß wurde vorgeworfen, er habe seinem US-amerikanischen Kollegen Thomas S. Gates die Firma Fibag (Finanzbau Aktiengesellschaft) empfohlen, um in der Bundesrepublik mehrere tausend Wohnungen für die US-Armee zu bauen. An der Fibag waren unter anderem auch Kapfinger und über Friedrich Zimmermann als Treuhänder Strauß selbst beteiligt. Strauß wurde Vorteilsnahme im Amt vorgeworfen, da der befreundete Kapfinger Anteile der Fibag hielt. Horst Möller, der gerade eine überragende Biografie von Strauß vorgelegt hat, arbeitet darin all die „Skandale“ ab, in die Strauß verwickelt war. Sein Fazit: Von den Skandalen sei außer heißer Luft nichts übrig geblieben. Das gilt auch für Kapfinger.

Wirken als Herausgeber

Kapfinger, der 1960 vom Chefredakteurs- in den Herausgeberstuhl gewechselt war, wollte damals auch dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Konkurrenz machen. Mit dem linksliberalen Magazin lieferte er sich heiße Gefechte, die vielfach auch juristisch ausgetragen wurden. 1961/62 gab er in München das Nachrichtenmagazin „aktuell. Deutsches Wochenmagazin“ heraus. Geschäftsführender Redakteur wurde Oskar Hatz, Verlagsleiter war Franz Hofmann. Das Magazin war aufwendig gemacht, liest sich heute wie eine Chronik jener Zeit, allerdings eben von einem dem „Spiegel“ diametral entgegengesetzten Standpunkt. In der PNP erklärte Kapfinger am 8. Juli 1961 unter anderem zum Zweck des Magazins: „SPD-Genossen, jetzt wird zurückgeschlagen.“ Am 17. Juni 1961 erschien die Nullnummer mit Nr. 0/61. Aufgrund finanzieller Probleme war jedoch bereits nach 34 Ausgaben am 25. August 1962 wieder Schluss.

Kapfinger steckte seine Kraft in die Heimatzeitung. Sie war Sprachrohr für Niederbayern und kämpfte für die Interessen ihrer Leser. So war Kapfinger unter anderem beteiligt an der Gründung des BMW-Werks in Dingolfing, am Autobahnbau Regensburg-Suben und an der Gründung der Universität Passau.

Als er am 28. Juli 1985 starb, hinterließ er ein Haus mit der Zielsetzung, Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Zeitung zu erhalten, die Marktwirtschaft zu verteidigen, die christlichen Grundlagen unserer Kultur zu bewahren, die lokale Wirtschaft zu fördern und die Arbeitsplätze zu erhalten.

Familie

Kapfinger war seit 1928 mit Maria Schuberth verheiratet. Sein Sohn Heinz wurde 1934 geboren. 1980 heiratete er seine zweite Ehefrau Edith Berger-Kapfinger.

Kapfinger-Stiftung

Am 9. November 1967 rief Kapfinger die nach ihm benannte Stiftung ins Leben und stellte sie durch Übertragung von Verlagsanteilen auf eigene Füße. Heute wachen sechs Stiftungsräte darüber, dass die Passauer Neue Presse im Sinne ihres Gründungsverlegers weitergeführt wird: „Demokratisch, unabhängig, christlich“ soll diese Zeitung sein und die Interessen Ostbayerns vertreten. Aber die Kapfinger-Stiftung wacht nicht nur – vor allem hilft sie Bedürftigen und fördert Journalistennachwuchs und Kulturelles. Nach dem Tod von Hans Kapfinger führte seine Frau Edith Berger-Kapfinger als Mitglied der Stiftung die Stiftungsinteressen fort.

Siehe Hauptartikel: Dr. Hans Kapfinger-Stiftung

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks