Heilig-Geist-Kirche (Passau)
Die Heilig-Geist-Kirche (eigentlich Heilig-Geist-Spitalkirche) ist eine profanierte Kirche in der Altstadt von Passau (Heiliggeistgasse 8). Ihr gotischer Innenraum ist eine zweischiffige Halle mit architekturgeschichtlich bemerkenswerten Rippengewölben. Eigentümer ist die von der Stadt verwaltete Heiliggeiststiftung. Sie stellt die Kirche für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung, wie sie in erster Linie der Förderverein Heilig-Geist-Kirche organisiert, seit 2014 aber auch für private Anlässe wie Hochzeiten und Geburtstagsfeiern.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Stiftung
Die Heilig-Geist-Spitalkirche wurde im Jahr 1345 von dem Passauer Patrizier Urban Gundacker gestiftet. Die ursprüngliche Anlage zeigte ein Spital alten Typus mit einem kreuzrippengewölbten Kapellenraum und unmittelbar anliegendem Krankensaal. Die Erweiterung vor 1422 brachte ein weiteres mit Sternrippen überwölbtes Schiff nördlich der alten Kapelle sowie den Chor mit sich. Zweischiffigkeit und großzügige Befensterung ist das Besondere an dem bemerkenswerten Kirchenraum. Nach einem Brand von 1512 wurde sie wieder hergestellt. Der spätgotische Raum erhielt eine dem Zeitgeschmack entsprechende Barockausstattung.
Folgen der Säkularisation
Mit der Säkularisation im Jahr 1803 ging die Verwaltung der Stiftung vom Fürstbischof auf die Stadt Passau über. Die Kirche blieb ein halbes Jahrhundert unverändert. Erst Bischof Heinrich von Hofstätter, dem die Kirche besonders am Herzen lag, ließ 1862 bis 1865 eine Purifizierung vornehmen und sie in reinster Neugotik ausstatten. Er bezahlte aus seiner Privatschatulle. Besonders legte er Wert auf Glasgemälde, die er von der Firma Scherer (einer der ersten Werkstätten Bayerns) anfertigen ließ. Auch ließ er zahlreiche Epitaphien aus Rotmarmor aus anderen Kirchen hierher bringen. Die Farbverglasungen der drei Chorfenster der Brüder Scherer wurden im Rahmen von baugeschichtlichen Forschungen von Dr. Markus T. Huber im Herbst 2007 auf dem Dachboden der Kirche wiederentdeckt.
Die Fenstermaßwerke waren 1863 durch Neuschöpfungen ersetzt worden, die sich zumeist an die spätgotsichen Originale anlehnen.
Umbau und Profanierung
Gut 80 Jahre später war man mit der Neugotik völlig unzufrieden und die Stadt entschloss sich zu einem gründlichen Umbau im Stil der 1950er Jahre. 1949 und 1951 wurde die neugotische Einrichtung durch Altargemälde vom Passauer Maler Franz Spann, Figuren von Anton Schuler, Orgelbrüstung mit Kreuzwegdarstellung von der Künstlerin Gretli Fuchs und ein neues schmiedeeisernes Speisgitter ersetzt, die dem Raum einen anderen Charakter verliehen. Die drei Flügelaltäre zeigen das Pfingstgeschehen und die hll. Joseph und Konrad von Parzham. Die aus dem Domchor ausgebaute Orgel wurde auf der Empore und der Nordfassade angebracht. Der Mentor dieser Einrichtung war der Domorganist und Rektor der Kirche Monsignore Max Tremmel.
1989 wurde in der Kirche – die Schulkirche aller umliegenden Schulen war, sich als Andachtsraum großer Beliebtheit erfreute und gerne für Hochzeiten genutzt wurde – der letzte Gottesdienst gefeiert. 1999 bis 2001 wurde die Kirche profaniert. Sie sollte nun ein vielseitig nutzbarer Veranstaltungsraum werden. Der gemeinnützige Förderverein Heilig-Geist-Kirche wurde gegründet, um dieses Ziel zu erreichen.
Am Wandel der Heilig-Geist-Spitalkirche zeigt sich auch der Wandel in der Praxis der Inventarisationen. Eine Untersuchung des Bauwerks und seiner Geschichte im Sommer und Herbst 2007 durch Markus T. Huber erbrachte neue Ergebnisse zu seiner Baugeschichte sowie zur bauhistorischen Bedeutung. Vieles spricht dafür, dass die umfangreiche Baumaßnahme des frühen 15. Jahrhunderts, als man die Kapelle des Spitalgründers zu einer stattlichen zweischiffigen Anlage erweiterte, im Umfeld des Passauer Dombaumeisters Hans Krumenauer entwickelt worden war. Als Sensation gilt ferner die Wiederentdeckung der alten Glasfenster auf dem Dachboden.
Wiederentdeckung der Fenster
Im Herbst 2007 entdeckte Dr. Markus T. Huber auf dem Dachboden der Heilig-Geist-Kirche zwei Holzkisten, worin sich die historischen und verloren geglaubten Glasfenster der Kirche befanden. Es handelt sich um den verschollen geglaubten Bestand an Farbverglasungen der drei historischen Chorfenster, die auf Initiative des Bischofs Heinrich von Hofstätter im Rahmen der Regotisierung der Kirche im Jahr 1860 bei den Brüdern Scherer in Auftrag gegeben worden waren. Die aus Nürnberg stammenden Scherers waren international tätig und schufen unter anderem auch Glasgemälde für den Dom in München. Während des Zweiten Weltkrieges gingen die meisten dieser Fenster verloren. Umso bedeutender ist der Passauer Fund, eines der letzten erhaltenen Werke der Scherer-Werkstatt.
Nach Verschmutzungsgrad und Zustand der Holzkisten zu schließen – diese sind teilweise bereits eingebrochen –, standen sie schon seit langer Zeit auf dem Dachboden der Kirche. Entsprechend schadhaft war auch der Zustand der prachtvollen Fenster mit ihren figürlichen Darstellungen. Die einzelnen Felder bestanden zum Teil nur noch aus Resten verbogener Bleiruten und Scherben. In einer Restaurierungswerkstatt wurden die Teile nun sortiert, gereinigt und feldweise auf einem festen Untergrund wie ein Puzzle zusammengelegt. Die Einzelteile wurden untersucht und in ersten Schritten gesichert. Ab dem 14. September 2008 wurden die Fenster im Rahmen der Ausstellung des Landesdenkmalamts „Inventarisation in der Denkmalpflege“, die in der Heilig-Geist-Kirche gezeigt wurde, erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Umfassende Restaurierung
Nachdem eine umfangreiche Sanierung der Heilig-Geist-Kirche schon lange gefordert, aber stets aus Kostengründen abgelehnt worden war, trug erst die vom 14. September bis zum 31. Oktober 2008 in der Kirche zu sehende Ausstellung des Landesdenkmalamts „Inventarisation in der Denkmalpflege“ einen Teil dazu bei, den Gedanken der Restaurierung wieder präsenter zu machen. Tatsächlich wurde 2013 mit der Sanierung des einstigen Gotteshauses begonnen, das auf diesem Wege auch als Veranstaltungsraum für bis zu 200 Personen nutzbar gemacht wurde. Dazu wurde ab 2013 zunächst der Außenbereich umgebaut, um einen barrierefreien Zugang zur Kirche zu ermöglichen. Die Arbeiten im Innenraum folgten dann im Frühjar 2014. Dabei wurden unter anderem die restaurierten historischen Fenster wieder eingesetzt, eine Zusatzheizung eingebaut und die Orgel wurde ebenfalls aufwändig restauriert.
Im Zuge der Restaurierung wurde hinter einer Holzverkleidung, an der die Kreuzweg-Bilder von Gretli Fuchs hängen, ein zehnteiliger Reliefzyklus aufgedeckt: Es handelte sich um eine seltene Darstellung des „Triumphzuges Christi“. Die Hartgussreliefs wurden 1864 von dem Münchner Bildhauer Fidelis Schönlaub nach Entwürfen des Wiener Historienmalers Joseph Führich für die Neueinrichtung der Kirche geschaffen. Das Relief konnte bei der Restaurierung gereinigt werden und ist seither in monochromer Fassung wieder zu sehen.
Möglich wurde die 670.000 Euro teure Sanierung durch 360.000 Euro Förderung des Landesamts für Denkmalpflege, dessen damaliger Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl sich das Vorhaben zueigen gemacht hatte. Weitere Förderung kam von der Bayerischen Landesstiftung, vom Bezirk Niederbayern, dem Bundesministerium für Kultur und Medien, der Stadt Passau und vom Förderverein Heilig-Geist-Kirche. Die Restaurierung der über 30 Fenster wurden von Sponsoren finanziert: Jeder der Fenster-Paten steuerte 2.000 Euro für die Sanierung bei.
Am 16. März 2016 fand die feierliche Wiedereröffnung der Heilig-Geist-Kirche statt.
Förderverein
In Folge der 2008 in der Heilig-Geist-Kirche gezeigten und überaus positiv wahrgenommenen Ausstellung des Landesdenkmalamts „Inventarisation in der Denkmalpflege“, fassten Hildegunde Brummer und Stadtheimatpflegerin Gisa Schäffer-Huber den Entschluss, einen Förderverein Heilig-Geist-Kirche ins Leben zu rufen. Zahlreiche prominente Passauer wie etwa Fritz Abelein, Evi Buhmann, Michael Geins oder Renate Zehner sicherten ihre Unterstützung zu. So fand am 30. Oktober 2008 die konstituierende Sitzung des Fördervereins Heilig-Geist-Kirche statt. Sein Ziel ist es, die Heilig-Geist-Kirche zu revitalisieren und einer neuen Zweckbestimmung zuzuführen. Bis 2015 durfte der Verein die Kirche dazu mietfrei nutzen. 2016 ging das Mietrecht wieder auf die Heiliggeiststiftung bzw. die Stadt Passau über.
Siehe Hauptartikel: Förderverein Heilig-Geist-Kirche
Weitere Bilder
Literatur
- Markus T. Huber: 500 Jahre Denkmalpflege. Die Heilig-Geist-Spitalkirche in Passau. In: Egon Johannes Greipl (Hrsg.): 100 Jahre Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege 1908-2008. Katalog: Inhalte, Praxis, Schwerpunkte. Regensburg 2008 (S. 127-135)
- Markus T. Huber: Die ehemalige Heilig-Geist-Spitalkirche in Passau. Ein unbekanntes Werk des Dombaumeisters Hans Krumenauer? In: Passauer Jahrbuch Band 52. Passau 2010 (S. 147-175)
- Katharina Ritzer: Historische Fenster der Heiliggeist-Kirche entdeckt. In: Passauer Neue Presse vom 15. August 2008 (S. 43)
- Stefan Rammer: Ein Kleinod, das der Bevölkerung gehört. In: Passauer Neue Presse vom 24. September 2008 (S. 33)
- Michael Koch: Saniert endlich die Heilig-Geist-Kirche! In: Am Sonntag vom 28. September 2008 (S. 6)
- Johann Straßenberger: Ein Förderkreis für die Heili-Geist-Kirche. In: Passauer Neue Presse vom 25. Oktober 2008 (S. 44)
- Laura Lugbauer: Förderverein für Heilig-Geist-Kirche. In: Passauer Neue Presse vom 1. November 2008 (S. 46)
- PNP: Heilig-Geist-Kirche: Instandsetzung kann beginnen. In: Passauer Neue Presse vom 9. Juni 2012
- Gerd Brunner: Einem kleinen Engel ins Gesicht getreten. In: Passauer Neue Presse vom 22. April 2013
- Elke Zanner: Heiliggeistkirche im Frühjahr fertig. In: Passauer Neue Presse vom 8. Januar 2014 (S. 23)
- Julia Ried: Die Apostelfenster sind zurück. In: Passauer Neue Presse vom 26. April 2014 (S. 18)
- Thomas Seider: „Ein Wunder wird wahr.“ In: Passauer Neue Presse vom 7. Juni 2014 (S. 17)
- Peter Morsbach, Irmhild Heckmann, Christian Later, Jörg-Peter Niemeier: Denkmäler in Bayern, Band II.25 Kreisfreie Stadt Passau. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014, ISBN 978-3-7917-2552-9
- Wolfgang Lampelsdorfer: Heiliggeistkirche: Mietvertrag endet am 31. Dezember. In: Passauer Neue Presse vom 25. Februar 2015 (S. 17)
- Christian Karl: Förderverein stellt sich selbst in Frage. In: Passauer Neue Presse vom 11. März 2016 (S. 17)
- Wolfgang Lampelsdorfer : Die Auferstehung eines Passauer Kleinods. In: Passauer Neue Presse vom 18. März 2016 (S. 17)