Hochzeiten im Rottal

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Altersunterschiede waren früher fast normal − auch, wenn die Braut viel älter war als ihr Bräutigam. (Foto: red)

Hochzeiten aus dem Rottal hatten im 18. bis 20. jahrhundert viele Hindernisse und verliefen nicht immer glücklich.

Genehmigung

Die Genehmigung zur Heirat erteilte einst der Magistrat. Wenn nicht genügend finanzielle Sicherheit nachgewiesen werden konnte, verfiel das Gesuch der Ablehnung. Hierbei spielten auch Leumund, Fleiß und Geschick im gewählten Beruf eine wesentliche Rolle. Besonders vielen Dienstboten wurde die Heirat untersagt, um den Kreis dieser unvermögenden Leute, die den Gemeinden zur Last fallen konnten, möglichst klein zu halten.

Es fehlte sicherlich nicht an der Heiratswilligkeit. Die massenhaften Gesuche um Heiratslizenzen bei den zuständigen Polizeibehörden belegen dies. So nimmt es nicht wunder, dass die Zahl der Eheschließungen um ein Viertel zurückging. Später wurden die Ehehemmnisse zwar stark abgebaut, doch nun wirkten sich die Napoleonischen Kriege negativ auf die Zahl der Eheschließungen aus.

Alter

Die meisten Ehen wurden im Alter zwischen 30 und 40 Jahren geschlossen. Ehen unter 20 und über 60 waren eine große Seltenheit. Zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr heirateten mehr Männer und zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr mehr Frauen. So heirateten in der Regel Bauern früher als Bürger, die einen eher in den zwanziger, die anderen in den dreißiger Jahren.

Bei den Bauern waren die Brautleute meist gleichen Alters, bei den Handwerkern kam es häufig vor, dass die Braut um zehn und mehr Jahre älter und schon mehrfach Witwe war. Hier heiratete der Mann in erster Linie das Gewerbe und Meisterrecht. Nicht selten heiratete der Mann eine ältere Frau, die bald starb, um dann eine jüngere zu wählen, die ihn überlebte und nun ihrerseits wieder heiratete. Und meist lagen zwischen Tod und neuer Ehe nur wenige Monate.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind unter den Heiraten in den Rottaler Pfarreien gut ein Viertel, 25 Prozent also, mit einem großen Altersunterschied. Merkwürdig ist dabei, dass die Frauen ebenso oft bedeutend älter als jünger sind, dass sich also die Altersunterschiede auf beiden Seiten die Waage halten.

Abgaben

Wenn eine Person im Markt Kößlarn nach auswärts heiratete, musste sie von ihrem Heiratsgut fünf Prozent in die Marktkasse zahlen. Im Ausdenken von neuen Steuern war man früher schon erfinderisch.

Kuriose Hochzeits-Erlebnisse

Schlecht erging es im Jahre 1775 dem Adstant (Hilfslehrer) Georg Adlmeninger von Kößlarn. Er wollte eine Bürgerstochter heiraten. Vom Rat wurde er abgewiesen, „weil das Dienstl (Arbeit als Orgelaufzieher) nicht so viel trägt, um Weib und Kind ernähren zu können.“

Am 9. Oktober 1892 berichtet die Passauer Donauzeitung: „Eine 76 Jahre alte Austräglerin von Gumping bei Kößlarn fühlte das Bedürfnis, sich zum fünften Male zu verehelichen. Vor einigen Tagen hat sie Hochzeit gefeiert.“

Eine lustige Episode von einem älteren Rottaler Hochzeiter bringt das Bayerische Volksblatt (Ausgabe Griesbach-Rotthalmünster und Kößlarn) vom Jahre 1929, „Der Rottaler Hochzeiter mag nimmer“: Ein Gütler in einem Rottaler Dörfchen (Unteres Rottal), der sich das Heiraten bis in das vorgeschrittene Alter aufgespart hatte, bekam plötzlich Heiratsgelüste und gewann auch das Herz einer Holden. Der schwere Anfang des gegenseitigen Verstehens war längst vergessen. Es war auch nicht schwer, die Schöne zu bewegen, denn wo Geld ist, da sind die Mädchen immer bereitwillig. Kürzlich wurde nun die Trauung festgesetzt, zu der man, um den „Gaffern“ aus dem Wege zu gehen die nahe Kreishauptstadt ausersehen hatte. Sie legten ihren ganzen Stolz darein, mit schönen Pferden und einem sauberen Wägelchen angefahren zu kommen. Aber wie der Teufel überall sein Spiel treibt, so trieb er’s auch hier. Auf dem Wege zur Kirche stürzte aber der ausgerackerte Hochzeitswagen um und die Hochzeitsgesellschaft wurde in den Straßengraben geworfen. Das Malheur ging relativ glimpflich ab. So weit, so gut - oder auch nicht! Denn der Bräutigam erklärte plötzlich kategorisch: „Jetzt mog i nimmer, mit an Unglück geht’s o, mit an Unglück gangats weiter und mit an Unglück hörats auf - na, na, mir gangst!“ Sprachs, und eilte auf und davon. Alles Zureden der empörten Braut, die bereits zwei „Selige“ beweinte, sowie der Hochzeitsgäste war vergebens. Er mochte wirklich nicht mehr. Die enttäuschte Braut musste auf einen neuen Hochzeiter warten.

Hochzeitspech hatte eine schöne Rottalerin im Jahre 1935. Ausgerechnet am Tage des hl. Nikolaus sollte Hochzeit sein. Alles war bereits in froher Andacht in der Kirche. Schüchtern wartete an der Kirchentür der Bräutigam auf die holde Braut, die sich noch etwas leisten musste und deshalb im nahen Knabenschulhaus ein geeignetes „stilles Örtchen oder Häuschen“ ausgesucht hatte. Das altertümliche Schnappschloss war der Braut gänzlich unbekannt, weshalb sie nicht entweichen konnte, trotz aller möglichen Anstrengungen. ABC-Schützen hörten zwar immer ein Gepolter, aber sie fürchteten den Nikolaus und den Klaubauf, liefen fort und ließen die zwei vermutlichen Männer eingesperrt. Unterdessen suchten der Pfarrer und der Mesner und der Bräutigam vergeblich nach der Braut. Man beschloss nun, den Gottesdienst ohne Gegenwart der Frau abzuhalten und ohne Trauung.Endlich, als die Kirche aus war, kamen Jugendliche in das Schulhaus, die den unfreiwilligen Aufenthalt der Braut entdeckten und sie aus diesem Gefängnis befreiten. Nun waltete der Pfarrer seines Amtes und die Hochzeitsfeier, die auf solche Art unterbrochen war, nahm ihren Verlauf.

Literatur