Italienische Künstler in Passau

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Stuckierung im Dom St. Stephan von Giovanni Battista Carlone (Foto: Geisler)

Von italienischen Künstlern stammen viele Kunstwerke in Passau.

Daten & Fakten

Passau verdankt die meisten seiner barocken Kunstwerke einem soziologischen Phänomen des Alpenraumes. In den engen Bergtälern gab es nie genügend Arbeit für alle. Deshalb suchten sich die Tiroler, Schweizer und italienischen Alpenbewohner ihre Arbeit anderswo. Aber sie kehrten immer wieder zurück, im Winter und vor allem im Alter. Ihre Familien ließen sie in den heimischen Bergtälern. Sie arbeiteten als Söldner, Zuckerbäcker, Eisverkäufer oder Holzschnitzer. Jedes Tal hatte seine Spezialität.

In Graubünden im Mesocco ist die Heimat von Viscardi und anderen Baukünstlern, die z.B. in München arbeiteten. Aus Lugano, Bissone, Campione am Luganersee stammen Künstlerfamilien wie Borromini, Bussi Longhena Bernardino Gaggini, Garovaglio oder Tencalla. Letztere alle aus Bissone, einem Dorf, das nicht mehr als 300 Einwohner hatte. Weit größer war das italienische Intelvital, ein zwischen Comer- und Luganersee gelegenes Hochtal, dem seit der Zeit der langobardischen Könige vor allem Bildhauer entstammten. Sie wurden im Mittelalter „Comasken“ genannt. Die Kunstgeschichte nennt sie „Maestri Comacini“. Das Intelvital liegt in der Provinz Como. Einer der berühmtesten war „Antelamo“ der in Pisa zu Ruhm und Ansehen gelangte.

Doch auch im übrigen Italien finden sich Arbeiten der Meister aus dem Intelvital. Bald erhielten sie Aufträge auch aus dem Ausland, vor allem aus Österreich. Es waren nun nicht mehr nur bevorzugt Bildhauer, sondern Bauschaffende aller Sparten, die in vielen Ländern arbeiteten. Es waren Architekten, Festungsbauingenieure, Bildhauer und Maler. Es waren mehr als 2.000 Künstler, die dem Tal entstammten. Sie bildeten Künstlergemeinschaften und arbeiteten im Familienverband. Hervorzuheben sind die Familien Carlone, Canevale, Lurago, Solari, Spazio, Bertoletto und Lalia.

In Passau war nach dem verheerenden Stadtbrand von 1662 nicht nur der Dom St. Stephan zerstört. Es warteten viele Ruinen auf ihren Wiederaufbau. Doch war der Dom St. Stephan die größte Bauaufgabe. Im Deutschland nach dem Dreißigjährigen Krieg waren Künstlerpersönlichkeiten rar. Die Intelveser Meister hatten sich bereits weitum bewährt und vor allem in Österreich und Böhmen Proben ihrer Kunst geliefert. Sie waren bestens organisiert und vereinten in einem Bautrupp alle Gewerke – Maurer, Stuckateur, Bildhauer, Maler. Sie übernahmen den Entwurf und die Ausführung des Baus. Da sie ungeheuer fleissig waren, hielten sie sich auch an strenge Terminpläne.

Städtische Künstler kamen beim Neubau des Doms kaum zum Zuge. Dombaumeister Wolf Sakra und der Maler Ignatius Penol bewarben sich 1664 beziehungsweise 1686 vergeblich um Aufträge. Die einheimischen Handwerksmeister der Stadt Passau beklagten sich, dass so viele ausländische Kräfte beschäftigt würden, besonders „der wälsche Carl Antonio Carlone“, unerachtet er kein Bürger sei

Intelveser Künstler

Carpoforo Tencallas Kuppelgemälde Gottvater in der Engelsglorie im Dom St. Stephan

Carlo Lurago war die hervorragende Gestalt unter allen Intelveser Künstlern. 1615 in Pellio Superiore geboren war er in Wien und Prag zu Ansehen gelangt. Neben Zivil- und Sakralbauten schuf er vor allem Festungsbauten, bevor er mit dem Bau des Doms St. Stephan in Passau vertraut wurde. Das Besondere an dieser Bauaufgabe war die Verschmelzung von Gotik und Barock.

Neben Lurago war besonders der ebenfalls aus dem Intelvital stammende Giovanni Battista Carlone bekannt. Ihm oblag auch die Gesamtbauleitung. Er hatte in österreichischen Klöstern gearbeitet bevor er in Passau tätig wurde. Ihm sind auch die Seitenaltäre zu verdanken. Außerdem arbeitete er in der Studienkirche sowie in verschiedenen Privathäusern. Die Rathaussäle mit ihren Gewölben und schönen Portalen stammen wahrscheinlich von Lurago.

Carlones Mitarbeiter Paolo d’Allio war ebenfalls Stuckateur. Er wirkte am Dom mit und arbeitete in der bischöflichen Residenz. Bruder Bartolomeo und Bruder Diego Francesco Carlone arbeiteten mit und leisteten aber auch eigenständige Beiträge. Die Fresken malten die aus Bissone stammenden Carpoforo Tencalla und Carlo Antonio Bussi.

Auch in der nächsten Generation wirkten Intelveser in Kirchen, Domherrenhöfen und Bürgerhäusern in Passau. Der letzte Stuckateur war Martino Luraghi, der die Waisenhauskapelle ausstattete. Höchst angesehen und von der Bevölkerung verehrt, war Dekan Luraghi in Waldkirchen. Ein Pfarrer, der immer noch im Gedächtnis der Waldkirchener fortlebt. Er gehört zu denen, die hier blieben und in Niederbayern eine neue Heimat fanden.

Literatur

  • Franco Cavarocchi: Die Passauer Domkünstler aus dem Intelvital, in: Der Passauer Dom, Festschrift, Passau 1980