Johann Evangelist Fürst

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Johann Evangelist Fürst, Porträt in seinem Werk Gründungsgeschichte Frauendorfs mit allen seinen Instituten und Zwecken! (1841)

Johann Evangelist Fürst (* 28. Dezember 1784 in Frauendorf, heute Markt Windorf; † 11. November 1846 in München) war ein Publizist und Pionier des Gartenbaus.

Leben und Wirken

Frühe Jahre

Er war ein Sohn des Bauern Michael Fürst und dessen Ehefrau Katharina, geb. Huber. In sogenannten Winkelschulen lernte er Lesen, Schreiben und Rechnen. Nachdem er vor dem Stadtpfarrer von Vilshofen eine Prüfung abgelegt hatte, bekam er ab 1797 beim Stiftskaplan Lateinunterricht als Vorbereitung auf das Gymnasium. Nach einem weiteren Vorbereitungsjahr beim Pfarrer von Aicha vorm Wald trat er in das Passauer Gymnasium ein, wo er an eine geistliche Laufbahn herangeführt werden sollte.

1802 übergab Fürsts Vater seinen Hof an den Sohn Simon, während Johann Evangelists Erbansprüche mit 700 Gulden abgegolten wurden. Er wechselte daraufhin an das Gymnasium in München, trat aber dort bald an das mehr weltlich ausgerichtete Lyceum über. Als er seine Brieftasche verlor und darin Liebesbriefe und -gedichte entdeckt wurden, musste er das Lyceum verlassen, doch der Direktor, der ihn als tüchtigen Schüler schätzte, verschaffte ihm eine Stelle als Hilfsbibliothekar an der Hofbibliothek.

1805 erhielt er eine Anstellung als Beamter bei der Zollverwaltung, und Fürst konnte Barbara („Babet“) Lobwasser heiraten. Er wurde Vater von vier Kindern und stieg bis 1815 zum Hall-Oberbeamten in Straubing auf. Sein Bruder Simon, der im Besitz des bäuerlichen Hofes war und ständig mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, lenkte sein Interesse zunehmend auf die Probleme des Bauernstandes.

Fürst erteilte seinem Bruder verschiedene Ratschläge, wie er den Hof rentabler machen könnte, scheiterte damit aber am Widerstand Simons und dessen Frau. Im August 1816 einigte man sich schließlich darauf, dass Johann Evangelist den Hof in Frauendorf für 4000 Gulden, zahlbar in vier Jahresraten, kaufte.

Fürst als Schriftsteller und Herausgeber

In dieser Situation entschloss sich Fürst, seine Erfahrungen in einem Buch zu verarbeiten, dessen Grundidee die Verbindung von Roman und Lehrbuch war. Es erschien 1816 und erhielt den Titel Simon Strüf, der verständige Bauer im Unterlande Bayern. Eine Familiengeschichte. Darin erkärt der erfolgreiche Bauer Simon in der Rückschau einem Freund, er habe die Ratschläge seines Schwiegervaters, eines pensionierten Lehrers, befolgt und die Landwirtschaft nach den neuen Erkenntnissen umgestellt. Es folgen, eingeflochten in eine spärliche Romanhandlung, ausführliche Unterweisungen hinsichtlich der Anlage eines Hausgartens, eines Obstgartens, über Düngung, Rinderhaltung, Anbau verschiedener Feldfrüchte, für die Bäuerin auch Ratschläge zur Haushaltsführung, Kindererziehung und vieles andere mehr. Das dreibändige Werk endet mit der Schilderung einer fröhlichen Bauernhochzeit.

Schon 1819 erschien die zweite, 1821 die dritte Auflage bei Friedrich Pustet in Passau. Noch zwanzig Jahre später kam das Werk in fünfter Auflage heraus. Ab 1819 editierte Fürst die Bauernzeitung aus Frauendorf, die er bald in Bürger- und Bauernzeitung umbenannte. 1821 gründete er die Praktische Gartenbaugesellschaft in Bayern zu Frauendorf zur Förderung des Gartenbaus. Ab 1823 gab er bei Pustet in Passau die Allgemeine deutsche Garten-Zeitung heraus.

Die Gartenbaugesellschaft erwies sich als großer Erfolg. Die Mitglieder der Gartenbaugesellschaft waren weniger Bauern als Adelige, Gutsbesitzer, Höhere Beamte, Pfarrer, Ärzte, Apotheker, Lehrer und Gewerbetreibende, also Hobbygärtner, die über genügend Dienstboten verfügten, um die Gartenarbeiten verrichten zu lassen.

Fürsts Bemühungen wurden vom Staat unterstützt, der ihm auch die Genehmigung für eine eigene Druckerei in Frauendorf erteilte. Ab 1829 gab er mit Der Obstbaum-Freund eine neue Zeitschrift heraus, die Fürsts besonderes Interesse, den Obstbau, zum Thema hatte. 1844 legte er seine drei Zeitschriften zu einer zusammen, den Vereinigten Frauendorfer Blättern.

Fürst in Frauendorf

Inzwischen war Fürst bereits 1820 pensioniert worden, so dass er sich neben seiner publizistischen Tätigkeit auf seinen Musterbetrieb in Frauendorf konzentrieren konnte, den er um einen hinzugekauften Hof erweiterte. Er zog von Straubing nach Vilshofen und stellte mit Herbert Diecker einen hochqualifizierten Obstbaufachmann ein. 1821 schloss Fürst seine zweite Ehe mit Therese Sailer. 1824 ließ er sich mit seiner Familie in Frauendorf nieder.

Außer den verschiedenen Obstsorten gab es in Frauendorf Gärtnereiprodukte wie Rosen, Ziersträucher, Blumen- und Gemüsesamen, Pflanzkartoffeln, Saatgetreide, Forstpflanzen und vieles andere mehr zu beziehen. Im Katalog von 1841 sind nicht weniger als 1492 Apfelsorten, 864 Birnensorten, 297 Kirschensorten und 172 Zwetschgensorten angeboten, ferner 581 Rosenarten und zahlreiche Beeren-, Zierstrauch-, Gemüse- und Blumenarten. Zeitweise waren 150 Personen in Frauendorf beschäftigt, davon etwa 50 ständig. Ein Speditionsunternehmen in Vilshofen führte die Transporte durch.

1830, als bereits 12000 Gulden Hypotheken auf seinem Besitz lagen, sollte Fürst mit der Rückzahlung des zinslosen Darlehens von 1000 Gulden beginnen, das er zur Errichtung seiner Druckerei vom Staat erhalten hatte. 1840 war nur noch ein privates Darlehen zurückzuzahlen und eben das staatliche. Am 25. Juni 1844 verwüstete ein Orkan mit Hagelschauer Fürsts Betrieb, wobei ein Schaden von 15000 Gulden entstand.

Mit Hilfe von Spenden seiner treuen Vereinsmitglieder konnte er den Betrieb wieder aufbauen. 1846, als Frauendorf sich gerade wieder zu erholen begann, erkrankte Fürst schwer und begab sich nach München zu seinem Sohn, dem Arzt Karl August Fürst, wo er starb.

Seine Söhne führten das Unternehmen fort und errichteten das schlossartige, noch heute vorhandene Wohngebäude in Frauendorf. 1920 erlosch mit Willibald der Name Fürst in Frauendorf. Seine drei Töchter ließen den Besitz 1929 versteigern.

Literatur

  • Raimund Maier: Johann Evangelist Fürst und die Praktische Gartenbaugesellschft in Bayern, in: Der Bayerische Wald, 21. Jahrgang (Neue Folge), Heft 1+2 / Dezember 2008
  • Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2 (S. 231)