Kirche Maria Himmelfahrt zu St. Leonhard (Aigen)

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Die Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt zu St. Leonhard in Aigen am Inn
Grundriss der Wallfahrtskirche
Fresko einer Taufszene (Foto: Diet)

Die Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt zu St. Leonhard ist eine Wallfahrtskirche der Pfarrei Aigen am Inn in Aigen am Inn, einem Ortsteil der Gemeinde Bad Füssing im Landkreis Passau.

Geschichte

Ursprünglich stand hier eine Holzkapelle mit einer angeblich vom Inn angeschwemmten Leonhardsfigur. Die Ketten des Patrons der Gefangenen und Geisteskranken wurden im süddeutschen Raum, möglicherweise von Aigen ausgehend, als Viehketten gedeutet und machten ihn zum Patron der Haustiere.

Um 1270 wurde ein romanisches Gotteshaus errichtet. Das jetzige Langhaus wurde nach 1450 unter Beibehaltung des romanischen Südturms erbaut. Das nach Osten vorgeschobene Presbyterium und der Westturm entstanden um 1500. Der unbekannte Baumeister dürfte den zeitgenössischen Baumeisterschulen von Braunau und Burghausen angehören. Die Kirche wurde 1647 mit barocken Fenstern versehen. Die jetzige barocke Ausstattung entstand hauptsächlich in den Jahren 1670 bis 1680.

Als Wallfahrtsseelsorger wirkte im 19. Jahrhundert der Benefiziat Xaver Dullinger, den der junge Johann Birndorfer hier von 1840 bis 1849 fast jede Woche aufsuchte. Die Wallfahrt, der Leonhardiritt und auch das Würdinger-Schutzen werden am Fest des hl. Leonhard um den 6. November bis heute praktiziert.

Beschreibung

Äußeres

Der gewaltige, 60 Meter hohe Westturm mit seinem spitzen Helm ist weithin sichtbar. Damit ähnelt er den Türmen von anderen spätgotischen Wallfahrtskirchen der Gegend (Schildthurn, Grongörgen, Taubenbach), deren überdimensionale Türme die Wallfahrer auf den letzten Kilometern zum Ziel geleiteten.

Der siebengeschossige Turm verjüngt sich nach oben in drei achteckigen Geschossen, den Abschluss bildet ein 19 Meter hoher Spitzhelm. Im Untergeschoss hat der Turm eine Vorhalle, durch die man beim Leonhardiritt problemlos hindurchreiten konnte.

Von der romanische Kirche stehen noch der Südturm und die Südmauer des Kirchenschiffs, wie ein dort erhalten gebliebenes Rundbogenfensterchen beweist. Nur die spitzbogigen Fenster des Chors sind spätgotisch, die Fenster des Kirchenschiffs stammen aus dem Jahr 1647.

Inneres

Die durch Innenpfeiler zweischiffige Hallenkirche hat ein relativ niedriges Langhaus und einen höheren Chor. Beide besitzen ein Netzgewölbe. Die in der Barockzeit nach Osten erweiterte Empore im westlichen Langhaus ist vierjochig unterwölbt und mit Rippenkreuzgewölbe versehen.

Alte Wandmalereien im Chor berichten aus dem Leben des Kirchenpatrons. Barocke Ölgemälde an der Emporenbrüstung zeigen ebenfalls Wundertaten Leonhards. Auf dem einen umschließt St. Leonhard mit einer Kette die ganze Gemeinde mit Pfarrer und Hofmarksherrschaft. Auf dem zweiten Bild berührt Leonhard das Schwert des Scharfrichters und bewahrt dadurch den Delinquentern vor der Hinrichtung. Auf einem weiteren Bild löscht er einen Hausbrand. Auch einem Sterbenden steht er bei, aus dessen Bettstatt die Teufel weichen.

An dem mitten im Raum stehenden Mittelpfeiler befindet sich der 1655 entstandene Altar des Kirchenpatrons. Er enthält in seinem Schrein eine Leonhardsfigur von um 1430/40, die als das eigentliche Gnadenbild verehrt wird. In der einen Hand hält der in eine Mönchskutte gekleidete Einsiedler von Limoges den Hirtenstab, in der anderen Ketten.

An einem anderen Pfeiler steht auf einem Postament eine weitere Leonhardsfigur. Sie stammt aus dem späten 15. Jahrhundert und stellt den Heiligen als festlich gekleideten Abt dar. Eine Figur des hl. Stephanus mit reich gemustertem Gewand stammt aus der Zeit um 1500.

Der barocke Hochaltar des Passauer Bildhauers Joachim Thomass von 1646 ist unter dem höheren Chorgewölbe plaziert. Das Altarblatt mit der Himmelfahrt Mariens und dem hl. Leonhard im Vordergrund sowie das Bild von der Hl. Dreifaltigkeit im Aufzug stammt vermutlich von dem Passauer Maler Mathias Lettenpichler. Daneben stehen die lebensgroßen Johannes der Täufer und der seine eigene Haut tragende St. Bartholomäus. Als Maler der vergoldeten Fassung gelten Friedrich Scheyrer und Georg Urtlmayr aus Passau.

Die anderen Altäre stammen aus dem späteren 17. Jahrhundert. Der Kredenzaltar enthält ein Altarblatt mit der Hl. Familie, als Seitenaltäre dienen der Antoniusaltar (rechts) und der Sebastiansaltar (links), gemalt von Sebastian Haas von Griesbach im Jahr 1837. Vorn im Chor rechts ist ein Bildnis der hl. Ottilie von um 1510 bis 1520 zu sehen. Sie hält ein Buch in der Hand, auf dem zwei Augen liegen. Die elsässische Herzogstochter soll durch die Taufe sehend geworden sein und wird bei Augenkrankheiten angerufen. Über dem Südportal ist die Szene von St. Martin mit dem Bettler zu sehen.

Votivgaben

Im Untergeschoss des Südturms werden Votiv- und Opfergaben aufbewahrt. Die beim Würdinger-Schutzen benutzten fünf Eisenfiguren aus dem 16. Jahrhundert sind die größten erhalten gebliebenen Eisenvotive, die von Wallfahrern am Altar der Kirche niedergelegt wurden. Diese Würdinger sind vermutlich Votivgaben der Edlen von Würding.

Die größte davon stellt einen gerüsteten Ritter dar. Sie ist 78 Zentimeter hoch und 145 Kilogramm schwer und hat den Namen Männerlienel, da sie nur von starken Männern gehoben werden kann. Die anderen heißen Weiberlienel (48 Zentimeter hoch und knapp 50 Kilogramm schwer), Kolmänndl, Ranagl, und Gwandzerreißer. Der einst noch viel größere Bestand an den für Aigen charakteristischen Eisenvotiven (Gänse, Schweine, Rinder, Pferde) findet sich verstreut in vielen Museen und Sammlungen.

Literatur

  • Dionys Asenkerschbaumer, Alois Brunner, Ludger Drost, Andreas Paul: Kleinodien · Kostbarkeiten · Kuriositäten. Entdeckungsreisen im Bistum Passau. Herausgeber: Bischöfliches Ordinariat Passau, Verlag Passauer Bistumsblatt, Passau 2011, 2. Aufl. 2012, ISBN 978-3-9813094-3-0
  • Georg Lohmeier: Kunst-Kuren im Dreibäderland, München, 1987, ISBN 3-9801631-0-5
  • Gottfried Schäffer, Gregor Peda: Wallfahrten im Passauer Land, Pannonia-Verlag Freilassing 1978, ISBN 3-7897-0069-X
  • Hanns Weber, Gregor Peda: Rottaler Bäderdreieck. Verlag Schnell & Steiner, München · Zürich 1985, ISBN 3-7954-0495-9
  • Susanne Hansen (Hg.): Die deutschen Wallfahrtsorte. Ein Kunst- und Kulturführer zu über 1000 Gnadenstätten, Pattloch Verlag, Augsburg 2. Aufl. 1991, ISBN 3 629 00005 3
  • Marianne Mehling (Hg.): Knaurs Kulturführer in Farbe. Niederbayern und Oberpfalz, Droemer Knaur, München 1995, ISBN 3-426-26647-4