Leonhard Kaiser

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Gedenktafel für Leonhard Kaiser in der evangelischen Stadtpfarrkirche St. Matthäus in Passau.

Leonhard Kaiser, auch Käser, Keysser, Keser (* um 1480 in Raab/Innviertel; † 16. August 1527 in Schärding) war ein katholischer Geistlicher, der wegen Ketzerei hingerichtet wurde.

Leben und Wirken

Die Vikariatszeit

Kaiser studierte um 1500 an der Universität Leipzig, erlangte dort das Baccalaureat der Theologie und wurde in Passau zum Priester geweiht. Ab 1517 war er Pfarr- und Seelsorgevikar in Waizenkirchen im Hausruckviertel in Vertretung des Pfründeinhabers, des Passauer Domherrn Dr. Paulus Perger. Das Gebiet gehörte damals zum österreichischen Teil des Bistums Passau, und es war üblich, dass der Pfründeinhaber die Pfarrgeschäfte gegen Entgelt dem Vikar überließ.

Zu dieser Zeit breitete sich nicht zuletzt in den oberösterreichischen Städten die Theologie Martin Luthers aus, und Kaiser war einer von denen, die in diesem Sinne predigten. Die Geistlichen Oberösterreichs bestimmten ihn am 4. Januar 1524 in Linz zu einem der Überbringer eines Protestes an den Bischofsadministrator Ernst Herzog von Bayern gegen eine Sondersteuer auf ihr Einkommen. Noch 1524 wurde Kaiser von seinem unmittelbaren Vorgesetzten Dr. Paulus Perger als ein „Lutherischer“ angezeigt. Nach Passau vorgeladen, gelobte er, „der lutherischen Lehre, Bücher und Gesellen müßig zu gehen.“ Seine Verwandten erreichten, dass er nach drei Tagen aus der Gefangenschaft entlassen wurde und auf seinen Posten zurückkehren konnte. Doch der bereits etwa 40-jährige Kaiser immatrikulierte sich nun am 7. Juni 1525 an der Universität Wittenberg, wo er Luther und Melanchthon hörte.

In Haft

Als Ende 1526 sein Vater auf den Tod erkrankte und den Sohn noch einmal zu sehen wünschte, kehrte Kaiser zwei Stunden vor dem Tod seines Vaters nach Raab zurück. Auf eine Anzeige des Pfarrers von Raab und des Stiftspropsts von Suben hin wurde er durch die bayerischen Behörden gefangengenommen und am 9. März 1527 auf die Veste Oberhaus überführt.

Nach zwei Wochen wurde er im Beisein eines Notars durch die Domherren Dr. Rammelsbach, Dr. Rosin und Dr. Fröschl verhört. Später kam auch der Administrator selbst hinzu. Kaiser musste sich einer Vielzahl von Fragen stellen, die als wichtige Differenzpunkte zwischen der lutherischen und der katholischen Lehre galten. Da Kaiser von Oberhaus aus mit seinen Verwandten und Freunden im Briefverkehr stand, wurde sein Schicksal mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Der Kurfürst Johann von Sachsen, der Markgraf Casimir von Brandenburg und die angesehensten Adeligen Oberösterreichs baten in Briefen den Bischofsadministrator, Kaiser freizulassen.

Dessen ungeachtet folgte Verhör auf Verhör. Am 17. Juli, einen Tag vor der auf den 18. Juli festgelegten Verhandlung, wurde erstmals seinen Verwandten der Zugang zu ihm gestattet. Gleichzeitig erschien aber auch, begleitet vom Abt von Kloster Aldersbach, der als entschiedener Gegner Luthers bekannte Dr. Johann Eck von der Universität Ingolstadt bei ihm. Eck führte eine Disputation mit Kaiser, die ohne Ergebnis blieb.

Am Morgen des 18. Juli wurde Kaiser mit dem Häftling Vischer zusammengefesselt und vom Oberhaus herabgeführt. Am Domplatz vor dem Kapitelhaus, dem späteren Lambergpalais, fand im Freien vor den Augen zahlreicher Bürger die Verhandlung statt, die Herzog Ernst selbst leitete, assistiert von zwei Weihbischöfen aus Passau und Regensburg, fünf Äbten und Pröpsten aus dem bayerischen Teil der Diözese, vier Passauer Domherren, dem Dekan Antonius von Ingolstadt und dem dortigen Professor Dr. Johann Eck. Ein Prokurator (Verteidiger) stand Kaiser zur Seite.

Die Verurteilung

Zu Beginn der Verhandlung wurde Kaiser das Angebot der Gnade bei Widerruf gemacht. Dieser hingegen berief sich auf die Heilige Schrift. Danach wurde in lateinischer Sprache die Anklageschrift verlesen. Kaiser habe sich gegen die Bannbulle Papst Leos X., gegen das Wormser Edikt und gegen die Regensburger Ordnung verfehlt und Eidbruch begangen. Auf Kaisers Verlangen legte man ihm die einzelnen Artikel vor, die er mehrmals ausführlich kommentierte, bis er vom Offizial unterbrochen wurde. Danach versuchte der Prokurator noch einige Einreden, bis Herzog Ernst von einem Zettel das Urteil verlas: Degradation und Auslieferung an die weltliche Gewalt.

Kaisers folgende Bitte um Milde wurde nicht beachtet, sondern es begann sofort der erste Teil des Vollzuges. Kaiser wurden die Paramente eines die Heilige Messe feiernden Priesters angelegt, die ihm dann der Weihbischof Stück für Stück unter rituellen Verfluchungen abnahm. Nachdem ihm zuletzt die Tonsur zerstört worden war, wurde ihm ein alter Kittel angetan und die schwarze Ketzermütze aufgesetzt. Sodann überließ man ihn dem Stadtrichter, der ihn ebenso wie den Mitgefangenen Vischer nach Oberhaus abführte.

Die Hinrichtung

Die Verbrennung von Leonhard Kaiser in Schärding auf einem anonymen Flugblatt.

Kaiser wurde nun an Herzog Ernsts Bruder, den Herzog Wilhelm IV. von Bayern ausgeliefert, da er in dessen Land geboren und gefangengenommen worden war. Dessen Befehl zur Hinrichtung Kaisers war schon vor dem 1. August bei dem Landrichter von Schärding Christoph Frennckhinger eingegangen. Frennckhinger erschien am 11. August auf Oberhaus, um Kaiser abzuholen. Er wurde gebunden, auf ein Pferd gesetzt, dort mit Ketten befestigt und in die Schergenstube von Schärding gebracht. Kaiser wirkte ruhig und gefasst. Als der Henker von Burghausen eintraf, war endgültig klar, dass Kaiser ohne jedes Gerichtsurteil hingerichtet werden würde.

Kaiser verfasste daraufhin sein Testament. Am Freitag, den 16. August holten ihn die zwei Henker und ihre Knechte im Amthaus ab und führten ihn gebunden die Stadt hinaus zum Richtplatz auf dem „Gries“, einer ufernahen Kiesbank im Inn. Bevor man zu der kleinen Insel übersetzte, nahm Kaiser Abschied von seinen Verwandten. Am Richtplatz angekommen, sprach er Worte der Verzeihung, insbesondere für diejenigen, die ihn hierhergebracht hatten. Er bat das Volk, für seine Widersacher zu beten und für ihn zu bitten, dass er in einem festen christlichen Glauben sterbe. Zuletzt betete er für diejenigen, die noch nicht erleuchtet seien.

Vom Landrichter aufgefordert, legte er selbst seine Kleider ab, bestieg den Scheiterhaufen und legte sich in eine Vertiefung darin. Als er festgebunden wurde, forderte er die Leute auf, beim Anzünden des Holzstoßes das Lied „Komm, Heiliger Geist“ zu singen, was auch befolgt wurde.

Nachwirkungen

Bald nach Kaisers Verbrennung erschienen Flugschriften, in denen unter anderem behauptet wurde, das Holz des Scheiterhaufens und der Leib des Festgebundenen hätten dem Feuer widerstanden. Herzog Wilhelm ließ deshalb durch Johann Eck einen detaillierten Bericht des Landrichters Frennckhinger über Kaisers Verbrennung veröffentlichen, die ohne besondere Vorkommnisse gewesen sei.

Martin Luther verfasste daraufhin, gestützt auf Kaisers Verwandte, Augenzeugenberichte und Kaisers Testament Ende 1527 eine eigene Dokumentation mit dem Titel „Von Er, Lenhard Kaiser in Bayern um des Evangelii willen verbrandt eine selige Geschicht“.

In Schärding erinnert eine 1927 am Inn errichtete Gedenktafel an Leonhard Kaiser, und in der Stadt gibt es einen Leonhard-Kaiser-Weg. In Passau erinnert an ihn eine Gedenktafel in der evangelischen Stadtpfarrkirche St. Matthäus.

Literatur

Weblinks

Dies ist ein ausgezeichneter Artikel.
Diesem Artikel wurde am 16. Januar 2011 das Prädikat „Ausgezeichneter Artikel“ verliehen.