Leonhard Paminger

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Leonhard Paminger. Text der lateinischen Umschrift: ISTA LEONARTI PAMINGERI EFFIGIES EST / CORPORE PRAESTANTIS INGENIOQVE VIRI / QUI BENE CHRISTICOLA DE POSTERITATE MERENDO / VESTIIT HARMONICIS DOGMATA SACRA MODIS. Deutsch: „Dies ist ein Bild Leonhard Pamingers, / eines Manns sich auszeichnend durch Gestalt und Begabung, / der mit Verdienst um die christgläubige Nachwelt / die heiligen Glaubenslehren in harmonische Musik gekleidet hat.“

Leonhard Paminger, auch Päminger, (* 29. März 1495 in Aschach; † 3. Mai 1567 in Passau) war Komponist und Schulmann. Seine Söhne Balthasar, Sophonias und Sigismund waren ebenfalls Komponisten und Schulmänner.

Leben und Wirken

Frühe Jahre

Leonhard Paminger wurde am 29. März 1495 in Aschach geboren. Sein Vater Andreas Paminger war dort Ratsherr und stand im Dienst der Grafen von Schaumburg. Seit dem 10. Lebensjahr besuchte Leonhard eine Schule in Wien. Später hatte er eine tiefe Bassstimme und spielte Harfe, Laute sowie Flöte. So konnte er zeitweise in der Sängerkapelle im Stephansdom mitwirken. 1498 hatte Maximilian I. dort die Hofmusikkapelle (heute: Wiener Sängerknaben) mit sieben Sängern institutionalisiert. Der geistliche Leiter der Kapelle war der musikkundige slowenische Priester und spätere Bischof von Wien, Georg Slatkonia (1456-1522). In ihm muss man einen maßgeblichen Förderer von Paminger sehen. 1513 ist Pamingers Immatrikulation in Wien belegt, mit dem Zusatz: „Excellens musicus et componista“ – ausgezeichneter Musiker und Komponist.

1517 kam Paminger in das Augustinerchorherrenstift St. Nikola – heute Kloster der Deutschordensschwestern und zugleich Kernbau der Universität Passau, damals eine kleine Hofmark, am Ende von Bayern gelegen und den bayerischen Herzögen untertan. Trotzdem bezeichneten sich die Paminger später immer als „Patavini“ – als Passauer. Fünfzig Jahre, bis zu seinem Tode, wird Paminger bei den weißen Chorherren bleiben. Er diente dem Kloster zunächst als Schulgehilfe, dann ab 1529 lang als Leiter der kleinen Klosterschule. Später, etwa ab 1550, titulierte Paminger als Sekretär oder Kanzler des Stiftes; die Schule führten andere Schulmeister. Der Rektor der Amberger Schule, Georg Bauer (Agricola), teilte 1567 in seinem umfangreichen Kondolenzschreiben mit, Paminger habe im Laufe seines Lebens zweihundert Schüler unterrichtet. Damit traten pro Jahr etwa sechs Chorknaben des Stifts in die Schule ein.

Familiengründung

Um 1520 heiratete Paminger seine erste Frau Elisabeth Agnes; sie bekamen sieben Kinder. Alle Mädchen – Regina, Benigna, Dorothea und Veronika – starben im Kindesalter. Um 1522 wurde der Sohn Balthasar geboren, den mit elf Jahren ein bemitleidenswertes Schicksal traf: Ihn befiel eine spastische Lähmung und eitrige Geschwüre traten lebenslang an seinem ganzen Körper auf. Von ihm sind Dichtungen und Kompositionen überliefert; er starb 1546. 1526 wurde Sophonias geboren, 1539 der dritte Sohn Sigismund. 1557 starb Pamingers Frau. 1562 heiratete er eine Witwe namens Barbara, die er aber bereits 1564 zu Grabe tragen musste.

Bekenntnis zum Protestantismus

Wie Stiftspropst Thomas Guner bekannte sich Paminger zum Protestantismus und wurde ein persönlicher Freund von Martin Luther und Philipp Melanchthon. Anlässlich des Regensburger Religionsgesprächs 1541 versuchte er, Melanchthon durch die Zusendung einer eigens für ihn zu diesem Anlass komponierten Motette in einer luthernahen Position zu stärken – vergebens. Melanchthons Einigung mit Calvin, demnach Brot und Wein nur noch Zeichen der geistlichen Gemeinschaft seien (Realkommunion statt Realpräsenz) lehnte Paminger ebenso wie Luther, der an der örtlichen Gegenwart Christi festhielt, entschieden ab. Da Paminger in seiner Schrift „von den Corruptelen und Irrtümern ... das hl. Abendmahl belangend“ den Calvinismus als Sekte scharf verurteilt hatte, war er für spätere reformatorische Kreise, die im Luthertum nur eine Vorform des wahren reformatorischen Handelns sahen, als orthodoxer Lutheraner gekennzeichnet. Martin Luther und Paminger kannten sich: so schickte ihm Luther seinen Kommentar zum Galaterbrief (1538) mit einer persönlichen Widmung: „Paminger zu eigen, Gewissenhafter Lehrer der jungen Christen und als Musiker unter den Ersten zu rühmen.“

Mit dem Passauer Vertrag 1552 und schlussendlich im Augsburger Religionsfrieden 1555 wurde die dauerhafte und freie Religionsausübung sowohl für Katholiken als auch für Lutheraner festgeschrieben. Gleichzeitig trat aber auch die Vereinbarung in Kraft, dass, um die kulturelle Einheit eines Gebietes zu sichern, die Landesherren die Religion ihrer Untertanen bestimmen konnten. Ab 1556 setzte der bayerische Herzog diese Regelung in seinem Territorium, 1557 auch in St. Nikola, durch. Für die treu lutherische Familie Paminger ist es das „Annum fatalem“: Die beiden Schulmeistersöhne Sophonias und Sigismund mussten auswandern.

Pamingers Bekenntnis zum Protestantismus kostete ihn später die Stellung als Rektor der Klosterschule. Spätestens unter Bischof Urban von Trennbach, also ab 1561, geriet Paminger, der äußerlich immer als Katholik zu gelten hatte, in Gewissenskonflikte. Der Laienkelch, dem der Bischof zurückhaltend gegenüberstand, war für Paminger ein zentrales christliches Zeichen. Darum sorgte er sich, ob er in seiner Sterbestunde das Sakrament in der für ihn richtigen Art und Weise erhalten konnte. Es scheint ihm gewährt worden zu sein. Nach seinem Tod im hohen Alter von 72 Jahren am 3. Mai 1567 bestanden seine Söhne auf einer nicht-katholischen Bestattung. Paminger wurde „ad sepulchrum S. Nicolai“ beerdigt. Seine genaue Grabstätte ist nicht bekannt.

Nach dem Tode Leonhard Pamingers bringen die Söhne in einem Akt tiefer Verehrung für den Vater dessen literarische Werke umgehend zum Druck. Obwohl stilistisch längst aus der Zeit gefallen, ediert Sophonias in den Jahren 1573 bis 1580 etwa 700 kirchenmusikalische Vokalwerke in vier Bänden, die „Cantiones ecclesiasticae“, geschmückt mit einem Porträt von Paminger. Die Familie hat ein sprechendes Wappen: ein Baum (Bäm/Bäminger) auf dem Dreiberg mit zwei Sternen. Vor Paminger liegt sein Komponierwerkzeug, die „tabula compositoria“. Darauf sind zehn horizontale Notenlinien, die „scala decemlinealis,“ eingeritzt. In sie wurden alle Stimmen eingetragen.

Kompositionen

Paminger, der fruchtbarste Komponist der Passauer Musikgeschichte, war ein wichtiger Komponist des frühen Protestantismus. Er hinterließ etwa siebenhundert kirchenmusikalische Vokalwerke, darunter die fast vollständige Vertonung des Psalters. Sein Stil steht in der Tradition Josquin des Prés und der deutschen Cantus firmus-Kunst. Als erster legte er einer Messe einen evangelischen Choral (Bewahr mich Herr) zugrunde. Den Hauptbestand seiner Werke bilden die lateinischen Motetten für vier bis sechs und mehr Stimmen in dem monumentalen Sammeldruck der Ecclesiasticae cantiones (4 Bände). Heute stehen Pamingers Werke frei zugänglich im Netz, digitalisiert von der Bayerischen Staatsbibliothek.

Aus mehreren Gründen werden Pamingers Werke bis heute kaum gesungen. Die eindeutige Orientierung der Werkausgabe seines Sohnes Sophonias an die lutherische Agende machte sie für den katholischen Bereich indiskutabel. Einem Gebrauch im evangelischen Gottesdienst stand die fast ausschließlich verwendete lateinische Sprache im Wege. Aber auch gesanglich ist die Musik Pamingers für die Praxis üblicher Kirchenchöre durchgängig zu schwer, sie ist nur mit geschulten Sängern zu realisieren. Damit steht sie quer zum bürgerlichen Freizeit-Chorwesen, entsprechend gering war und ist deshalb die Rezeption seiner Werke.

Würdigung

Bei der Enthüllung der Gedenktafel am 3. Mai 2017 in der Kirche St. Nikola.

Leonhard Paminger ist Namensgeber der Leonhard-Paminger-Straße in Passau, nach der auch das dortige Studentenwohnheim benannt ist.

Am 3. Mai 2017, seinem 450. Todestag, wurde Paminger unter den Augen zahlreicher geistlicher Würden- und politischer Entscheidungsträger gewürdigt. Zusammen mit Oberbürgermeister Jürgen Dupper und dem Leiter des Bereichs Hochbaus des Staatlichen Bauamts, Norbert Sterl, enthüllten der ehemalige Kirchenmusikdirektor Heinz-Walter Schmitz und dessen Nachfolger Dr. Marius Schwemmer eine Gedenktafel in der Vorhalle der Kirche St. Nikola. Gefertigt ist die Tafel aus demselben Kalkstein, der auch für Arbeiten am Passauer Dom verwendet wird. Gestaltet wurde sie von Jérôme Michel Zahn und Leopold Hafner. Den Auftrag ausgeführt hat der Steinmetz und Bildhauer Sebastian Wimmer, der sich mittelalterlicher Steinmetztechniken bediente, um die Inschrift und das Antlitz Pamingers angemessen darzustellen.

Literatur

Weblinks