Ortenburg und Oberösterreich — 450 Jahre Reformation in Ortenburg

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Ortenburg und Oberösterreich — 450 Jahre Reformation in Ortenburg war im Jahre 2013 eine Sonderausstellung im Evangelischen Museum Oberösterreich in Rutzenmoos bei Regau im Hausruckviertel. Sie bildete die Begleitausstellung zur Reformationsausstellung in Ortenburg.

Über die Ausstellung

Im Ortskern von Rutzenmoos gibt es noch ein ungestört erhaltenes Ensemble von evangelischer Kirche mit Pfarrhaus und Schulgebäude. Darin wurde auf Initiative des damaligen Superintendenten Mag. Hansjörg Eichmeyer im Jahre 2000 das Evangelische Museum Oberösterreich eröffnet. Museumsleiterin ist heute Ulrike Eichmeyer-Schmid.

Die Sonderausstellung trug den Titel Ortenburg und Oberösterreich sowie den Zusatz 450 Jahre Reformation in Ortenburg. Die Ausstellung beschäftigte sich mit Ortenburg und seiner Bedeutung im 17. und 18. Jahrhundert für die Geheimprotestanten im heutigen Oberösterreich. Das bedeutendste Ausstellungsstück waren die sogenannten Ortenburger Ratschläge von 1756. Darin wurden von einem unbekannten evangelischen Pfarrer aus Ortenburg Verhaltensregeln an die Geheimprotestanten gegeben, sodass diese nicht entdeckt werden konnten.

Die Sonderausstellung wurde von Konsulent Mag. Günter Merz und Ingomar Reimer gestaltet. Sie war vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2013 jeweils von Donnerstag bis Sonntag (10 bis 12 und 14 bis 18 Uhr) geöffnet.

Eröffnungsfest

Wenige Tage nach dem Eröffnungsfest der Hauptausstellung in Ortenburg wurde am 1. Mai in Rutzenmoos im die Sonderausstellung eröffnet. Die Veranstaltung wurde eröffnet durch die Leiterin des Museums, Ulrike Eichmeyer-Schmid. Im Anschluss führte die Laienspielgruppe Bad Goisern mit ihrer szenischen Darstellung in die Thematik der verfolgten oberösterreichischen Protestanten ein. Unterbrochen wurde die Spielszene durch Monologe, die in die jüngere Zeit und zum Kern der Unterdrückung von Glaubens- und Gewissensfreiheit führten. Es sei eine beklemmende Wahrheit, dass gerade der gläubige Mensch unter dem Vorwand der Wahrheit zur Bestie werden könne. Als Beispiele führte man den millionenfachen Hungertod unterdrückter katholischer Iren im 19. Jahrhundert, die Abspaltung eines islamischen Pakistans vom hinduistischen Indien im 20. Jahrhundert und ganz aktuell die Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen in Myanmar an.

Im anschließenden Festvortrag, gehalten vom wissenschaftlichen Leiter des Museums, Konsulent Mag. Günter Merz, wurde dann die herausragende Rolle Ortenburgs für die Evangelischen Österreichs und vor allem Oberösterreichs herausgearbeitet.[1] Neben Glaubensflüchtlingen die sich in der Zeit des Grafen Friedrich Casimir in den Ortsteilen Vorder- und Hinterhainberg ansiedelten, gab es auch Unterstützung durch Bücherschmuggel und protestantische Emissäre. Später ließen sich unter der Gräfin Amalia Regina Laienprediger in der Grafschaft Ortenburg unterweisen. Ortenburg war somit ein wichtiger Knotenpunkt im evangelischen Netzwerk. Eines der wichtigsten Dokumente der Geheimprotestanten Oberösterreichs waren die 1756 erschienenen Ortenburger Ratschläge.

Pfarrerin Sabine Hofer schilderte in ihrem Grußwort ebenso die Bedeutung der kleinen Gemeinde Ortenburg. Sich mit ihrer Geschichte zu befassen, heiße nicht darüber zu urteilen, sondern Zusammenhänge zu erkennen und zu fragen, wo wir heute stehen, sich anspornen zu lassen von mutigen Menschen, die Erfahrungen mit dem Wort Gottes im Gepäck gehabt hätten. Regionalbischof Dr. Hans-Martin Weiss aus Regensburg beeindruckte vor allem der Bekennermut der Vorfahren und mahnte daher, Differenzen zwischen Konfessionen auch heute nicht unter den Teppich zu kehren. Nicht mit dem Strom zu schwimmen dürfe aber nicht in Lieblosigkeit ausarten. Er freue sich über alles, was heute an Begegnung möglich sei. Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner aus Wien zitierte Bruno Kreisky, der einmal gesagt hat: „Ich komme gern nach Bayern, denn da bin ich nicht mehr in Österreich und noch nicht in Deutschland.“ So stelle sie sich auch die besondere Beziehung zu Ortenburg vor, dort wurde den Österreichern ein Stück Heimat geschenkt. Superintendent Dr. Gerold Lehner aus Linz besann sich auf die Funktion des Evangelischen Museums in Rutzenmoos und zitierte den Theologen Prof. Dr. Alex Stock: „Das Museum ist für die Kirche keine harmlose Institution.“ Oft sterilisiere es das, was eigentlich wirken sollte. Deshalb stellte er die Frage in den Raum: „War das immer so einfach, Fremde aufzunehmen?“ Er erinnerte an den Aufruf von Kardinal Schönborn aus dem Jahr 2008, in Österreich irakische Christen aufzunehmen und an die Reaktionen in den Gemeinden, wenn Fremde kommen. Lehner hofft daher, dass das Museum eine subversive Funktion habe, es wäre dann eine Art Laboratorium. Bezirkshauptmann Hofrat Dr. Martin Gschwandtner aus Vöcklabruck meinte, dass die gewachsenen Kontakte und Verbindungen in einer Zeit, da Hass und Intoleranz weit verbreitet seien, vor allem zu Toleranz, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe beflügeln könnten. Der oberösterreichische Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer stellte fest: „Der heutige Abend ist für uns Katholiken keine harmlose Veranstaltung. Die Geschichte beinhaltet viele dunkle Kapitel, das Museum leistet hier wichtige Arbeit.“ Auftrag der Politiker müsse es heute aber sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass so etwas nicht wieder passieren könne. Es könne ja Gemeinsamkeit auch aus Vielfalt bestehen. Aber nach wie vor wird Bekennermut gebraucht.

Begleitet wurde die Veranstaltung durch den Chor der Pfarrgemeinde Rutzenmoos unter Leitung von Gottfried Wimmer, welcher passende Choräle zur Reformationsgeschichte vortrug.

Besuch des Marktrates

Der Ausflug des Marktes Ortenburg im Oktober 2013 ging in das benachbarte Österreich nach Rutzenmoos. Zu Beginn wurden in einer Multimediaschau die Fragen „Wo liegen die Wurzeln des christlichen Glaubens?“ und „Was führte zu Luthers Reformation?“ beleuchtet. Im Anschluss folgte die Führung durch Museumsleiterin Ulrike Eichmeiyer-Schmid und Superintendent i. R. und Initiator des Museums, Mag. Hansjörg Eichmeyer, durch äußerst informative Ausstellung. Durch die leidenschaftlichen und lebendigen Erzählungen der beiden, könnten sich die Gäste einen aufschlussreichen Überblick über das Leben der protestantischen Christen im Nachbarland gewinnen. Zudem waren sie tief berührt über das bedrückende Leiden und die persönlichen Schicksale in jener Zeit als es hieß: „Protestantisch ist schlecht.“

Des Weiteren berichteten Ulrike Eichmeiyer-Schmid und Mag. Hansjörg Eichmeyer von den Anfängen der Reformation, deren Ausbreitung über 100 Jahre und deren kurzer Blüte, über 160 Jahre schlimmste Verfolgung bis zum Toleranzpatent unter Kaiser Josef II. im Jahre 1781, das den großen Wendepunkt in der Geschichte des Protestantismus in Österreich bedeutete, ehe dann das Protestantengesetz von 1861 allmählich Freiheiten brachte. Bereits 1782 hatte sich die Bevölkerung von Rutzenmoos öffentlich zum evangelischen Glauben bekannt. Heute bestehe ein gutes Miteinander der christlichen Kirchen und im Geiste ein ökumenisches Verständnis.

Bürgermeister Hans Halser war tief beeindruckt über den Besuch des Museums und fasste dies wie folgt zusammen: „Diese Sonderausstellung war die beste Werbung für Ortenburg und dieses Museum ist immer eine Reise wert.“

Anmerkungen

  1. Vortragsmanuskript von Mag. Günther Merz

Literatur

Webinks


450 Jahre Reformation in Ortenburg

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