Passau in der Weimarer Republik

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Passau in der Weimarer Republik (genau: Die Stadt Passau in der Weimarer Republik (1919-1933)) ist ein 2017 erschienenes Sachbuch von Michael Schweikl in der Reihe der Neuen Veröffentlichungen des Instituts für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen (Band 71). Es ist beim Dietmar Klinger Verlag erschienen.

Inhalt

Die Epoche der Weimarer Republik (1919 bis 1933) war allgemein von dem als ungerecht empfundenen Versailler Friedensschluss, von Reparationszahlungen und von Inflation geprägt. Andererseits kam nun die demokratische Ordnung mit allgemeinem Wahlrecht und Mitwirkung der Bürgerschaft zum Zuge. Auch in Passau trat die durch Kommunalwahlen getragene kommunale Selbstverwaltung des Stadtrats an die Stelle des traditionellen, von Honoratioren geprägten Magistrats. Berufsbeamte leiteten nun die Stadtverwaltung, Fürsorge wandelte sich zur öffentlichen Aufgabe des Sozialwesens. Das damalige Stadtgebiet war allerdings erheblich kleinräumiger als heute. Grubweg und Hacklberg lagen noch außerhalb, Beiderwies war gerade eingemeindet worden.

In der Person Carl Sittlers fand die neue Zeit ihre einflussreichste Gestalt. Sittler, der auch das Umschlagbild des Buches einnimmt, war promovierter Jurist und schon in der Kaiserzeit als Stadtpolitiker tätig gewesen. 1919 wurde er durch Volkswahl zum Bürgermeister gewählt und 1929 durch Stadtratswahl noch einmal in seinem Amt bestätigt. Unter Sittlers Ägide entwickelte sich Passau durchaus im Sinne einer echten Modernisierung.

Schweikl weist auf die deutlichen Urbanisierungsschritte hin, die das Gemeinwesen unternahm: So den Ausbau der Infrastruktur und die Reaktion auf die Bevölkerungszunahme. Das städtische Zentrum verlagerte sich von der Altstadt nach Westen über den Spitzberg bis St. Anton und Auerbach. Genossenschaften schufen neue Wohnanlagen, etwa in der Sechzehnerstraße. An der Schlachthofstraße – jetzt Innstraße – entstand das Städtische Krankenhaus, wo die Geißel der Nachkriegszeit, die Tuberkulose, erfolgreich bekämpft wurde. Und bis heute pumpt das städtische Wasserwerk auf der Donauinsel Soldatenau Trinkwasser in das damals angelegte städtische Leitungssystem. Elektrizität wurde aus dem Wasserkraftwerk Hals an der Ilz gewonnen. Damit waren die Grundlagen für moderne industrielle Gewerbeansiedlungen gegeben.

Seit 1918 kümmerte sich die PIAG (Passauer Industrie AG) um Investitionen im strukturschwachen Passauer Gebiet. Das 1921 ins Leben gerufene Projekt des Rhein-Main-Donau-Kanals versprach zunächst eine wirtschaftliche Beteiligung, kam aber – noch – nicht zum Zuge. Auch vom Bau des Kachlet-Wasserkraftwerks und Stauwehrs in den Jahren 1922 bis 1927 profitierte die Stadt nur mittelbar, da die Baustelle außerhalb der Gemeindegrenze lag. Allerdings konnte sich Passau damit an das Überlandleitungsnetz des Bayernwerks anschließen und somit bis heute seine Stromversorgung stabilisieren. Ein nachhaltiger Erfolg war lediglich die Ansiedlung des Wiener Betriebs „Brüder Hönigsberg“, die Hemden mit halbsteifen Krägen unter dem Markennamen „Eterna“ herstellten – heute ist die 1935 von der PIAG übernommene Firma nach diesem Markennamen benannt.

Dafür prosperierte der Fremdenverkehr, zunächst vorangetrieben durch die Sektion Passau des Bayerischen Wald-Vereins, ab 1928 durch den eigens gegründeten Fremdenverkehrsverein. An Gästezahlen war Passau führend in ganz Niederbayern. Als urban im Sinne der Modernisierung wertet Michael Schweikl auch den Aufbau professionell gestalteter Museen, wie des Ostmark-Museums in der Veste Oberhaus, die 1931 in städtischen Besitz übergegangen war.

Politisch blieb der Stadtrat mehrheitlich der konservativen Bayerischen Volkspartei (BVP) verbunden. Bürgermeister Carl Sittler (BVP) durfte sich bei fast allen großen Fragen der städtischen Entwicklung auf Einstimmigkeit verlassen. Die große Schwäche der kommunalen Selbstverwaltung in der Weimarer Verfassung war die Unterfinanzierung. Städte konnten nur „kleine Steuern“ erheben. Die Folge waren Verschuldungen großen Ausmaßes, von denen auch Passau betroffen war.

Die Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links in der Reichspolitik, die das Ende der Weimarer Republik 1933 herbeiführen sollten, wirkten sich kommunalpolitisch nicht so sehr auf Passau aus, wohl aber in den Reichstagswahlen. Seit 1930 zersplitterte das Parteiwesen und radikalisierte sich. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde im ganzen Reich die Weimarer kommunale Selbstverwaltung aufgelöst. In Passau musste Carl Sittler seinen Posten des ersten Bürgermeisters an einen NSDAP-Stadtrat abgeben. Er selbst blieb als stellvertretender Bürgermeister bis 1945 im Amt.

Michael Schweikl gliedert die Fülle der dargebotenen Daten und Fakten in übersichtlicher und klarer Form und liefert biografischen Angaben zu den handelnden Personen. Auch das Stiftungs- und Vereinswesen wird detailreich behandelt. Anhänge fassen die Texte zur Strukturpolitik, zur Verwaltung und zu den Institutionen noch einmal statistisch zusammen und eignen sich bestens zur schnellen Information und zum Nachschlagen.

Infos

  • ISBN 3863281446
  • 564 Seiten, 32 Abbildungen

Literatur

Weblinks