Regina Ullmann

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Regina Ullmann. (Foto: Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen)
Im Bürgerhaus ist ein Zimmer nach der Schriftstellerin benannt. (Foto: Klein)

Regina Ullmann (* 14. Dezember 1884 in St. Gallen, Schweiz; † 6. Januar 1961 in Eglharting, Oberbayern) war eine österreichisch-schweizerische Schriftstellerin, die auch in Burghausen ihre Spuren hinterlassen hat. Ihretwegen kam Rainer Maria Rilke an die Salzach.

Leben und Wirken

Nicht von ungefähr handeln ihre Erzählungen in bedrängenden Bildern von den Phänomenen am Rande, von Vergessenen und Machtlosen, führte sie doch selbst ein dramatisches und schwieriges Leben. Als „zurückgebliebenes Kind“ und schielend entwickelte sie früh einen feinen Blick für jene, denen es so ging wie ihr. Und verbarg in den Schilderungen Anderer bisweilen ihr eigenes Leiden.

Die leise, langsam bis schwerfällig wirkende, manchmal stotternde Schriftstellerin, die kaum von der Seite ihrer Mutter wich, hatte Umgang mit großen Künstlern und Schriftstellerin ihrer Zeit wie viele Briefe belegen.

Große Dichter wie Rainer Maria Rilke, Hermann Hesse und Robert Musil bewunderten sie und setzten sich für sie ein. Dennoch blieb die Schriftstellerin Regina Ullmann immer abseitig im literarischen Betrieb. In Burghausen hat die gebürtige St. Gallerin dezente Spuren hinterlassen, und vielleicht ist es kein Zufall, dass der Weg im Stadtgebiet und das Zimmer im Bürgerhaus, die nach ihr benannt sind, eben keine breite Straße und geräumiger Saal sind.

Sie wohnte nie lange an einem Ort, bevor sie nach Burghausen zog, hatte sie sich in Schwabinger Künstlerkreisen bewegt und war dort „Beute“ des anarchistischen Psychiaters Otto Gross geworden, der sie einer Analyse unterzog. Später wurde er drogenabhängig und kriminell und musste interniert werden, jedoch übte Gross gleichzeitig eine große Anziehung auf Frauen aus. Als Regina Ullmann 1908 von ihm schwanger wird - sie hat da bereits eine Tochter aus einer anderen Beziehung - sind gleichzeitig auch zwei weitere Frauen von Gross schwanger.

Das Barocke, Ländliche, Mystische zog die Dichterin an. Ihre Art die Hände zu falten - sie konvertierte schon 1911 in Altötting vom jüdischen zum katholischen Glauben -, und dass sie in ihren Schriften denen eine Stimme gab, die keine hatten, Blinden, Armen, Behinderten, brachte ihr fast den Ruf einer Heiligen ein. Dabei war sie der Welt aber nicht „klösterlich“ abgewandt.

Gescheiterte Beziehungen und viel Leid hatte die Schriftstellerin im Gepäck als sie nach 1916 nach Burghausen kam. Ihre Kinder blieben bei Pflegeeltern in Feldkirchen bei München zurück. Mit ihrer Mutter bewohnte sie damals den Kornmesserturm. Ihr Freund und Förderer Rainer Maria Rilke kam ihretwegen im November 1916 zu Besuch in die Salzachstadt und wohnte den Moralbegriffen der Zeit entsprechend, nicht dort, aber im so genannten Prechtlturm.

Beeindruckt hatte Rilke Ullmanns Erzählung „Feldpredigt“. Sie handelt von einer armen Bauernfamilie und ihrem 14-jährigen gelähmten und zurückgebliebenen Buben, dem die Mutter und mehr noch die Großmutter besonders innig zugetan sind, den aber der Vater als unnötigen Esser und Unglück für die Familie schmäht. Eines Morgens wird dieser Bub draußen tot vor Erschöpfung gefunden: auf allen Vieren ist er nachts aufs Feld hinaus gekrochen und hat es mit seinen bloßen Händen „bestellt“. Rilke liest es immer wieder und nennt es in einem Brief an Regina „Ihr Göttliches, im Tiefsten dienend, gottwillig und vom Engel still geführt.“

Ullmann widmete sich in Burghausen der Bienenzucht und machte eine Lehre in der Gärtnerei Bergmann. Auf dem Land finde sie die Ruhe für ihr Schreiben, das war zeitlebens der Rat ihres großen Förderers Rilke gewesen: „Man muss Kühe und Menschen um sich haben, die nicht, wenn man sie anrührt, in einen Haufen Worte auseinanderfallen“, schrieb Rilke ihr. Er verhalf ihr stets zu Kontakten, so dass sie in Zeitschriften erschien und im „Insel“-Verlag veröffentlichen konnte.

Das Landleben und die körperliche Arbeit konnten aber kein Garant sein für innere Ruhe und das Fließen ihrer dichterischen Produktion. Sie reiste herum und wurde immer wieder von schweren Depressionen gequält. Nur ein schmales schriftstellerisches Werk existiert.

Wegen ihrer jüdischen Herkunft 1936 aus dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller ausgeschlossen, lebte sie seit 1938 in ihrem Heimatort St. Gallen in einem katholischen Pflegeheim. Tochter Camilla nahm die schwer pflegebedürftige Mutter schließlich bei sich in Eglharting bei Kirchseeon in den letzten Jahren bis zu ihrem Tod 1961 auf.

Werke (Auswahl)

  • Die Feldpredigt. Dramatische Dichtung. Frankfurt am Main 1907
  • Von der Erde des Lebens. Dichtungen in Prosa'.' München/Leipzig 1910
  • Gedichte. Leipzig 1919
  • Die Landstraße. Erzählungen. Leipzig 1921
  • Die Barockkirche von einer Votivtafel herab gelesen und ausführlich berichtet, zugleich mit etlichen Volkserzählungen. Zürich 1925
  • Vom Brot der Stillen. Erzählungen. Rentsch 1932
  • Der Apfel in der Kirche und andere Geschichten. Freiburg im Breisgau 1934
  • Der Engelskranz. Erzählungen. Einsiedeln/Köln 1942
  • Madonna auf Glas und andere Geschichten. Einsiedeln/Köln 1944
  • Der ehrliche Dieb und andere Geschichten. Basel 1946
  • Von einem alten Wirtshausschild. Erzählungen. Einsiedeln/Zürich 1949
  • Die schwarze Kerze. Erzählungen. Einsiedeln/Zürich 1954

Literatur

Weblinks