Rottauensee

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Der Rottauensee, rechts das E-Werk

Der Rottauensee1969 eigentlich als Hochwasserrückhaltebecken gebaut − ist mittlerweile zum Wahrzeichen der Gemeinde Postmünster im Landkreis Rottal-Inn geworden. Aus der Luft wird die Größe − der See kann bis zu 12,8 Millionen Liter Wasser aufnehmen − erst richtig deutlich. Von Postkarten und Infobroschüren ist der „Stausee“, wie er von den Rottalern genannt wird, nicht mehr wegzudenken und in den über 30 Jahren seines Bestehens hat er sich zum Naherholungsgebiet schlechthin gemausert.

Campen, Walken oder Golfen

So führen nicht nur Spazier-, Rad- und Reitwege den See entlang und bieten so Läufern, Walkern und Rollerskatern abwechslungsreiche Strecken − auch Surfen, Segeln, Tretbootfahren, Kutschfahrten, Minigolf, PitPat, Grillen, Campen und Golf spielen sind auf, am und rund um den See ein belieber Freizeitvertreib geworden. Im Winter herrscht dank Loipen um den Rottauensee, Schlittschuhlaufen und Eisstockschießen ebenfalls reger Betrieb. Durch den Bau des Rottauensees (1969 bis 1973) sollten Überschwemmungen durch die Rott im unteren Rottal eingedämmt werden. Die Rott hat bei der Mündung in den Inn ein Einzugsgebiet von 1205 Quadratkilometern. Der Rottauensee erfasst mit 570 Quadratkilometern davon knapp die Hälfte.

Flächen wurden der Natur angepasst

Das Wasserwirtschaftsamt Pfarrkirchen hat die ursprünglich technisch gestalteten Flächen in den letzten Jahren wieder mehr der Natur angepasst. 20 Hektar Biotopflächen und 50 Hektar extensive Wiesenflächen sind Heimat einer Vielzahl von zum Teil seltenen Tier- und Pflanzenarten und sind für Zugvögel ein beliebter Rastplatz. Die natürliche Fluss- und Auenlandschaft Bayerns soll grundsätzlich für Mensch und Natur erhalten oder wiedergewonnen werden. Dies ist ein Ziel der nachhaltigen Wasserwirtschaft in Bayern und gilt auch für den Rottauensee.

„In 20 Jahren gibt es de facto keinen Stausee mehr“

Doch um die Zukunft des Rottauensees schaut es düster aus. Der Grund: Die Verlandung schreitet rapide voran. Geht es so weiter und wird nicht dagegen gesteuert, dann gibt es in 20 Jahren keinen See mehr. Das lässt vor allem bei Fischern und den Verantwortlichen des Zweckverbands Naherholungsgebiet die Alarmglocken schrillen. Unter der Regie von dessen Vorsitzenden, dem Pfarrkirchner Bürgermeister Georg Riedl, soll nun ein Konzept erarbeitet werden, wie man das künstliche Gewässer retten kann.

Insidern war die Brisanz längst bekannt, doch öffentlich diskutiert wurde das Thema, nachdem es der mit der Fischerei verwobene Markus Zehetbauer aus Pfarrkirchen bei einer Aufzeichnung der Fernsehsendung „Jetzt red i“ zur Sprache gebracht hatte. Das nahm die Servicestelle Pfarrkirchen des Wasserwirtschaftsamtes Deggendorf zum Anlass für eine grundlegende Datenaufbereitung. Das Ergebnis wurde bei einem „Runden Tisch“ im Seehotel vorgestellt. Eingeladen waren Vertreter von Zweckverband Naherholungsgebiet, Bund Naturschutz, Unterer Naturschutzbehörde am Landratsamt, Fischereiverbänden, Wasserwacht, aber auch Nutzer (Bootsverleih) und Anlieger.

Die Fakten:

Der 1972 fertig gestellte Rottauensee war als reines Rückhaltebecken konzipiert, um Pfarrkirchen vor Hochwasser zu schützen. „Die Erwartungen waren aber auch in anderer Richtung hoch“, sagt Walter Raith vom Wasserwirtschaftsamt und meint damit vor allem die Erholungsmöglichkeiten. In den mittlerweile 34 Betriebsjahren seien aber Probleme aufgetreten, mit denen man bei der Errichtung nicht gerechnet hatte: „Die Verlandung hat bei der Planung keine Rolle gespielt.“

Von 1977 bis 2002 hat der Freistaat als Betreiber vier Verlandungsmessungen durchgeführt. Demnach haben sich in diesem Zeitraum durchschnittlich 66 Zentimeter Schlamm, Erde und Kies am Grund abgelagert, das Volumen des Stausees verringerte sich dadurch um 350 000 Kubikmeter. An der tiefsten gemessenen Stelle wies das künstlich geschaffene Gewässer vor vier Jahren rund 2,1 Meter auf, an der flachsten (in der Mitte) nur noch 40 Zentimeter. Angesichts dieser Zahlen und weil sich der Prozess fortgesetzt hat, malt Walter Raith ein düsteres Bild: „Wenn sich nichts ändert, wird es den Rottauensee in 20 Jahren de facto nicht mehr geben“, so seine Prognose. Langfristig würde sich das Gebiet zu einer Sumpflandschaft, dann zu einem Auenwald entwickeln.

Die Ursachen:

Die Verlandung ist ein natürlicher Prozess, der in einem für das Fließgewässer Rott fremden Element schneller geht. Der Mensch hat eingegriffen, die Natur versucht es zu revidieren. Die Verlandung ist aber auch von Veränderungen im Einzugsgebiet abhängig. Deutlich sichtbar wird dies an einer Ursache, der Eutrophierung. Die hohe Nährstoffzufuhr aus der Rott und die hohe Wassertemperatur des Stausees führen zu einem starken Pflanzenwachstum (Algen). Beim Absterben bildet sich Biomasse (Schlamm). Der Nährstoff Phosphor, limitierender Faktor für die pflanzliche Produktion, ist im See über Gebühr vorhanden. Ein Gehalt von 0,28 Milligramm pro Liter wurden gemessen − 0,16 Milligramm wären tolerierbar. Der intensive Ackerbau an Hanglagen führt dazu, dass der Fluss bei Schneeschmelze, Gewittern oder Hochwasser mehr als die normalen Mengen an Feststoffen (Erde, Kies) mit sich trägt. Diese werden wegen der geringen Fließgeschwindigkeit dann im Rottauensee abgelagert. Die Landwirtschaft will Raith aber nicht als Schuldigen, sondern als Partner sehen: „Das Rottal verfügt halt über eine hügelige Topographie und feinkörnige, leicht abtragbare Böden. Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Erosion zu vermindern.“

Die Auswirkungen:

Durch die Verlandung des Grundsees ändert sich laut Raith die Wirksamkeit des Hochwasserschutzes nicht. „Ob dort Wasser, Schlamm oder Erde ist, spielt keine Rolle, der Stauraum über dem Grundsee, und nur der zählt, bleibt gleich.“ Schlechter fällt dagegen das Urteil über die Lebensraum-Qualität aus: „Die typische Charakteristik der Flachflusslandschaft ist unterbrochen. Es hat sich eine untypische Arten- und Lebensgemeinschaft gebildet. Durch die Verlandung werden die Defizite eher wieder kleiner.“

Die rechtliche Lage:

Der Experte ging auch auf die rechtliche Situation ein. Demnach wurde der Rottauensee im Planfeststellungsverfahren als reines Hochwasserrückhaltebecken festgelegt. Zu dessen Unterhalt hat sich der Freistaat verpflichtet. Da die Hochwasserschutzfunktion und Gewässerentwicklung durch die Verlandung nicht gefährdet sei, sehe er deshalb „keine gute Grundlage“, dass der Freistaat für teure Maßnahmen Geld ausgibt.

Die Maßnahmen:

Verschiedene Möglichkeiten stellte Raith der Runde vor. Zum einen, den See komplett auszubaggern. Dies sei aber mit enormen Kosten verbunden. Um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, müssten grob geschätzt 5,1 Millionen Euro aufgewendet werden. „Eine optisch wirksame Lösung, die aber nur kurzfristig Erfolg bringt.“ Dies machte er am Beispiel des Mertseebeckens in Eggenfelden deutlich. Das war 1988 für 200 000 Euro ausgebaggert worden, 15 Jahre später sei es wieder genauso verlandet gewesen wie zuvor.

Das Fazit:

„Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis. Das hat auch nichts mit Nachhaltigkeit zu tun", sagt Raith. Mehr Chancen räumte er einem Vorschlag der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt ein. Sie regt eine Verlegung der Rott nördlich oder südlich entlang des Ufers an, um so die Ablagerungen im See zu reduzieren. „Eine denkbare und finanziell günstigere Variante, die eine nachhaltige Verbesserung für das Fließgewässer bringt, allerdings die Verlandung nur verlangsamt“. Schließlich könnten die Verhältnisse im Einzugsgebiet des Flusses verbessert werden, um die Stoffeinträge zu vermindern. Hier geht es vor allem um den Ackerbau in Hanglagen und Maßnahmen, wie man die Bodenerosion stoppen kann. „Das funktioniert nur, wenn es interessant wird für die Landwirtschaft und ist ein langfristiger Prozess.“

Die Standpunkte:

Der Zweckverband sieht durch die zunehmende Verlandung die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten für Badegäste, Surfer, Segler und Fischer erheblich beeinträchtigt. Deshalb sollte der See ein See bleiben. Die Fachberatung für Fischerei beurteilt das genauso, beklagt wirtschaftliche Einbußen und eine Entwertung des Lebensraumes. Sie fürchtet um das Ausüben der Fischerei und spricht sich deshalb für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (komplette Entlandung) aus. Das Rad zurückdrehen will die Untere Naturschutzbehörde dagegen nicht. Sie hält die derzeitige Situation zwar nicht für zufrieden stellend, aber aus Sicht des Naturschutzes besser als bei der Fertigstellung des Sees 1972.

Die Strategie:

Keinen zwingenden Handlungsbedarf gibt es von Seiten der Wasserwirtschaft. Deshalb machte Walter Raith auch klar, dass seine Behörde in dieser Sache nur den Anstoß geben könne: „Wenn ein öffentliches Interesse da ist, dann sollte sich eine Initiative bilden. Es müssen Ziele formuliert werden, was man am Stausee haben will. Unser Amt ist gerne bereit daran mitzuarbeiten.“ Diesen Ball nahm Zweckverbands-Vorsitzender Georg Riedl auf: „Wir sollten den Stausee nicht seinem Schicksal überlassen, sondern um dessen Erhalt kämpfen.“ Riedl sieht durchaus eine „moralische Verpflichtung des Freistaates, für den Erhalt dieses Erholungsraums etwas zu tun, mit dem wir uns identifizieren.“ Inzwischen gab es mehrere Treffen mit allen Fachleuten an, um gemeinsam ein schlüssiges Konzept auszuarbeiten.

Startschuss für Modellprojekt

Die Hilfe für den Rottauensee wird in Angriff genommen. Im Oktober 2008 gab Umweltstaatssekretär Dr. Marcel Huber bei einer Versammlung im Pfarrkirchner Rathaus den Startschuss für das Modellprojekt zur Rettung des Rottauensees. Bei diesem geht es im Wesentlichen um die Verminderung der Bodenerosion im Einzugsgebiet der Rott bis zum See auf ein verträgliches Maß. Der Bereich erstreckt sich mit einer Fläche von etwa 570 Quadratkilometern über vier Landkreise.

In Niederbayern sind die Landkreise Landshut und Rottal-Inn betroffen. Durch gezielte Umsetzungsmaßnahmen soll die extrem hohe Seeverlandung erheblich reduziert werden. Nach den Worten Hubers gehe es dabei nicht um die Hochwasserrückhaltefunktion des Speichers, die ohnehin gewährleistet ist, sondern einzig und allein um die Nutzungseffekte des Rottauensees hinsichtlich Naherholung und Tourismus wieder zu optimieren und zu erhalten. Dies könne nur gemeinsam und mit nachhaltigen Maßnahmen gelingen. Insbesondere im Interesse der Landwirtschaft gelte es, die Bodenerosion effizient und dauerhaft einzudämmen.

Bürgermeister Georg Riedl appellierte an eine gemeinsame Problemlösung mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen zur Rettung des Rottauensees. MdL Reserl Sem forderte die Bereitstellung von ausreichenden Finanzmitteln. Nur so könne das Projekt erfolgreich umgesetzt werden. Ministerialrat Helmut Haran vom Landwirtschaftsministerium verwies auf Förderprogramme, wie das Kulturlandschaftsprogramm, und gab zu verstehen, dass für das Modellprojekt Fördermöglichkeiten grundsätzlich vorhanden seien.

Die Projektgruppe wird von Bürgermeister Riedl mit seinem Bürgermeisterkollegen Ludwig Eder aus Postmünster geleitet. Die Koordinierung soll von Baudirektor Karl-Heinz Ebner von der Regierung von Niederbayern vorgenommen werden. Eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Projektes soll rasch aktiv werden, um in der Sache zügig voranzukommen.

Fischvorkommen

Im See leben Aal, Hecht, Karpfen, Schleie, Zander, Barsch und Weißfische. Der hohe Phosphoreintrag der Rott und die damit verbundene starke Algenproduktion beeinträchtigen den Fischbestand.