Schlaraffia Castra Batava

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Die Schlaraffia Castra Batava ist ein Passauer Verein und das 113. Reych der Schlaraffia. Im Jahr 2017 feierte sie ihr 125-jähriges Bestehen in großem Rahmen in der Universität Passau.

Geschichte

Ursprünge

Die Geschichte der Passauer Schlaraffen hat sehr eng mit den Beziehungen zu Prag zu tun. Dort wurde die Vereinigung „Schlaraffia“ 1859 gegründet. In einer Zeit, die von der Romantik geprägt war und in der einerseits das Rittertum verherrlicht wurde, sich aber andererseits auch erster leiser Widerstand gegen die damals habsburgische Obrigkeit regte. Die Schlaraffen pflegten das Ritterspiel, die Mitglieder des „Schlaraffenreyches“ gaben sich Ritternamen.

Der Drang, dem Alltag zu entfliehen, führte in Passau eine Gesellschaft junger, bereits angesehener Männer im einstigen Gasthaus Goldenes Kreuz in der Innstadt zusammen. Humor und die Lust und Liebe zur Musik hebt sie über das allgemeine Gesellschaftsniveau der Bier- und Spieltische hinaus. Und mit Ironie und Distanz zum damaligen Gesellschaftssystem gründen sie 1841 die „Kartoffelrepublik“. Präsident wurde der spätere Oberlandesgerichtspräsident von Haubenschmied, die „Volkstribunen“ bilden zum Beispiel Landrichter Hiedl, Landgerichtspräsident von Rohrmüller, Generalmusikdirektor Professor Friedrich. Aus diesem Quartett ging übrigens auch die Passauer Liedertafel hervor, deren Sänger und Mitglieder später einen Großteil der Schlaraffen stellen oder zumindest engen Kontakt halten.

Gründung des Reychs

Im Januar 1892 veranstaltet die Gruppe zum 60. Wiegenfest von k.u.k. Zolloffizier Paul Eichinger, genannt „Oachl“, einen Herrenabend mit vielen Gästen aus dem bayerisch-österreichischen Umland. Dabei wird der Wunsch laut, eine Vereinigung zu bilden, die beständig sei, Freundschaft, Kunst und Humor pflege und munteren Scherz treibe. Die dabei anwesenden k.u.k. Zollamtsoffiziale Theodor Stifter und Robert Porndorfer, beide aus Linz nach Passau gekommen, geben dabei den Anstoß zur Gründung einer Schlaraffia. Von Prag ausgehend, hatte sich diese in Linz bereits etabliert.

Passau erweist sich als offen für die schlaraffische Idee. Rasch finden sich 19 gestandene Männer, die schon am 19. April 1892 in der damaligen Schänke Zum schwarzen Ochsen (Ludwigstraße/Ecke Brunngasse) zusammenkommen, um unter Führung von Karl Leinböck in Passau ein Schlaraffen-Reych zu gründen. Noch in der gleichen Nacht entwirft der ebenfalls aus Linz gekommene Franz Weismann, er heißt schlaraffisch Rt. Schinakl, das Reychswappen, zudem werden die Farben des Stadtwappens Weiß und Rot übernommen. Weismann war bei der DDSG beschäftigt und hat sich als Maler und Fotograf einen bleibenden Namen in Passau gemacht.

In Prag verfolgen die dortigen Schlaraffen mit Freude, wie rasch sich die Castra Batava entwickelt. Zur festlichen, offiziellen Gründungsfeier 6. Januar 1894 muss eigens der große Saal des damaligen Hellkellers angemietet werden, um allen Freunden und Gästen Platz zu bieten.

Wechselnde Burgen

Die Regeln des schlaraffischen Spiels orientieren sich – dem damaligen romantischen Zeitgeist folgend – bis heute am ritterlichen Spiel. Dazu bedarf es neben Knappen, Junkern und Rittern vor allem einer Burg. Sie wird in der Passauer Altstadt im damaligen Gasthaus Mühldorfer gefunden bzw. in einem Nebenraum ausgestaltet. Georg Freudenberger stößt im dritten Winter zur Castra Batava und bietet an, in seinem Hotel in der Wittgasse eine schlaraffische Burg einzurichten. Das neue Domizil trägt den Namen „Freudenburg“, in der die Schlaraffen 88 Winter über „sippen“ können, bis sie sich durch Besitzerwechsel auf die Suche nach einer neuen Burg begeben müssen.

Ein glücklicher Zufall: Der damalige Baumeister Gerhard Bertram, der die Deutschordensschwestern des Klosters St. Nikola bei ihren Bauarbeiten unterstützt, entdeckt Ende der 1970er einen als Lagerraum verwendeten gotischen Raum im Nordwestflügel, der sich prächtig als schlaraffische Burg eignen würde. Die Ordensschwestern stimmen der Vermietung zu: Seit 29. September 1980 bis heute haben die Passauer Schlaraffen damit ihre Burg im Kloster St. Nikola.

Bis zur Gegenwart

Im „Dritten Reich“ sind die Schlaraffen verboten: Den Nationalsozialisten ist die weltweite Vernetzung der Schlaraffen ebenso ein Dorn im Auge wie der Freigeist, der sich dort in besonderem Maße zeigt. 1937 löst sich der Verein auf, die Freunde bleiben aber in Verbindung, treffen sich privat oder zu regelmäßigen „Kegliaden“. Nach mehreren vergeblichen Bemühungen gestattet die amerikanische Militärregierung schließlich mit Datum vom 26. November 1947 die offizielle Wiedergründung, 1948 folgt die Eintragung ins Vereinsregister: Die Schlaraffia Castra Batava ist damit auch offiziell wieder auferstanden.

Heute ist die Castra Batava eines der blühenden weltweiten Schlaraffenreyche. Zur Feier des 125-jährigen Bestehens 2017 kamen rund 280 Schlaraffen und 180 ihrer Partner und Freunde aus 90 Städten in Europa, Nord- und Südamerika und Südafrika nach Passau. 60 Ritter, zwei Knappen und einen Junker zählt das hohe Reych Castra Batava im Jubiläumsjahr 2017.

Verhaltensregeln

Im „Reych“ Passau treffen sich die Schlaraffen im Winter-Halbjahr (Oktober bis April) einmal in der Woche. Die Zusammenkünfte werden von den Mitgliedern gestaltet. Es werden Gedichte und Prosa vorgetragen, es wird musiziert und gesungen. Sie rufen „E-he“ wenn sie sich zuprosten und tragen eine Nadel mit einer weißen Perle am linken Reversaufschlag. Ansonsten sind die Passauer Schlaraffen in der „profanen“, der nicht-schlaraffischen Welt kaum von den anderen Stadtbürgern zu unterscheiden.

Alle Mitglieder haben einen Ritternamen und es wurde ein eigenes Zeremoniell und mit eigener Wortwahl („Schlaraffenlatein“) eingeführt. Der reine Männerbund, dessen Mitglieder nur auf Deutsch miteinander sprechen, führt als Wappentier einen Uhu. Wer Schlaraffe werden will, muss erst einmal von einem Mitglied vorgeschlagen werden. Erweist er sich als passend, wird er zuerst Pilger, darauf folgen Prüfling, Knappe, Junker und schließlich die höchste Stufe: der Ritter.

Bei einem Treffen, einer „Sippung“, wird nur Schlaraffenlatein gesprochen. Dann wird nicht mehr Bier und Wein, sondern „Quell“ und „Lethe“ getrunken. Außerdem haben die Schlaraffen eine andere Zeitrechnung. Danach wäre der 21. August 2010 der 21. Erntemond anno Uhui (im Jahre des Uhu) 151. Jedes Reych hat drei Vorsitzende, die „Herrlichkeiten“, die alle Jahre neu gewählt werden.

Literatur

Weblinks