Schmai

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„Die Raucher und die Schnupfer“, Bild aus dem 18. Jahrhundert.

Schmai oder Schmaizla ist der bayerische Begriff für den Brasiltabak oder Schmalzler, wie er besonders in der Rokokozeit unter der Bevölkerung beliebt war und auch in Niederbayern intensiv konsumiert wurde. Der Schmalzler ist eine Sonderform des Schnupftabakes, der mit Schweineschmalz (daher der Ausdruck) hergestellt wurde und dadurch auch nicht besonders lange haltbar war. Heutzutage steht der Begriff „Schmaizler“ für Schnupftabak in der generellen Auslegung.

Nach dem Konsum von Schmaizler wird gerne ein Schneizhodan zum Putzen der Nase verwendet.

Beispiel: Geh, Günda, hosd a Bris Schmaizler? („Du, Günter, könnte ich eine Prise Schnupftabak haben?“).

Geschichte

Entdeckung und Verbreitung

Mit der Entdeckung Amerikas kam der Tabak nach Europa, und somit nach Bayern. Fremde Handelsleute brachten den Tabak in großer Menge ins Land und vertrieben ihn auf Jahrmärkten. Das Schnupfen des Tabaks war ebenso verbreitet wie das Rauchen. Die Beliebtheit dieses Luxusgenussmittels ging in früheren Jahren so weit, dass der größte Teil der Schnupfer sich seinen Tabak selbst rieb. Dabei klemmten sich die Männer den irdenen „Reibscherben“ (=Mörser) zwischen den Knien ein, in dem sich die in Stücke geschnittene Brasiltabaksrolle befand, die nun mit einem von der Decke hängenden Knüppel gemahlen wurde. Nach dem Reiben wurde das Ergebnis dann durch ein feines Sieb geschüttelt und mit Schmalz angemacht. Dazu kamen dann noch verschiedene Zutaten, die dem Tabak einen bestimmten, besonderen Geschmack verliehen. In Niederbayern erfreute sich fast ausschließlich der Brasiltabak oder Schmalzler, kurz auch „Schmai“ genannt, allgemeiner Beliebtheit. Im Rottal etwa schnupfte so mancher junger Mann täglich ein Fünftel Pfund des mit Kalk stark versetzten Brasiltabaks, unter den zum Teil sogar Glasscherben gerieben waren.

Zum Schnupftabak gehörten natürlich auch die passenden Behältnisse. Die Schnupftabak-Büchsl aus Glas wurden in den aufwendigsten Techniken hergestellt, gesammelt und getauscht.

Amtliche Warnungen

Am 5. Dezember 1840 warnte die königliche Regierung von Niederbayern, Kammer des Innern, vor dem Missbrauch und vor der Schädlichkeit des Brasilschnupfens. Die Ärzte wurden nicht müde, vor dem übermäßigen Genuss von Schnupftabak und den gesundheitlichen Schäden in Verbindung mit Schnupfen zu warnen:

„Es entsteht nämlich mit der Zeit gänzliche Geruchslosigkeit, beständige Verstopfung der Nase, ein fortdauernder entzündlicher Zustand der Nasenschleimhaut, eine eigene Verzerrung der Gesichtszüge, frühzeitiges altes Aussehen, eine Wüstheit des Kopfes, die zu immer häufigerem Genusse eines immer stärkeren Tabaks auffordert, Schwäche des Magens, eine gestörte Verdauung und durch alles Dieses eine Zerrüttung des gesamten Gesundheitszustandes.“

Sämtliche Polizeibehörden wurden angewiesen, diese Belehrung in den Gemeinden und Feiertagsschulen verkünden zu lassen. Im Eifer des Gefechts vergaßen die Herrschenden jedoch, dass der Handel mit den gebeizten Tabakblättern viel Geld in die Staatskassen gebracht hatte, das nun fehlte.

Mit dem Foto eines Schnupftabakreibers warb Tourismus-Pionier Anton Pech in ganz Deutschland für den Bayerwald.

Industrialisierung der Herstellung

Die zunehmende Industrialisierung drängte schließlich auch die private Herstellung des Schmalzlers mehr und mehr in den Hintergrund. Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird der Tabak fabrikmäßig hergestellt. In zwei bayerischen Fabriken – in Regensburg und in Landshut – wurde lange Zeit der größte Teil des in ganz Deutschland verbrauchten Schnupftabaks hergestellt.

Daneben gab es aber noch viele weniger große Fabriken, die sich auf die Herstellung von Schnupftabak spezialisiert hatten und nicht selten als Familienbetriebe geführt wurden. In Zwiesel beipsielsweise gab es 1894 sieben größere und kleinere Schnupftabakfabriken. Wie Paul Friedl im Heimatbuch der Stadt Zwiesel festhielt, produzierten diese Frabriken ganze 42 Zentner Schnupftabak. Davon benötigten sie über neun Zentner für ihren eigenen Bedarf. Der Rest soll hauptsächlich nach Oberbayern, Schwaben, Württemberg und die Rheinpfalz geliefert worden sein. Wie wichtig der Schnupftabak für die Zwieseler war, geht aus einer Notiz von 1897 hervor. Dort heißt es:

„Das Tagesgespräch bildete in den ersten Monaten dieses Jahres der Hafenarbeiterstreik in Hamburg, dass der längst erwartete Brasil, der Rohtabak für die Schnupftabakfabrikation, nicht ausgeladen wurde und die Vorräte im Lande schon zur Neige gingen.“

Da die Schnupftabakfabriken fleißig für ihr Produkt in verschiedenen Schriften warben, sind die Namen der größeren Zwieseler Schnupftabakproduzenten bekannt. Unter ihnen etwa Engelbert Buchinger, Andre Gaschler und Johann Srohmeyer. Im so genannten Jägergassl war die Familie Jäger bekannt für ihren guten Schnupftabak. Die letzte Zwieseler Schnupftabakfabrik war diejenige von Alois Bergmann, die noch Mitte des 20. Jahrhunderts existierte.

Auch im damals aufstrebenden Dorf Pocking existierte eine kleine Schnupftabakfabrik: Am 22. Februar 1904 kaufte der Privatier Joseph Gerauer in Pocking das Wohnhaus zum Plinganser und errichtete dort eine Fabrik.

Siehe auch

Literatur