Josef Sattler

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Zeichung des Sattler Sepp von Jan Toman.

Josef Sattler (* 26. Mai 1830 in Niedernhart, Gemeinde Tiefenbach bei Passau; † 1. April 1878 in Brauchsdorf bei Tiefenbach) war ein berüchtigter Wilderer Bayerns.

Leben

Er war Sohn des reichen Bauern Josef Sattler, der auch eine Gemeindejagd besaß und erst nach der Geburt des Sohnes dessen Mutter Korona heiratete. Der anonyme Verfasser des 1912 veröffentlichten Büchleins Der bayerische Hiesel oder Lebensgeschichte des Josef Sattler mutmaßte, eine zu große Nachgiebigkeit dem Kind gegenüber sei der Grundstein von dessen späterem Leben gewesen. Vater Sattler nahm den Sohn von früh an auf die Jagd mit, so dass dieser schon als junger Mann einer der vortrefflichsten Schützen war.Vielleicht waren die Eltern zu nachsichtig mit dem einzigen Sohn, denn bald schon bereitete er ihnen immer größer werdende Probleme, zunächst mit unehelichen Kindern: 1850 kam die Tochter Maria zur Welt, 1851 der Sohn Joseph und 1855 wieder eine Tochter, Theresia.

Wegen seiner Verwicklung in Raufereien sprach das Königliche Amtsgericht Vilshofen 1858 ein halbjähriges Wirtshausverbot aus. Bereits 1856 stach er bei einer Wirtshausrauferei seinen Kontrahenten nieder, so dass dieser an den Stichverletzungen starb. Zwei Jahre Arbeitshaus war die Strafe, die 1857 das Bezirksgericht Passau gegen Sattler verhängte. 1859 schoss er den Gendarmen Johann Attenberger im Neuburger Wald in der Nähe Passaus nieder, als dieser ihn um 3 Uhr morgens beim Wildern stellte. 1860 wurde er deswegen wegen Widersetzung, Jagdfrevels und Körperverletzung II. Grades vom Bezirksgericht Passau zu einer achtjährigen Arbeitshausstrafe verurteilt. Er verbüßte diese Strafe in der Zwangsarbeitsanstalt in Rebdorf bei Eichstätt, wo er 1861 aus einem Absonderungslokal ausbrach, aber schnell wieder gefasst wurde.

Ab 1860 musste der Vater nach und nach einzelne Grundstücke verkaufen, vor allem wegen der Gerichts- und Anwaltskosten, die für den Sohn zu begleichen waren. 1867 verkaufte er schließlich den gesamten Besitz in Höbersdorf, vermutlich auch wegen der Schande, die der Sohn über seine Eltern gebracht hatte. Die Familie zog nach Deichselberg, einem abseits gelegenen Ort zwischen Otterskirchen und dem Donautal, wo der Vater ein kleineres Anwesen erworben hatte.

Nach der Entlassung aus dem Arbeitshaus hatte daher der Sohn seine eigentliche Heimat, Höbersdorf, verloren. Sattler verlegte sich nun ganz aufs Wildern und führte ein unstetes Wanderleben im jetzigen Landkreis Passau. Dabei wurde er auch immer wieder gestellt und verurteilt: Am 1. März 1871 zu vier Monaten Gefängnis und am 16. April 1874 wegen fortgesetzter, unberechtigter, gewerbsmäßiger Jagdausübung zu drei Jahren Gefängnis. Nach den Strafverbüßungen setzte er die Wilderei fort, doch auch Diebstahl und auch andere Strafdelikte kamen hinzu. Im April 1877 wurde er wegen Diebstahls zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und im Urteil als ein „wegen seiner Verwegenheit gefürchteter Wilddieb“ bezeichnet. Vom Vorwurf der Blutschande und der Hehlerei musste er freigesprochen werden. Schon am 20. Mai 1877 floh er aus dem Bezirksgerichtsgefängnis Passau.

Er wurde nun von der Polizei gesucht, fand aber im Volk auch Sympathisanten, die ihm Unterschlupf gewährten und ihn verköstigten. Sattler kann diese Helfer aber auch gezwungen haben. Am 13. Juni 1877 verwundete er bei einem Schusswechsel den Gendarm Jakob Weber mit Schrot im Gesicht, am Hals, an der Brust, am Arm und am Oberschenkel und den Gendarm Johann Kraus am Arm, an der Hand und am Knie, während er selbst nur leicht verletzt wurde.

Am 23. Oktober 1877 wurde der 32-jährige Gendarm Michael Meisinger im Lohwald bei Ruderting erstochen aufgefunden. Zuvor hatte er in Haidereuth, einem Ort mit nur einem Anwesen zwischen Ruderting und Tiefenbach, bei der so genannten „Fuchsin“ Sattler gestellt, war aber dann von diesem durch Messerstiche ins Herz, in die Nieren und in den Kehlkopf getötet worden. Nun setzte eine Treibjagd auf den flüchtigen Mörder ein, doch zunächst wurden von den Beamten nur die leeren Unterstände gefunden. Der laut Steckbrief nur 164 Zentimeter große, aber mit einem stets geladenen Doppelgewehr bewaffnete Wilddieb kam noch einmal über den Winter.

Tod

Am 1. April 1878 konnten nach einem Hinweis zwei Gendarmen den Gesuchten im Stadel des Bauern Rauscher in Brauchsdorf stellen. Sattler schoss sofort aus dem Stadel heraus und traf bei einem der vielen Schusswechsel mit fünf „Rehposten“ (verbotener Flintenschrot) den Gendarmen Sebastian Schütz am Hals. Nach dem Eintreffen von Verstärkung aus Otterskirchen wurde Schütz von seinem Kameraden Martin Kellner mit einem Seil aus dem Schussbereich heraus zum nahen Haus gezogen, wo er um zehn Uhr nachts starb. Gut zwei Dutzend Mann umstellten das Haus und lieferten sich ein Feuergefecht mit Sattler. Bei Tagesanbruch am 2. April 1878 wurde Sattler im Stadel mit einem Schuss im Hals tot aufgefunden. Beide, Schütz und Sattler wurden am 4. April 1878 beerdigt: Der eine unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, vieler Vereine und Kameraden in Otterskirchen – der andere frühmorgens an der Friedhofsmauer in Heining, wohl außerhalb der „geweihten Erde“. Eine kirchliche Beerdigung hatte das Ordinariat in Passau für Sattler nicht gestattet.

„Weiterleben“

Dass Sattler immer noch „lebt“, mag zum einen an den Geschichten liegen, die von ihm auch heute noch erzählt werden. Viele sind wohl erfunden, übertrieben - und doch gern gehört. Zum anderen aber wird er alle Jahre wieder in Erinnerung gerufen, wenn sich im April in Otterskirchen am Grabe des Gendarmen Sebastian Schütz Vertreter der Polizei zu einer schlichten Gedenkfeier für alle im Dienst verstorbenen Kameraden einfinden.

Literatur

  • Franz Mader, Stadtarchiv Passau: Tausend Passauer. Passau 1995, ISBN 3-924484-98-8 (S. 199)
  • Stefan Rammer: Der Mordschütze Sattler Sepp. In: Passauer Neue Presse vom 15. August 2015 (S. 3)
  • Hugo Schröder: Die Gendarmerie in Bayern, Himmersche Buchdruckerei, Augsburg, 1900
  • Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz: Bayerns böse Buben, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, 1992, ISBN 3-8218-1173-0
  • Alfred Schwarzmaier: Der Sattler Sepp von Deichselberg, Verlag Attenkofer, Straubing, 2015, ISBN 978-3-942742-60-3

Weblinks

http://www.gemeinde-tiefenbach.de/tiefenbach-portrait/die-geschichte-historisches/historisches