Siegfried von Vegesack

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche
Siegfried von Vegesack und Karl Gareis. (Foto: Stadtarchiv Viechtach)

Siegfried von Vegesack (* 20. März 1888 auf Gut Blumbergshof in Livland; † 26. Januar 1974 in Weißenstein) war ein Schriftsteller und Übersetzer.

Leben und Wirken

Frühe Jahre

Geboren als neuntes Kind des Ordnungsrichters Otto Otthard von Vegesack und dessen Frau Janet Clementine von Campenhausen besuchte er von 1901 bis 1907 das Gymnasium in Riga und studierte anschließend bis 1912 Geschichte in Dorpat. 1912 verließ er Livland, um seine Studien in Heidelberg, Berlin und München fortzusetzen. Dort betätigte er sich auch als Journalist, Übersetzer und Schriftsteller. In München lernte er 1914 die aus Schweden stammende Übersetzerin und Schriftstellerin Clara Nordström kennen, die er am 16. Februar 1916 in Stockholm heiratete. In München entstand auch seine lebenslange Freundschaft mit Alfred Kubin. 1916 begann er in der Pressestelle des Auswärtigen Amtes in Berlin zu arbeiten. 1917 wurde die Tochter Isabel geboren.

Ankunft in Niederbayern

Das „Fressende Haus

Aus gesundheitlichen Gründen zog er 1917 mit seiner Familie nach Niederbayern, zuerst nach Dingolfing, dann nach Großwalding bei Deggendorf, bevor er 1918 ein Zuhause im günstig erworbenen ehemaligen Getreidekasten der Burgruine Weißenstein fand, den er mit dem Heiratsgut Claras kaufte. Hier lebte er mit seiner Familie in bescheidenen Verhältnissen. Ab der 1920er Jahre benutzte er ein Windrad zur Stromerzeugung. Das war zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich, denn die eigentliche Aufgabe der Windräder war damals der Betrieb von Wasserpumpen in der Landwirtschaft und nicht die Stromgewinnung. Gerade wegen der enormen Investitionen hatte Vegesack mit der Beteiligung der Dorfgemeinschaft gerechnet, doch die Weißensteiner blieben überwiegend beim Petroleumlicht.

Die ersten Jahre übersetzte Vegesack, teils zusammen mit seiner Frau, bedeutende Werke der russischen und schwedischen Literatur ins Deutsche, wandte sich dann jedoch mehr und mehr selbst der Schriftstellerei zu. In Weißenstein entstanden seine ersten Werke, das Theaterstück Tote Stadt (1923) und die Gedichte Die kleine Welt vom Turm gesehen (1925). 1923 wurde Sohn Gotthard geboren, der 1943 in Polen fiel.

In der Schweiz, in Schweden und Südamerika

1929 zog die Familie Vegesack für drei Jahre ins Tessin. Dort verfasse er 1932 den Roman Das fressende Haus, wie er sein inzwischen vermietetes Weißensteiner Zuhause in Anspielung auf die immensen Renovierungskosten nannte. Der Roman schildert den Erwerb des Gebäudes und das Leben seiner jungen Familie in Weißenstein. Der Name „Fressendes Haus“ blieb dem Gebäude erhalten.

Am 12. März 1933 wurde Siegfried von Vegesack vorübergehend in Schutzhaft genommen, weil auf seine Veranlassung hin eine Hakenkreuzfahne vom Turm der Burgruine Weißenstein entfernt worden war. Die politische Situation zwang den Schriftsteller nach Schweden auszuwandern, wo er 1935 von Clara Nordström geschieden wurde.

In Schweden verfasste er 1935 sein Hauptwerk, die Roman-Trilogie Die baltische Tragödie. Die Handlung beginnt mit dem Leben auf dem Gutshof und der Darstellung des sozialen Unterschiedes der Schichten, führt zu den politischen und sozialen Spannungen zwischen Russland und Deutschland und schließt mit dem Ersten Weltkrieg.

Die Jahre 1936 bis 1938 verbrachte Vegesack in Südamerika, das ihm Material für einige seiner späteren Werke brachte, darunter Unter fremden Sternen (1938), das seine Reise nach Südamerika schildert. Er hielt sich auch in Jugoslawien und im Baltikum auf, kehrte aber dann schließlich zurück in den Bayerischen Wald.

Siegfried von Vegesacks Totenbrett

Wieder in Weißenstein

1940 heiratete Siegfried von Vegesack Gabriele (Jella) Ebermayer. Aus dieser Ehe ging 1941 der Sohn Christoph hervor. 1941 wurde er freiwillig Wehrmachtsdolmetscher an der russischen Grenze, von wo aus er 1944 nach Weißenstein zurückkehrte. Über diese Zeit berichtet er in Soldaten hinterm Pflug (1944), einem Erlebnisbericht aus dem Osten und vor allem in Als Dolmetscher im Osten. Ein Erlebnisbericht aus den Jahren 1942-43 (1965).

Ab 1945 lebte Vegesack mit seiner Familie, später auch mit drei seiner Brüder und deren Familie wieder in seinem Fressenden Haus. Freundschaftliche Verbundenheit mit verschiedenen Künstlern, darunter Hans Carossa, Reinhold Koeppel und Heinz Theuerjahr begleitete diese Jahre. Er unternahm noch mehrere Reisen nach Südamerika, wovon er unter anderem in dem Reisebuch Südamerikanisches Mosaik. Reisenotizen aus Brasilien, Argentinien, Paraguay, Chile und Peru aus dem Jahre 1962 berichtete.

1967 erschienen die letzten seiner im Fressenden Haus verfassten Bücher: Der Waldprophet. Geschichten aus dem Bayerischen Wald beinhaltet drei Erzählungen, wobei die erste von dem sagenumwobenen Waldpropheten Mühlhiasl handelt, ferner der Roman Die Überfahrt. 1972 starb Ehefrau Gabriele. Nach seinem eigenen Tod 1974 erschienen 1979 und 1981 zwei letzte Werke: Baltische Erzählungen und Die Männer im Feuerofen. 2 Erzählungen aus Russland.

Vegesack schuf über 50 literarische Werke: Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik und Reiseberichte. Er wurde wie vor ihm bereits seine Gattin auf eigenen Wunsch zusammen mit seinen Hunden in der Nähe des Fressenden Hauses beerdigt. Dieses Waldgrab hatte er den Behörden nicht ohne List abgetrotzt. An seinem Grab befindet sich ein Totenbrett zu seiner Erinnerung. 1999 erhielt die Realschule in Regen den Namen Realschule Siegfried-von-Vegesack. Eine Siegfried-von-Vegesack-Straße gibt es im Regener Ortsteil Kattersdorf und in Frauenau.

Literatur

  • Hans Vogl: Ironisch-liebevoller Blick vom Turm herab. In: Der Bayerwald-Bote vom 25. Januar 2014 (S.20)

Weblinks