Troadkasten

Aus RegioWiki Niederbayern
Wechseln zu: Navigation, Suche
Im Bayerischen und Oberpfälzer Wald waren Troadkästen häufig freistehend. Der Kasten in Hinterreut bei Auerbach war um 1900 noch mit Legschindeln eingedeckt.

Der bairische Begriff für Getreidespeicher ist Troadkasten (auch Traidkasten oder Troidkasten). Der Kasten, also das bauliche Gefüge der Wände, ist in Kantholzblockbau errichtet. Der Boden ist aus Holzbohlen mit Nut-und-Feder-Stößen, die Decke ist durch eine Stülpschalung unter einer Schindel- oder Ziegeldeckung möglichst dicht ausgebildet. Der Kasten war gewöhnlich aufgestelzt, der Raum unter dem Kasten diente als Wagenschupfen.

Beschreibung

Zweck und Gefüge

Troadkasten über einem Wagenschupfen im Rottal (Foto: Theodor Heck, um 1955)

Ein Troadkasten diente am Bauernhof zur trockenen Aufbewahrung von Futter- und Brotgetreide und Saatgut. Große Mengen wurden am Boden aufgeschüttet, kleine Mengen wurden in eingebaute Schüttläden gefüllt.

Das Getreide wurde nach dem Schnitt auf dem Feld zum Nachtrocknen aufgerichtet, wenige Tage später mit dem Wagen in den Stadel geschafft und erst dort im späten Herbst mit einer Dreschmaschine (in früherer Zeit mittels Handdrusch mit Dreschflegeln) auf der Tenne ausgedroschen.
Das in Leinensäcke („Maltersäcke“) abgefüllte Getreide wurde von manchen Bauern „von der Tenne weg“ an einen Händler verkauft und nur der Eigenbedarf wurde am Hof eingelagert. Wer jedoch abwarten konnte, schüttete die Ernte im eigenen Troadkasten auf, sorgte dort durch regelmäßiges Wenden für gute Bewahrung und verkaufte erst dann, wenn im fortgeschrittenen Winter die Preise anzogen.

Gegen Diebstahl ist der Kasten mit einer verschließbaren sehr festen Türe gesichert, die zum Lüften geöffnet wird.[1] Schwelle, Sturz und Pfosten der Türe sind im Gefüge des Blockbaus ausgeführt. Ein bewegliches Gatter in der Türlaibung oder vor dem Stock hindert Hühner und Tauben am Einfliegen. Ein Schlupf für Katzen zum Dezimieren der Nager ist freigehalten.

Im südlichen Niederbayern bildete ein zweigeschossiger Schupfen mit „Machlkammer“ und Wageneinstelle, gelegentlich auch minderen Stallungen häufig eine Seite des mehrseitig angelegten Hofes. Der Getreidekasten ist als Kantholzblockbau im Obergeschoss dieses Gebäudes in ein Ständerbauwerk (verbrettert oder ausgebohlt) eingefügt. Vor dem Kasten verläuft ein Schrot, der über eine Treppe erschlossen ist.

Häufig war der Getreidekasten in das Obergeschoss des Wohnhauses eingefügt[2]. Freistehenden Kästen wurden oft auskragende Steine untergelegt, zum Schutz vor aufsteigender Bodenfeuchte und zur Abwehr von Mäusen.

Belegt sind auch zweistöckige (also dreigeschossige) Troadkästen.[3]

Dekor, Befunde, Ausstattung

Blockbau und Böden sind fugendicht ausgeführt, damit Körner nicht verrieseln und Mäuse nicht allzu leicht eindringen können. Den Schüttboden umlaufen als Zarge hochkant gestellte Bretter. An in situ erhaltenen und im Ganzen translozierten Getreidekästen sind klaffende oder durch Mäusefraß geweitete Fugen überdeckt mit (häufig aus Konservendosen geschnittenen) Blechstreifen vorzufinden.

Weil das Brot-, Futter- und Saatgetreide neben dem Vieh den Betrieb der Landwirtschaft und den Bestand der Familie sicherte, war der Troadkasten baulich in besonders hoher Qualität ausgeführt. Datierungen, Initialen des Bauherrn oder (religiöse) Symbole und Sachmotive in sog. Zimmermannsmalerei an der Untersicht der Stülpschalung waren häufig anzutreffen.[4] Der Schrot vor dem Zugang zum Kasten ist gewöhnlich als einfacher Stangenschrot, gelegentlich mit einer aufwändiger gestalteten Brüstung ausgeführt.

Troadkästen „wurden vereinzelt zu Wohnungen für Inleute oder Austrägler (…) – und nach dem 2. Weltkrieg auch für Flüchtlinge – umgebaut.“[5]

Zur Ausstattung der Troadkästen gehörten hölzerne Getreideschaufeln[6], außerdem Handsiebe („Reitern“) und eine Windfege („Windmühle“) mit Rüttelsieb zum Reinigen.

Troadkästen in Museen

Der Troadkasten beim Kappl-Hof im Freilichtmuseum Finsterau (Foto: Martin Ortmeier, 2014)
Hühnergatter am Troadkasten des Kappl-Hofs im Freilichtmuseum Finsterau (Foto: Martin Ortmeier, 2012)

Das Museumsdorf Bayerischer Wald in Tittling hat eine größere Anzahl von Getreidekästen gesammelt, u.a. den Getreidekasten vom Geigerhof aus Grub bei Konzell (erbaut 1767). „Im Museumsdorf wird in einer ‚Formenreihe Getreidekästen‘ der Typus ‚Getreidekasten‘ in seiner Vielfalt besonders augenfällig“.[7]

Im Freilichtmuseum Finsterau ist der freistehende Troadkasten des Kappl-Hofs erhalten: „Der Getreidekasten ist ein besonders sorgfältig gefügter, aufgeständerter Blockbau, ein zierliches Hühnergatter, die Bauinschrift 1712 und raumseitig an der Türe ein Zahnriegelschloss sind bemerkenswert. Dass eine Blockbauwand schräg angesetzt ist, erklärt sich durch die enge Hofsituation, die zwischen Stadel und Kasten eine Durchfahrt erforderte.“[8]
Ein Troadkasten aus Haibach ist seit zirka 1990 zerlegt in Finsterau eingelagert.[9]

Der Blockbau des Troadkastens in der Vierseitanlage des Kochhofs im Freilichtmuseum Massing ist über einem Wagenschupfen untergebracht: „Wagenschupfen und Getreidekasten aus Tiefstadt bei Eggenfelden: Ständerbohlenbau mit in Blockbau gezimmertem Getreidekastenaufbau und gemauerter Werkstatt im Erdgeschoss.“[10]

Im Bauernhausmuseum Erding sind Getreidekästen aus Rindbach (Gemeinde St. Wolfgang, erbaut 1791), Kirchstetten (Gemeinde Dorfen, erbaut 1824) und Niederneuching (Gemeinde Neuching, erbaut 1581) ausgestellt.

Das oberbayerische Freilichtmuseum Glentleiten zeigt Getreidekästen aus Prem (erbaut 1622), Portenläng (Gemeinde Brunnthal, erbaut 1676), Ramsau (Hausname „Mösler-Lehen“, erbaut 1501) und Moosen (Gemeinde Tittmoning, erbaut 1512)[11]

Literatur

  • Torsten Gebhard: Der Troidkasten vom Göttlhof. Viechtach 1985
  • Raimund Schmid: Troadkästen. Getreidespeicher im Bezirk Rohrbach. Rohrbach 1992
  • Hans Falkenberg: Ein Haus zieht um. Der Troadkasten von Schlag. Eine Dokumentation. Pfarrkirchen und Haßfurt (Verlag Institut für Alltagskultur), 2004, ISBN 3927332232

Weblinks

Artikel in Wikipedia [1]

Anmerkungen

  1. Am Trodkasten des Kappl-Hofs im Freilichtmuseum Finsterau ist ein hölzerner Zahnstangenriegel erhalten
  2. Am Petzi-Hof im Freilichtmuseum Finsterau sind im Blockbaugefüge des Wohnhauses zwei Kästen ausgebildet: der „Kornkasten“ (für Roggen, also Brotgetreide) und der „Habernkasten“ (für Hafer, also Futter-Getreide). In der ins Freilichtmuseum Massing translozierten Görgenmannsölde diente der (hilfsweise fugendicht gemachte) Dachboden als Troadschütte.
  3. z.B. am „Steffl-Hof“ bei Kollnburg; sh. Martin Ortmeier: Herent und drent. Alte Bilder aus dem Bayerischen Wald und Böhmerwald. Regenstauf 20182, ISBN 978-3-95587-061-4, S. 85
  4. Datierungen und Bemalung mit Symbolen oder Initialen gibt es u.a. am Troadkasten des Kappl-Hofs im Freilichtmuseum Finsterau und am Troadkasten in Kanau 6 (Stadt Waldkirchen, „Zweigeschossiger Flachsatteldachbau in Holz-Blockbauweise, mit Giebelschrot und Bemalungen, bezeichnet 1788“; sh. [2])
  5. Siehe Website des Museumsdorfs in Tittling: [3]
  6. Zur Herstellung aus einem Stück Holz sh. Abbildung in Martin Ortmeier: Schee is gwen, owa hirt. Alte Bilder aus dem Bayerischen Wald. Regenstauf 20185, ISBN 978-3-95587-062-1, S. 87
  7. Siehe Website des Museumsdorfs in Tittling: [4]
  8. Siehe Niederbayern-Wiki zum Kappl-Hof: [5]
  9. Die von Dr. Martin Ortmeier geplante Baugruppe Altlandkreis Bogen (Az. F 7.5.1 im Archiv des Freilichtmuseums Finsterau), für die mehrere Bauten (Stadel Ellaberg, Az. F 7.5.2, Wohnstallhaus Edenhof, Az. F 7.5.5, und Getreidekasten Haibach, Az. F 7.5.6) eingelagert sind, wurde bis dato nicht realisiert, weil der Erwerb der dafür nötigen Fläche nicht gelungen ist.
  10. Siehe Niederbayern-Wiki zum Freilichtmuseum Massing: [6]
  11. Siehe Website des Museums: [7]