Waldrappteam Burghausen

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Projektleiter Johannes Fritz im Fluggerät beim Flugtraining. (Foto: Waldrappteam)
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Der Start des Ultraleichtfliegers am 18. August 2010 wurde von drei Fernsehteams begleitet. (Foto: Janssen)
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Der in Bergheim heimisch gewordene Waldtrapp und sein Nachwuchs. (Foto: Waldrappteam)
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Waldrappen im Formationsflug auf dem Weg nach Süden. (Foto: Waldrappteam)

Das Waldrappteam Burghausen begleitet Waldrappe in einem Ultraleichtflieger nach Italien. Projektleiter ist Johannes Fritz. Es ist der weltweit erste Versuch eine Zugvogelart wieder anzusiedeln.

Methoden

Seit 2002 entwickeln und testen das Waldrappteam und seine Partner Methoden, um Nachkommen von Zoovögeln wieder ein Überleben in freier Wildbahn zu ermöglichen. Unter anderem werden alle Waldrappe mit Sendern ausgestattet, die regelmäßig die aktuelle Position an die Waldrappteam-Zentrale melden. Diese neue Technologie erlaubt den Forschern, die Aufenthaltsorte aller Vögel permanent zu kontrollieren. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für den Schutz unserer Vögel und für die Forschung.

Geschichte

Ursprünge

Begonnen hat das Engagement des Waldrappteams vor Ort bereits 2004 mit einer Einladung seitens des Umweltamtes der Stadt Burghausen und des Bundes Naturschutz. Das Projekt wurde im Rahmen der Landesgartenschau Burghausen präsentiert. Hintergrund der Präsentation war, dass im Umfeld von Burghausen entlang der Salzach mehrere historische Brutvorkommen dieses bereits im Mittelalter in Europa ausgestorbenen Vogels überliefert sind. Projektleiter Johannes Fritz:

„Die historischen Nachweise und die ökologische Wertigkeit der landwirtschaftlichen Flächen im Umfeld von Burghausen sind eine Grundlage für unser Engagement hier in Burghausen. Zum Erfolg der vergangenen Jahre hat aber auch die hervorragende Zusammenarbeit sowie die Förderungen seitens der Stadt Burghausen, der Regional- und Kreisgruppe des Bundes Naturschutz und der Zoologischen Gesellschaft Braunau beigetragen. Außerdem wurde unser Engagement durch das breite Interesse der Bürger und die wohlwollende Unterstützung der Landwirte im Umfeld der Stadt sehr erleichtert.“

Im Frühjahr 2010 wurden bereits 16 Waldrappe aufgezogen und im Camp Laimgrube trainiert.

Begleitung

Im August 2010 führte das Team die Vögel zum vierten und letzten Mal nach Italien: Am 18. August brach das Waldrappteam auf, um in einer rund 40 Tage dauernden Reise eine Gruppe junger Waldrappe über 1.300 Kilometer in ein Wintergebiet in der südlichen Toskana zu führen. Drei Fernsehteams begleiteten den Start des Ultraleichtfliegers mit dem Piloten und der Rappen-Ziehmutter. Die Vögel folgten dem Lockruf der Ziehmutter, verließen ihren Stall und flogen in den morgendlichen Sonnenhimmel. Dann erfolgte der Start des Fliegers. In der Luft schlossen sich ihm die Vögel an und nahmen Kurs auf Ried im Innkreis, der ersten Station ihres Fluges in den Süden.

2011 kamen die ersten geschlechtsreifen Waldrappe aus der Toskana zurück. Dabei haben erstmals vier Waldrappe den Alpenhauptkamm überflogen, um ihr Brutgebiet im bayrischen Burghausen zu erreichen. Sie brüten im Camp, um ihren Jungen wiederum selbstständig den Weg in das Wintergebiet zu weisen. Im Herbst 2011 haben sie auf dem Weg zurück in den Süden tatsächlich einen Jungvogel mit in das Wintergebiet in der Toskana geführt.

Verluste durch Wilderer

2011 hat das Projekt einen herben Rückschlag erlitten. Während der Vogeljagdzeit im letzten Herbst verschwanden in Italien 15 Tiere. Es ist davon auszugehen, dass die Vögel großteils Wilderern zum Opfer gefallen sind. Der dokumentierte Fall von „Remus“ stützt diese Annahme: Der junge Waldrapp wurde in den italienischen Abruzzen von Wilderern angeschossen. Ein Artgenosse am selben Ort wurde tot aufgefunden, ein weiterer Vogel blieb vermisst. Vor Beginn der nächsten Migrationsflüge wurden deshalb die Jäger gezielt über die Bedeutung des Projektes informiert.

Ein weiterer Waldrapp namens „Marketa“ wurde während der Futtersuche am 6. Juni 2014 mit einem Luftgewehr angeschossen, welcher daraufhin abstürzte und sich dabei den Flügel brach.

Zuwachs

Ende März 2012 begann die Frühjahrsmigration der insgesamt aus rund 40 Vögeln bestehenden Kolonie. Als erster Vogel erreichte im April 2012 ein Weibchen Burghausen. Damit bestand erstmals die Hoffnung auf eine Brut. Und in der Tat bekam die kleine Waldrapp-Kolonie am Stadtrand von Burghausen Mitte Mai 2012 Zuwachs von sechs gesunden Jungvögeln. Bereits zwei Monate später folgten sie den erwachsenden Vögeln auf die Nahrungswiesen.

Umsiedlung

Die Waldrapp-Kolonie soll ab 2015 von ihrem bisherigen Standort Laimgrube an die Burgwehrmauer in Burghausen umziehen und dort nisten. Der Ortswechsel ist erfoderlich, weil das bisherige Waldrappen-Camp am Ort Laimgrube für die wachsende Anzahl an Vögeln zu klein wurde. Im April 2014 wurden bereits Holzkonstruktionen an der Wehrmauer neben dem Pulverturm montiert. Auch wird ein vorübergehende Netzvoliere vor die Brutwände montiert, in die die Waldrappen gesperrt werden sollen. Erst wenn diese ihre Nester gebaut und Eier gelegt haben, kann die Voliere entfernt werden, denn dann bleiben die Brutvögel an den Standort gebunden. In den Folgejahren wird das Prozedere wiederholt, bis die Vögel allmählich direkt die Wehrmauer anfliegen. Die am neuen Standort geschlüpften Küken sind von Anfang an an die Wehrmauer gewöhnt und werden als geschlechtsreife Vögel zur Brut dorthin zurückkehren. Diese Umnistung ist ein Teil des EU-Projekts „LIFE“ zum Erhalt der Art.

Erfolge

Das Waldrappprojekt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem international aktiven Artenschutz und Forschungsprojekt entwickelt. So tragen die physiologischen und energetischen Untersuchungen im Rahmen der menschengeleiteten Migrationen wesentlich zum Verständnis des extrem leistungsfähigen Zugvogels bei. Derzeit laufen überdies Bemühungen um die Erhaltung des inzwischen nur mehr aus drei Vögeln bestehenden Wildbestandes im Nahen Osten. Hier haben zwei Mitarbeiter des Waldrappteams maßgeblich zum Erfolg eines außergewöhnlichen Schutzprojektes beigetragen. Seit 2011 engagiert sich das Waldrappteam auch im marokkanischen Atlasgebirge.

Literatur

Weitere Berichterstattung der PNP