58. Europäische Wochen

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Der gelbe Engel, das Logo der EW.

Die 58. Europäischen Wochen im Jahr 2010 standen unter dem Thema „Frauengestalten – Frauen gestalten“ und thematisierten damit Frauen der europäischen Kulturgeschichte. Vom 10. Juni bis zum 18. Juli umfasste das Programm insgesamt 73 Veranstaltungen aus diversen Bereichen, wie beispielsweise Musik, Theater, Lesungen, Filme, Vorträge und Ausstellungen. 44 der Veranstaltungen fanden in Passau statt, 25 in Ostbayern und jeweils zwei in Oberösterreich und Böhmen.

Die Schirmherrin der 58. Europäischen Wochen war die ehemalige Staatsministerin Dr. Hildegard Hamm-Brücher.

Für weitere Informationen siehe: Festspiele Europäische Wochen Passau.

Über die 58. Europäischen Wochen

Bei der Präsentation der diesjährigen Festspiellandkarte. (Foto: Fischer)
Das Ensemble Nuova Compagnia die Canto Popolare auf dem Residenzplatz.

Thema

Unter dem Motto „Frauengestalten – Frauen gestalten“ thematisierten die 58. Europäischen Wochen die Frauen der europäischen Kulturgeschichte. Bei den ausführenden Künstlern wird die Weiblichkeit dominant sein. Als Schirmherrin wurde eine bedeutende Dame der bundesrepublikanischen Geschichte gewonnen: Staatsministerin a.D. Dr. Dr. h.c. Hildegard Hamm-Brücher (FDP).

Programm

Weil das weibliche Prinzip die Liebe ist, gab es 2010 wieder eine Ouvertüre im Freien, die der Liebe gewidmet ist, mit neapolitanischen Liedern und der Nuova compagnia di canto popolare. Das Eröffnungskonzert dirigierte die Griechin Konstantia Gourzi. Die Brünner Philharmoniker spielten Werke von Ligeti, Berlioz, Strawinsky und Strauss. Das Schlusskonzert brachte ein in Deutschland selten aufgeführtes Werk: Jules Massenets Marienoratorium „Die Heilige Jungfrau“ mit der Südböhmischen Kammerphilharmonie unter dem Dirigenten Jeanpierre Faber und dem Chor der Gesellschaft der Musikfreunde, einstudiert von Lina vom Berg.

Im religiösen Kontext steht vor allem die Figur der Heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria im Mittelpunkt. Ihr war auch die 8. Passauer Orgelnacht von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang gewidmet, die – abgesehen von Domorganist Ludwig Ruckdeschel – ausschließlich von weiblichen Gast-Organistinnen bestritten wurde. Zwei musikalische Glanzlichter erwarteten die Besucher mit dem Oratorium „Der Seele Ruh“ nach den Worten des Mystikers Meister Eckhart von Roland Kunz. Es spielte das Münchner Rundfunkorchester unter Anu Tali. Zweites Glanzlicht war das Konzert des Bundesjugendorchesters, das die erste und zehnte Sinfonie von Gustav Mahler brachte mit der Solistin Stella Doufexis.

Außerordentlich hoch waren 2010 die Uraufführungen, sieben an der Zahl: Die Festspiele vergaben unter anderem Kompositionsaufträge an Konstantia Gourzi und Sofia Gubaidulina sowie an Agustin Castilla-Avilla für „Don Quijotes Dulcinea“ nach dem Roman von Miguel de Cervantes. Eine Uraufführung, die Musik, Tanz und Theater vereint, verbarg sich hinter dem Jean-Cocteau-Titel „Geliebte Stimme“ mit der Musik von Gloria Coates, der Lesung von Liz Verhoeven und dem Tanz von Andrea Sitter, einer gebürtigen Passauerin, die nach Paris auszog, um dort eine Tanzkarriere zu machen.

Auch zwei ganz große Namen präsentierten die EW: Emma Kirkby, die Königin der alten Musik, die bereits viel umjubelter Gast bei den EW war, trat 2010 zusammen mit Countertenor Michael Chance und dem Ensemble Musica Petropolitana auf und singt u. a. Werke von Bach und Vivaldi. Die große Elisabeth Leonskaja gab einen Schubert-Abend. Musikalisch Ausgezeichnete präsentierten die Festspiele mit der Cellistin Sol Gabetta (Echo Klassik 2009), die Werke von Haydn und Mozart spielt, und mit der Sopranistin Nuria Rial (Echo Klassik 2009), die Werke komponierender Frauen des Barock sowie von Georg Friedrich Händel vortrug. Mit dem bereits traditionellen Concertino-Praga-Konzert wurde ganz junger Nachwuchs vorgestellt.

Die vormittägliche Reihe Piano nobile stellte die Pianistinnen Ana-Marija Markovina, Lilya Zilberstein, Anna Vinnitskaja und Olga Kern vor. Mit Martina Filjak kehrte eine Pianistin zu den Festspielen zurück, die hier maßgeblich gefördert wurde, jetzt den Cleveland-Preis gewonnen hat und eine Tournee mit 50 Konzerte durch die USA macht. Sie spielte zusammen mit Ewa Kupiec einen Chopin-Abend zu dessen 200. Geburtstag. Musikerinnen, die durch Konzerte besonders geehrt werden, waren unter anderem die Venezianerin Barbara Strozzi, Clara Schumann und Fanny Hensel.

Unter den Raritäten sind zu nennen das Mozart-Oratorium „La Betulia Liberata“, das geleitet wurde von Michi Gaigg, die Marienmotetten von Georg Friedrich Händel mit den Regensburger Domspatzen unter Roland Büchner, die Musik der Hildegard von Bingen, die sieben Konzerte für die Mädchen des Waisenhauses in Venedig, komponiert von Antonio Vivaldi, beim Traumtag in Böhmen.

Bei der Opulenz des Programms kam das Theater eindeutig zu kurz, auch wenn der klingende Name der Corinna Harfouch dabei war. Die bekannte TV- und Bühnendarstellerin brachte unter dem Titel MedeaElektra Fragmente der Liebe von der Antike bis heute. Ansonsten gab es als Sprechtheater noch die „Fromme Helene“ nach Wilhelm Busch mit der Schauspielerin Barbara Kratz und eine literarisch-musikalische Collage in vier Szenen „Bayerische Amazonen“ nach dem Buch von Michaela Karl mit Barbara Dorsch, Bettina Mittendorfer und Gerlinde Feicht. Ein Abend mit Gisela May führte in die Berliner Welt der Schauspielerin und Diseuse.

Für Familien gab es unter anderem wieder das Picknickkonzert, diesmal unter dem Motto „Women in Jazz“, Puppentheater (Spejbl und Hurvinek aus Prag) und Katzengeschichten mit Jovita Dermota sowie das Kinderkonzert „Karneval der Tiere“ und „Klasse Klassik“, ein BR-Projekt mit Schülern und Chören der Region. Außerdem gab es wieder einen Ballettabend mit dem „Spitzentanz der jungen Elite“ aus der Ballett-Akademie von Konstanze Vernon. Für die kleinsten Zuhörer gibt es das 2. Passauer Babykonzert, diesmal mit der Harfenistin Fuchs-Savary und dem Cellisten Yves Savary.

Die Messen sind ebenso Tradition wie eine Veranstaltung mit der Universität Passau, die die Lyrikerin Anja Utler präsentierte, und der Passauer Tetralog in der Gestaltung und Moderation von Prof. Heinrich Oberreuter, der sich Frauen in der Politik widmete. Die Filmreihe stellte drei große europäische Schauspielerinnen vor: Liv Ullmann, Anna Magnani und Jeanne Moreau.

Eröffnung

Als Zeichen für ein Europa des Friedens, der Freiheit und der Freundschaft wertete Staatssekretär Dr. Marcel Huber die 58. Europäischen Wochen Passau bei seiner Eröffnungsrede im Großen Rathaussaal in Passau. Er bezeichnete die Festspiele als „Aushängeschild des Kulturstaats Bayern und der gesamten Festspielregion“. Der Politiker, der in Vertretung von Ministerpräsident Horst Seehofer nach Passau gekommen war, betonte besonders: „Das Markenzeichen der EW ist die Kinderoffenheit. Die Europäischen Wochen sind auch gestaltet von und für Menschen jeden Alters. Damit setzen sie ein Zeichen für kulturelle Bildung von Kindesbeinen an.“ Zugleich sagte er dem Festival weitere finanzielle Unterstützung zu und gratulierte dem EW-Vorstandsvorsitzenden Willi Schmöller zum 50. Geburtstag des „kraftvollen EW-Vereins“.

Festrednerin Prof. Irina Scherbakowa, russische Historikerin und Menschenrechtlerin, sprach über die Frauen in Russland: Die Last der Vergangenheit, die Schwierigkeit der Gegenwart und die Hoffnung der Zukunft. Dabei stellte sie Einzel- und Kollektivschicksale dar und bezeichnete die „Frauen als Vermittlerinnen des Gedächtnisses des 20. Jahrhunderts. Danach genossen rund 700 Gäste den Sommerabend beim Staatsempfang auf Donauwellen. „Die Kultur schwimmt eben gegen den Strom“, scherzte der Intendant im Gespräch mit Staatssekretär Marcel Huber, als die MS Linz donauaufwärts ablegte. Der zeigte sich im Gespräch als Passau-Kenner, schwärmte von den vielen Familienurlauben auf der Englburg. Die Stadt habe sich in den letzten Jahrzehnten enorm zum Positiven verändert. Die kulturelle Öffnung habe sicher auch zur politischen Öffnung in der Mitte Europas ihren Teil beigetragen, waren sich die beiden einig.

Während der zweistündigen Fahrt auf Donau und Inn genossen die Festgäste das kalt-warme Buffet aus der Bordküche und die guten Gespräche oder ließen sich einfach am Oberdeck den kühlenden Wind um die Nase wehen. Pünktlich zum Eröffnungskonzert mit den Brünner Philharmonikern in der Studienkirche legte die MS Linz wieder vor dem Rathaus an.

Bilanz

Intendant Pankraz Freiherr von Freyberg ist es auch 2010 gelungen, künstlerisch starke und finanziell solide Festspiele mit 74 Veranstaltungen in drei Ländern auszurichten.

Genau 11.671 Karten wurden verkauft, unwesentliche 157 weniger als im Vorjahr. 278.000 Euro kamen dadurch in die Kasse – das liegt zwar unter den 290.000, die der Schatzmeister auf der Mitgliederversammlung im Mai als Ziel ausgegeben hatte, aber über dem Vorjahresergebnis von 277.000. Dass die Gesamtbesucherzahl, inklusive kostenloser Veranstaltungen, von rund 40.000 auf 27.000 zurückgegangen ist, bedeutet keinen Einbruch, sondern liegt daran, dass die EW für die Skulpturenausstellung am Passauer Innufer jetzt 100 statt 1000 Besucher täglich veranschlagen. Besonders erfreut zeigte sich der Intendant über das gemischte Publikum, 1.700 Karten wurden an Schüler und Studenten verkauft.

Die Festspiele kosteten rund 1,3 Millionen Euro und wurden von 250 Sponsoren unterstützt. Zu den größten Zuschussgebern gehörte die Stadt Passau, sie stand nach dem Freistaat Bayern an zweiter Stelle.

Literatur

Weitere Berichterstattung der PNP

Weblinks


Festspiele Europäische Wochen Passau

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