Flachsbrechhaus (Finsterau)

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1978 nahe Rehberg– Vorderseite
1978 nahe Rehberg– Rückseite

Das Flachsbrechhaus aus Rehberg bei Grainet ist ein historisches Bauwerk der ländlichen Subsistenzwirtschaft (bäuerliche Selbstversorgung).
1982 wurde das Gebäude im Freilichtmuseum Finsterau aufgebaut, 2016 von Grund auf saniert und mit einer Ausstellung ausgestattet.

Beschreibung

Flachsbrechhäuser dienten für die gröberen Arbeitsgänge der Leinfasergewinnung aus der Flachspflanze (Faser-Lein). Sie waren wegen der erhöhten Brandgefahr meist abseits des Hofes oder Dorfes gelegen. Im Flachsbrechhaus fanden zwei aufwendige Arbeitsgänge bei der Flachsverarbeitung statt: das Dörren der zuvor auf der Wiese „geretzten“ (durch Feuchte fermentierten) Flachsstengel und das anschließende Brechen und Abstreifen der holzigen Anteile.

Das Flachsbrechhaus aus Rehberg besteht aus drei verschiedenen Konstruktionsteilen: der in Blockbauweise errichteten Dörrstube, dem aus Naturstein und wenigen Ziegeln gemauerten Ofen mit Schürkammer und Kamin und dem eigentlichen Brechelraum, der als mit Brettern verschlagener Holzständerbau ausgeführt ist.

Geschichte

2018 im Freilichtmuseum Finsterau
Ausstellungstafel 2 im Freilichtmuseum

Erbaut wurde dieses Haus wohl Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. 1979 wurde das verfallende, nur noch als Geräteschupfen genutzte Baudenkmal auf Empfehlung des Kreisheimatpflegers Peter Dellefant vom Landkreis Freyung-Grafenau abgetragen und auf dem Gelände des entstehenden Freilichtmuseums in Finsterau (behelfsweise) abgelagert. 1982 wurde es im Museum wiederrichtet, 2016 erfolgte eine bauliche Sanierung (mit Auswechselung 1982 nicht sachgerecht verbauter Balken, Erneuerung des Kaminkopfes, Teilerneuerung der Verschlagbretter und – zur bauphysikalischen Vorsorge – Anbringen von Regenrinnen).

Bauaufmaß (schematisch) 1979: Architekturbüro Hofmeister, Eggenfelden – Bauleitung Aufbau 1982 im Freilichtmuseum Finsterau: Josef Graf, Freilichtmuseum Finsterau
Sanierung und Ausstattung 2016 im Freilichtmuseum Finsterau: Dr. Martin Ortmeier (Konzept, Finanzierung), Franz Plöchinger (Bauleitung), Gabriele Blachnik (Ausstellung: Konzept, Texte, Medien), Konrad Obermeier (Inventar)

Um die fern von den Siedlungen gelegenen Flachsbrechhäuser ranken sich Schauer-, Wildschützen-, Deserteur- und Liebesgeschichten.

Darstellung im Museum

Exponate in einer staubdichten Vitrine

2016 wurde (unter der hemmenden Vorgabe, dass die Räume nicht klimatisierbar und nicht staub- und ungezieferfrei zu halten sind) eine Dauerausstellung mit wenigen Exponaten ausgestattet.
Die Ausstellung ist unter dem Titel „Tausend Stunden vom Leinsamen zum Tuch – Tisíc hodin od lněného semínka k šátečku„ in deutscher und tschechischer Sprache mit knappen, im Stehen zu rezipierenden Texten erschlossen.

Im Vorfeld des Hauses wird im Museum zumeist ein kleines Flachsfeld angelegt. Die Erträge werden im Rahmen museumsdidaktischer Aktionen verarbeitet.

Literatur

  • Martin Ortmeier: Freilichtmuseum Finsterau. Die Bauernhäuser und ihre Geschichte. Passau 2009 (Dietmar Klinger Verlag), ISBN 978-3-232949-87-6, S. 106–107
  • Jasmin Beer: Flachsbrechen. Vom Leinsamen zum Tuch. Landshut (Zweckverband Niederbayerische Freilichtmuseen) 2013, ISBN 9783940361110 (Fundstelle: Staatsbibliothek Passau, Signatur 280/LB 94100 B415 und S/Sm 438)

In einer 1998 in der Reihe „Bauernhäuser in Bayern“ erschienenen Überblicksdarstellung zum bäuerlichen Hausbau im südlichen Oberbayern geht der Hausforscher Georg Waldemer auf das „Brechelbad“ ein und belegt auf der Grundlage von Archivquellen den wohl im 17. Jahrhundert einsetzenden Funktionswandel dieses Gebäudetyps von der Badstube hin zur Flachsbrechstube.