Franz Mußner

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Prof. Dr. Dr. Franz Mußner. (Foto: Jäger)

Prof. Dr. Dr. Franz Mußner (* 31. Januar 1916 in Feichten an der Alz; † 3. März 2016 in Passau) war ein renommierter Bibelwissenschaftler und Pionier der jüdisch-christlichen Verständigung.

Leben und Wirken

Franz Mußners Vater fiel im Ersten Weltkrieg, seine Mutter starb als er 17 war. Die nationalsozialistische Machtergreifung und der Kriegseinsatz, aus dem er 1944 als „wehrunwürdiger“ katholischer Theologiestudent entlassen wurde, haben ihn misstrauisch gemacht gegenüber politischen Parolen und hellsichtig für den Völkermord an den Juden. Im Fiasko des Kriegsendes wurde er am 2. April 1945 in Passau zum Priester geweiht. Nach zwei Jahren der Pfarrseelsorge in Neuötting und Tittling vertiefte er seine Wurzeln auf dem Feld der Bibel und der Bibelwissenschaft. Nach der theologischen Promotion 1950 in München, dem Erwerb des Lizentiats am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom und der Habilitation 1952 war Mußner kurz Privatdozent in München, dann über zwölf Jahre Professor in Trier und von 1965 an bis zur Emeritierung 1981 Professor für neutestamentliche Exegese in Regensburg. Seit dieser Zeit weiß er sich mit dem früheren Dogmatikprofessor und jetzigen Papst Benedikt XVI. befreundet.

Seit 1978 ist er Mitglied des Passauer Domkapitels, mit der besonderen Aufgabe eines „Theologus Canonicus“, eines theologischen Beraters des Bischofs, die er bis 1987 offiziell ausübte. Mußner war außerdem Berater der Ökumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Consultor des Vatikanischen Einheitssekretariats und Diözesanvertreter des Vereins vom Heiligen Land sowie Mitglied des wissenschaftlichen Rats der Katholischen Akademie in Bayern.

Größte Aufmerksamkeit in theologischen Kreisen aller Kontinente erregte er 1979 mit seinem – alsdann in sechs Weltsprachen übersetzten – „Traktat über die Juden“. Intention und Herzstück dieses bahnbrechenden, tief reflektierten Werkes ist Mußners akribisch erarbeitetes Credo an eine symbiotische Erdung von Christentum und Judentum, als denn „Altes und Neues Testament zusammengehören und die Wurzel uns trägt, nicht umgekehrt“. Somit wandte und wendet sich Mußner, der nach Gymnasialjahren in Niederalteich und Passau und nur kurzer Zeit als Priesteramtskandidat zum soldatischen Dienst einberufen wurde und den die jüdische Thematik im Zuge eines intensiven persönlichen Lernprozesses erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg zu beschäftigen begann, gegen eine verbreitete Manier christlicher Hybris: demnach verdienten die Juden alles ihnen im Verlauf der Geschichte zugefügte Leid, waren sie doch schuldig geworden am Tode Christi. Indem Mußner solche Scheinlegitimierung des christlichen Antijudaismus ad absurdum führt, deutet er auch jenes strittige „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ keinesfalls als jüdische Selbstverfluchung, sondern als Ausdruck hoffender Gewissheit, dass Jesus für alle Menschen, auch für die Juden gestorben sei.

Vieles hat er seither zu diesem Thema veröffentlicht. Er vertiefte seine Affinität zum Judentum, hat diese nicht nur in Schriften, Aufsätzen intellektuell überhöht, sondern auch mit der Seele gelebt, unterhält Freundschaften etwa mit Schalom Ben Schorin, mit Pinchas und Ruth Lapide, in deren Gesellschaft er auch auf den Laubhütten feierte, aß und trank und zum Gott Israels betete.

Mußner lebte zuletzt im Caritas-Seniorenheim in Passau. Bis kurz vor seinem 100. Geburtstag nahm er geistig rege am Geschehen im Bistum Passau teil und konzelebrierte etwa bis ins hohe Alter jeden Sonntag im Dom St. Stephan. Am 3. März 2016 verstarb Mußner im Caritas-Altenheim Mariahilf in Passau.

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks