Fritz Gerstl

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Fritz Gerstl in „seinem“ Stadtteil Hals in Passau.

Fritz Gerstl, eigentlich Friedrich Gerstl, (* 16. Mai 1923 in Außernzell; † 21. August 2014 in Passau) war ein deutscher Bundes- und Kommunalpolitiker (SPD) sowie Ehrenbürger der Stadt Passau. Durch seinen Einsatz als Bundestagsabgeordneter erreichte er unter anderem den frühzeitigen Anschluss Passaus an das Autobahnnetz durch den vorgezogenen Bau der Donaubrücke Schalding. Außerdem sprach er sich früh deutlich für Passau als neue Universitätsstadt aus.

Leben und Wirken

Privat- und Berufsleben

Geboren 1923 in Außernzell, beschritt Fritz Gerstl als Sohn eines Eisenbahners seine berufliche Laufbahn bei der Bahn. Nach dem Besuch der Eisenbahner-Fachschule leistete Gerstl von 1942 bis 1945 Wehrdienst und wurde mit dem EK II und der Bronzenen Frontflugspange ausgezeichnet. Nach dem Krieg begann er als Bundesbahngehilfe und wurde 1952 Bahnbeamter. Durch die Bahn kam er nach Passau. Anfang der 1950er Jahre ließ er sich in Hals nieder und gründete hier eine Familie. 1960 wurde er Geschäftsführer der Ortsverwaltung GdED (Gewerkschaft) und Betriebsratsvorsitzender. Der Sprung vom engagierten Gewerkschafter hin zum Politiker war vorgezeichnet. 1993 schrieb Gerstl seine Autobiographie.

Halser Bürgermeister und Passauer Landrat

Seit 1952 war er als SPD-Mitglied in der Politik tätig. Von 1952 bis 1955 war er Gemeinderat in Hals, bevor er am 13. März 1955 zum Bürgermeister von Hals gewählt wurde. Dies blieb er bis 1964. Mit 32 Jahren war er damals der jüngste Bürgermeister im Landkreis Passau. In seiner Amtszeit setzte er seine Schwerpunkte auf die Milderung der Wohnungsnot, den Neubau einer Schule sowie die Sanierung der Wasserversorgung in Hals und die Förderung des Fremdenverkehrs. Gleichzeitig zog er als Kreisrat in den Kreistag ein und wurde dort nach zwei Jahren SPD-Fraktionsvorsitzender.

Nach seiner Kandidatur zum Bürgermeister folgte 1964 erfolgreich auch die zum Landrat des Landkreises Passau. In seiner sechsjährigen Amtszeit bis 1970 konnte er zahlreiche Erfolge verbuchen: Der von Gerstl vorangetriebene soziale Wohnungsbau entschärfte die Wohnungsproblematik und dank des von ihm durchgesetzten Landkreis-Darlehens wurde vielen Familien der Bau eines Eigenheims ermöglicht. Passau verdankte ihm die Industrieansiedlung der Firma Roederstein in Grubweg, der Firma Siemens in Heining und der Firma Schreibmayr in Rittsteig. Mit zur wirtschaftlichen Entwicklung gehörte auch der intensive Ausbau des Kreisstraßen-Netzes. Neben dem Bau und der Förderung von Grund- und weiterführenden Schulen initiierte er zusammen mit der Stadt und dem Caritasverband eine Schule für geistig und körperlich Behinderte in Grubweg (heutige St.-Severin-Schule), zudem setzte er sich für die Einrichtung der Schwesternschule am Krankenhaus ein.

Nach der Gebietsreform 1972

Fritz Gerstl (l.) mit Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Die Gebietsreform im Jahr 1972 hatte für die Stadt Passau zur Folge, dass die durch Fritz Gerstl erfolgreichen Maßnahmen nun der Stadt zugute kamen. Für Fritz Gerstl bedeutete die kommunale Neugliederung, dass er zum Stadtrat von Passau kandidierte, auf Anhieb erfolgreich war und zugleich zum Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion bestellt wurde.

Bereits nach zwei Jahren seiner Stadtratstätigkeiten schied Gerstl freiwillig aus, um sich voll und ganz seinem Bundestagsmandat zu widmen, das er von 1972 bis 1987 er über die Landesliste der SPD inne hatte. Als MdB setzte Gerstl – großteils zu Zeiten der sozialliberalen Koalition – seinen Schwerpunkt im Bereich der Sicherheitspolitik und war unter anderem Mitglied des Verteidigungsausschusses. Besonders die damals in Kohlbruck angesiedelten Bundeswehrsoldaten kamen in den Genuss seines Einsatzes. Für die Standortverwaltung wurde etwa ein neues Verwaltungsgebäude gebaut. In der damaligen Hauptstadt Bonn vertrat er örtliche Interessen vor höheren Gremien überzeugend. Durch hartnäckigen Einsatz hat er Finanzierungen aus dem Zonenrandprogramm des Bundes erreicht, in deren Genuss vorwiegend Passauer Sportvereine, kulturelle Einrichtungen, Musikkapellen und Gesangsgruppen, besonders auch die Festspiele Europäische Wochen Passau kamen. Unvergessen bleibt auch Gerstls Einsatz zum vorgezogenen Bau der Autobahn-Donaubrücke. Er erreichte damit einen früheren Anschluss zum Autobahnnetz. Er sprach sich für Passau als neue Universitätsstadt aus und startete zur Bekräftigung seines Antrags eine Unterschriftenaktion in der Bevölkerung. Dies war für Passau sicher einer seiner herausragendsten Verdienste.

Nach seiner Zeit im Bundestag zog sich Fritz Gerstl 1987 aber nicht aus dem politischen Leben zurück, sondern brachte seine Erfahrung weiterhinin Passau ein: Bereits 1984, zum absehbaren Ende seiner Bonner Karriere, hatte er wieder erfolgreich für den Stadtrat kandidiert. Erst 1992 entschloss er sich aus Altersgründen, nicht mehr zu kandidieren.

Pension und Lebensabend

Fritz Gerstl (l.) mit Ministerpräsident Franz-Josef Strauß bei der Verleihung des Bayerischen Verdienstordens 1983.

Einen Großteil seiner Pensionistenzeit widmete er der bayerisch-italienischen Freundschaft, insbesondere der Freundschaft zwischen den Orten Hals und Scurcola Marsicana. Seit 1995 war er auch Ehrenbürger dieser italienischen Gemeinde in der Provinz L’Aquila in den Abruzzen – eine besondere Auszeichnung, immerhin hat dafür das italienische Parlament seine Zustimung geben müssen. Am Abend des 21. August 2014 schlief Gerstl 91-jährig im Seniorenheim Heiliggeist-Spital, das zuletzt sein Domizil war, friedlich ein. Gerstl wurde unter Anteilnahme einer großen großen Trauergemeinde im Halser Familiengrab neben seine 2001 verstorbene Ehefrau Cilly gebettet.

Auszeichnungen

Fritz-Gerstl-Medaille

Seit 2018 lässt der Passauer Stadtteil Hals „seinem“ Vorzeigepolitiker und Passauer Ehrenbürger eine besondere Ehre zuteilwerden: Mit einer nach ihm benannten Medaille werden verdiente Bürger des Stadtteils und auch darüber hinaus ausgezeichnet. Erster Empfänger der von der SPD Passau-Hals initiierten Ehrung wurde der Kirchenmusiker, Komponist, Chorleiter und Dirigent Anton Bogner.

Siehe Hauptartikel: Fritz-Gerstl-Medaille

Literatur

Weblinks