Heinrich Altendorfer

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Dr. Heinrich Altendorfer mit (v.l.) Tochter Gudrun, Ehefrau Karolina und Eneklin Irene -Foto: Archiv Loibl

Dr. Heinrich Altendorfer (* 17. Juni 1876 in Schwarzach; † 1949 in Schöllnach) war ein Schöllnacher Landarzt und Zahnzieher. Der als Menschenfreund bekannte Altendorfer war war verheiratet mit seiner Frau Karolina, hatte eine Tochter, Gudrun, einen Sohn, Siegfried, und eine Enkelin, Irene.

Die Altendorfers waren nicht die ersten Mediziner in Schöllnach. Aus einer alten Chronik geht hervor, dass bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Landarzt namens Franziszi dort seine Praxis hatte. Er soll ein tüchtiger Chirurg und Heilkundiger gewesen sein. Nach seinem Tod gab es jahrelang nur einen Bader im Ort, bis sich um 1890 mit Dr. Weber wieder ein Arzt niederließ.

Leben und Wirken

Arzt

Altendorfer Praxis, der eine Apotheke angeschlossen war, lag in der Bahnhofsstraße in Schöllnach, einem damals zentralen aber kleinen Ort in breitem bäuerlichen Rahmen. Altendorfer stellte Salben und Pülverchen selbst her, verordnete auch häufig Hausmittel, wie etwa heiße Erdäpfelwickel.

Ältere Schöllnacher werden sich noch an den „Alten Doktor“ mit seiner schwergewichtigen Statur und der behäbigen Art erinnern, wie er mit seiner arg strapazierten Arzttasche Patienten aufsuchte und mit seinem klapprigen Motorrad, das er schon seit den 1920er Jahren besaß, zu Hausbesuchen fuhr. Polternd und fluchend, wenn es dabei zu Startproblemen kam. Patienten, die er gelegentlich auf einem einfachen Holztisch ruhend verarztete, durften dabei nicht zimperlich sein. Im Doktorhaus gab es weder Anmelde- noch Warteraum. Die Patienten warteten auf einer langen Holzbank im zugigen Hausflur geduldig, bis sie an der Reihe waren. Die Schöllnacher aber schätzten und mochten den „Alten Doktor“.

Dr. Altendorfer zeigte viel Verständnis für seine Patienten. Die meisten waren nicht krankenversichert. Geld war damals Mangelware. Oft nahm er von den Bauern und Sacherlleuten statt eines Honorars eine Kugel Butter, einen Laib Brot oder ein Rankerl G’selchts entgegen“, berichtete der Journalist Ferdinand Birchinger am 17. Januar in der Deggendorfer Zeitung. Viele von Altendorfers Patienten profitierten davon, dass ihm Rechnungschreiben ein Graus war. Von dem Geld, das ihm bewusst entging, hätte er sich bei den damaligen Verhältnissen ein Haus bauen können. Seiner Ehefrau Karolina und seiner lebensfrohen Tochter Gudrun gelang es nicht, ihn in materiellen Dingen zu beeinflussen.

Geburtshelfer

Er war ein richtiges Original, Landarzt mit rauer Schale und gutem Herzen, ein wahrer Spezialist auf dem Gebiet der Geburtshilfe. Wenn sich die Hebamme bei schwierigen Hausgeburten nicht mehr zu helfen wusste, dann wurde der „Alte Doktor“ gerufen. Wer weiß, wie viele „freudige Ereignisse“ durch seine Geschicklichkeit zustande kamen.

Zahnarzt

Zu den Tätigkeiten eines Landarztes gehörte damals auch das Zähneziehen. Der Drei-Zentner-Mann bevorzugte eine nicht gerade schmerzfreie Spezialmethode, indem er den Kopf des Patienten einfach unter seine „Irxn“ nahm und dann kurzerhand ans Werk ging.

Privatmensch

Dr. Altendorfer hatte einige Hobbys. Er machte sportliche Übungen, solange es seine Figur erlaubte, traf sich mit anderen zum Eisstockschießen, das damals auf den winterlichen Straßen stattfand. Regelmäßig mittwochs und samstags nahm er an der Schafkopfrunde teil. Gab es dabei lautstarke Debatten, übertönte die Stimme des Doktors alle anderen.

Politische Haltung

Dr. Altendorfers Abneigung gegen das NS-Regime war bekannt. Kurz vor Kriegsende errichtete die SS ausgerechnet vor seiner Praxis eine Panzersperre. Über Nacht verschwand diese spurlos. Nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde bekannt, dass der Alte Doktor mitgeholfen hatte, die schweren Baumstämme zu beseitigen. Die Anlieger der Bahnhofstraße ahnten wahrscheinlich gar nicht, welche Unannehmlichkeiten ihnen dadurch erspart blieben.

Literatur