PARAT Schönenbach GmbH + Co. KG

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Alfons Hellauer deutet hinüber auf das langgezogene Parat-Firmengelände: Unter seiner Ära als Bürgermeister hat das Unternehmen von 1969 bis 2000 gleich acht Mal erweitert. Foto: Steiml
Ein gesperrter Eingang zum Parat-Werk in Neureichenau, die am 22.10.2009 eine sogenannte Plan-Insolvenz anmeldet hat. Foto: Patrick Potstada

Die PARAT Schönenbach GmbH + Co. KG stellt Cabrio-Dachsysteme und Zubehör für Nutz- und Freizeitfahrzeuge sowie Werkzeugkoffer und -taschen her. Die Firma mit Sitz in Remscheid (43 Beschäftigte) und in Neureichenau im Landkreis Freyung-Grafenau (335) ist im Herbst 2009 in Schieflage geraten, weil bei beiden Standbeinen Umsatzeinbrüche von bis zu 40 Prozent zu verzeichnen waren. Über eine sogenannte Planinsolvenz, die sie am 22. Oktober 2009 angemeldet hat, will die Leitung von PARAT eine Rettung mit einem eigenen Sanierungskonzept erreichen.

Die Planinsolvenz vom 22. Oktober 2009

Parat will mit einer sogenannten Plan-Insolvenz die Firma retten, also mit einem Insolvenzverwalter und einer eigenständig arbeitenden Geschäftsführung, die bereits einen fertigen Sanierungsplan hat, und die im Vorfeld schon „fruchtvolle Gespräche“ mit Zulieferern und Kunden geführt hat. Es soll mit vorerst gleicher Mitarbeiterzahl weitergearbeitet werde. Unter der Aufsicht des Insolvenzverwalters, den das Amtsgericht Wuppertal bestellt, soll die Sanierung der Firma erfolgen. Als wichtigstes Ziel sieht die Leitung der PARAT, dass weiter alle Kundenaufträge erfüllen werden können. Deshalb werde auch schnell gehandelt. Bis spätestens Mitte 2010 solle die Reorganisation weitgehend abgeschlossen sein.

Es seien zwar „tiefgreifende strukturelle Veränderungen“ notwendig, „die jedoch die Chance böten, das Unternehmen wettbewerbsfähig für die Zukunft aufzustellen“, so Heiko Vosskötter und Heinrich Krieg, die beiden Geschäftsführer. Zwar seien aktuell keine Entlassungen geplant, doch werde man auch bei einer erfolgreichen Sanierung um die Streichung von Arbeitsplätzen nicht herum kommen. Wie viele Stellen wegfallen sollten, war im Herbst 2009 noch nicht absehbar.

Hintergrund

Die Produktion von Spezialkoffern (etwa für Werkzeuge) sowie Kunststoffe und Cabrio-Verdeckstoffe für die Fahrzeugindustrie war rückläufig. Die Werksleitung - Friedhelm Klöpfer in Remscheid, Heiko Vosskötter in Neureichenau - sprach von massiven Umsatzeinbrüchen, die Parat hinnehmen musste und müsse - etwa wegen der Insolvenzen wichtiger Kunden wie dem Wohnwagenhersteller Knaus (der produziert unter neuem Eigentümer wieder) sowie den Autozulieferern Edscha AG (der ebenfalls verkauft ist) oder Karmann (harrt noch einer Lösung). Insgesamt seien innerhalb der letzten Monaten Auftragseinbrüche von bis zu 40 Prozent eingetreten.

Über Wochen und Monate hatte die Geschäftsführung nach eigenen Angaben in intensiven Gesprächen mit den Finanzierungspartnern versucht, wichtige Kreditlinien zu verlängern und zusätzliche, dringend benötigte Liquidität zu erhalten, um die Krise zu überwinden. Die Gespräche, an denen auch Vertreter der Landesregierung und der Regierung von Niederbayern eingebunden waren, seien jedoch letztendlich ohne Ergebnis geblieben, „trotz einer in Aussicht gestellten Landesbürgschaft“, so gestern die Parat-Geschäftsführung.

Wie die PNP erfuhr, war zur Stärkung der Eigenkapitalsituation Anfang Oktober 2009 sogar eine Fusionierung der Firmenteile Automotive (Cabriodächer, Zubehör für Nutz- und Freizeitfahrzeuge) und Parat-Werk (Kofferherstellung) erfolgt. Doch am 15. Oktober hätten die Banken die Kredite eingefroren.

Die Führung betonte, dass die Unternehmerfamilie Schönenbach nahezu alle Gewinne als Eigenkapital in den Konzern fließen habe lassen, und gerade in den letzten drei Jahren sieben Millionen Euro in eine hochmoderne technische Ausstattung investiert worden seien. Lob gab es für die „engagierte Mitarbeiterschaft.“ Mut mache zudem, dass die Zulieferer und Kunden zu Parat hielten. Und der „enge Schulterschluss“, den die Staatsregierung mit der Bürgschaftszusage, aber auch die Kommunalpolitik signalisierten, sei eine feste Grundlage, um sich selbst mit gezielter Planung und Unterstützung den Weg zu ebnen. Deshalb solle die Insolvenz-Situation als Chance gesehen werden, Parat auf Kurs zu bekommen: „Wir sind parat für die Zukunft!“ Eine Meinung, die auch der Betriebsrat vertritt.

Die "Rettung"

Im Januar 2010 hat der Insolvenzverwalter der Firma Parat Marco Kuhlmann bekanntgegeben, dass Wege der Besserung erkenntlich sind. Parat hat in verkleinerter Form laut Kuhlmann bessere Überlebenschancen. Die Rettung solle wie geplant über eine Eigensanierung im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens geschehen. Das bedeutet, dass zwar ein Insolvenzverwalter eingesetzt ist, die Firmenspitze aber weitgehend eigenständig weiterarbeiten kann.

Trotz der vermeintlichen "Rettung" verlieren 43 der 320 Mitarbeiter am Standort Neureichenau und 15 der 35 Beschäftigten in Remscheid ihren Arbeitsplatz innerhalb der nächsten Wochen.

Zustimmung für Sanierungskonzept im März 2010

Aufatmen bei der Führung und der Belegschaft der Parat Schönenbach GmbH + Co KG gab es im März 2010. Damals wurde für Parat ein großer Schritt getan, aus der Planinsolvenz in eine gute Zukunft zu gehen. Die Gläubigerversammlung hat in Wuppertal dem vorgelegten Sanierungskonzept zugestimmt. Zuvor hatte Parat mit seinem Firmensitz in Remscheid und dem Werk in Neureichenau schwere Wochen hinter sich und die Belegschaft wartete gebannt auf einen Lichtblick. Der sollte in Wuppertal entstehen, wo beim dortigen Amtsgericht die richtungsweisende Gläubigerversammlung stattgefunden hat. Die endgültige schriftliche Bestätigung des Amtsgerichtes stand am 18. März 2010 zwar noch aus, doch wie die Passauer Neue Presse schon damals erfahren hat, haben die Gläubiger − in erster Linie Banken und Zulieferer, die noch Geld vom Werk erwarten − dem fundierten Konzept zugestimmt, das die Geschäftsleitung vorgelegt hatte.

Insolvenzverwalter Marco Kuhlmann (Kanzlei Kreplin & Partner) gab am 24. März 2010 in Neureichenau bekannt, dass die Parat Schönenbach GmbH + Co. KG hat wieder eine Zukunft hat. Da wichtige Kunden zu Parat gestanden haben und auch weitere Neuentwicklungen anstehen, hat sich zudem die Auftragslage stabilisiert, sagte Geschäftsführer Heiko Vosskötter - und stellte mit der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich auch die neue Hausbank und mit der Endurance Capital AG (München) und der Invest AG (Linz) neu eingestiegene Gesellschafter vor.

Die Invest AG ist eine Tochter der Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich. Sie ist in Deutschland etwa an der OSKA Textilvertriebs GmbH in Garching oder an der TITAN Kofferwerk GmbH in Penzberg beteiligt. Die Endurance Capital AG gibt an, bei ihren Aktionären handle es sich um „deutsche Unternehmerpersönlichkeiten“. Die AG ist u. a. an More & More, einem Hersteller von Damenoberbekleidung, oder am Verkehrstechnik-Konzern Schaltbau beteiligt.


Die Anfänge

Altbürgermeister Alfons Hellauer erinnert sich noch, wie damals Heinz Schönenbach mit seinem Bruder unterwegs war, um einen geeigneten Standort für eine Näherei zu finden. In Neureichenau machten sie Halt. Sie trafen zufällig den damaligen Pfarrer Rudolf Braun, der diese Chance erkannte und ihnen sogleich den rückwärtigen Teil des Pfarrhofes angeboten hat. Das war der Anfang von Parat. In der Folgezeit entwickelte sich das Unternehmen stark. Zunächst gab es Aufträge von der Bundeswehr für Beutel, Seesäcke, „Olivzeug“, wie es Hellauer nennt. Später kam die Kofferfertigung und danach auch der Automobilsektor mit den Cabrio-Verdecken und Nutzfahrzeuge-Zubehör dazu.


Weblinks

Literatur