Sebastiani-Kapelle auf dem Moos (Wallersdorf)

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Die Sebastiani-Kapelle auf dem Moos.
Die Sebastiani-Kapelle auf dem Moos.

Die Sebastiani-Kapelle auf dem Moos ist eine Kapelle westlich von Wallersdorf. Sie geht auf die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) zurück. Aus Dankbarkeit für das Erlöschen der Seuche, die 1634 in Form der Pest ausgebrochen war, und als Erinnerung an diese Schreckenszeit wurde am Pestfriedhof das Sebastiani-Kirchlein erbaut und 1638 eingeweiht. Noch heute wird jährlich in einer Prozession dem Pestheiligen gedacht.

Geschichte

Historischer Hintergrund

Während das Kurfürstentum Bayern in den ersten knapp 15 Kriegsjahren von Kriegshandlungen im Landesinnern verschont blieb, kam die Kriegsfackel in den Jahren 1632/1634 hell zum Lodern. Die Schweden unter Gustav Adolf waren 1632 in Bayern eingedrungen und die bayerischen Hauptstädte Landshut und München in seine Hand gefallen. Der Kurfürst Maximilian musste aus München fliehen.

Am 16. Mai 1632 wird aus Landau an der Isar vermeldet, dass sich im dortigen Landgerichtsbezirk in diesen Tagen auf der linken Isarseite, Richtung Gäuboden zu, verdächtige Reitergruppen herumtreiben, die plündern und Menschen umbringen, wie es in Ottering, Mögling, Trieching, Pilsting und Ganacker schon geschehen ist. Es ist der Bevölkerung gar nicht ganz klar, ob es sich um Schweden oder gar um bayerische Truppenteile handele. Nach dem Tode Gustav Adolfs im November 1632 haben die schwedischen Truppen im Jahr 1633 wieder Bayern im Visier. Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, einer der nachgerückten schwedischen Heerführer, setzt Bayern wieder gehörig unter Druck. Ein spanisches Korps mit 12.000 Mann kommt den bedrängten Bayern im September 1633 zu Hilfe. Das Heer ist hoch willkommen und bringt neue Kräfte, aber auch die Pest mit sich.

Mitte November 1633 muss sich Regensburg den Schweden unter Herzog Bernhard ergeben und am 23. November auch Straubing. Die Schweden beherrschen nun die linke Donauseite und ziehen weiter bis Deggendorf, das drei Tage später besetzt wird. Rechts der Isar sammeln sich derweil alle verfügbaren bayerischen Truppen, um den Übergang über die Isar abzuwehren. Währenddessen wird das Gebiet südlich der Donau und der unteren Isar systematisch von raubenden und sengenden Schwedentrupps überschwemmt und heimgesucht. Im Januar 1634 greifen die niederbayerischen Bauern zur Selbstwehr und rotten sich zusammen, gegen den eigenen, in ihren Augen untätigen, Landesherrn.

Im Kriegswinter 1633 liegt links der Isar das schwedische Heer und rechts der Isar das bayerische Heer mitsamt der erschöpften spanischen Armada im Winterquartier. Die Menschen in Landau und den Orten im Isartal stöhnen und murren unter den untragbaren Lasten der Einquartierungen. Wallersdorf scheint dabei mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Man hört keine besonderen Klagen.

Ausbruch der Pest

Dafür bricht im Jahr 1634 im Dorf die Pest aus. Sie soll von marodierenden, kranken, spanischen Landsknechten eingeschleppt worden sein. Innerhalb weniger Wochen wurde die Pest auf über 50 Dorfbewohner übertragen, die alle der Seuche zum Opfer fielen. Bei einer geschätzten Einwohnerzahl von knapp 500 zu dieser Zeit ist somit jeder zehnte Bewohner Wallersdorfs im Jahr 1634 an der Pest verstorben. Gegen die Pest war kein Kraut gewachsen.

Man traute sich nicht einmal, die Pesttoten auf dem Wallersdorfer Friedhof zu beerdigen. Man fürchtete, dass selbst von den bestatteten Leichen die Krankheit noch auf Lebendige übertragen werden könne. Also legte man einen eigenen Pestfriedhof an, über zwei Kilometer vom Dorfrand entfernt. Nicht einmal durch einen „Bösen Blick“ sollte die Krankheit vom Friedhof nach Wallersdorf zurückgebracht werden können.

Aus Dankbarkeit für das Erlöschen der Seuche und als Erinnerung an diese Schreckenszeit wurde am besagten Pestfriedhof das Sebastiani-Kirchlein erbaut und 1638 eingeweiht.

Sanierung

Im Jahr 1818 wurde die Kapelle generalsaniert. Bei dieser Gelegenheit wurde auch an der Südseite des Kirchenschiffs eine Statue des Pestpatrons St. Sebastian in eine Mauernische eingesetzt. Nach gelungener Sanierung wurde im Juni 1818 mit einer großen Prozession, mit „Pauken und Trompeten“, mit Böllern und Gewehrsalven der Landwehr, mit großen brennenden Kerzen und Gebet und Gesang die Einweihungsfeier des Sebastiani-Kircherls begangen. Der Chronist, der damalige, hoch angesehene Pfarrer des Ortes, Karl Joseph Anton Riccabona, Edler von Reichenfels (Pfarrer in Wallersdorf von 1790-1821) vermerkt mit Stolz dieses Ereignis: „Nie wurde hier eine rührendere und prächtigere Feyerlichkeit gehalten, wo Erbauung und Andacht so sichtbar waren.“

Im 20. Jahrhundert

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden 1918 Gedenktafeln für die Kriegsteilnehmer, für die Gefallenen und Vermissten an den Seitenwänden angebracht. Zwei große Gedenksteine am Westrand des ehemaligen Pestfriedhofs erinnern an die Opfer aus dem KZ - Außenlager Ganacker aus dem Jahr 1945, das sich in allernächster Nähe weiter westlich befand.

1978 wurde die Kapelle von Dieben heimgesucht und ausgeraubt. Votivtafeln, Heiligenfiguren und ein Gemälde wurden gestohlen, aber teilweise 1980 wieder beigebracht.

Literatur

  • Archiv Nik Söltl
  • Chronik des Marktes Wallersdorf von Rektor i.R. Karl Wolf, Eichendorf - Verlag, 1996;