Stadttheater Passau
Das Theater im Fürstbischöflichen Opernhaus Passau (kurz: Stadttheater Passau) ist ein Theater in Passau mit 350 Sitzplätzen. Es ist Sitz der Musiktheaterabteilung und feste Spielstätte des Landestheaters Niederbayern. Es wurde am 1. November 1783 als Fürstbischöfliches Opernhaus eröffnet und kann damit auf eine über 225-jährige Geschichte zurückblicken. Die Eröffnung als Passauer Stadttheater erfolgte am 28. Oktober 1883. Das Theater dient heute für Oper, Operette, Musical, Konzert und Schauspiel.
Hinter der nüchternen klassizistischen Fassade des fast direkt an den Inn gebauten Gebäudes verbirgt sich ein illusionistisches Gartentheater – ein Theaterjuwel.
Inhaltsverzeichnis
Leitung
- Intendant: Stefan Tilch
- Generalmusikdirektor: Basil H. E. Coleman
- Verwaltungsdirektor: Ralf Schützenberger
Siehe auch: Liste der Direktoren des Passauer Theaters
Geschichte
Vom Ballhaus zum Opernhaus
Der Passauer Fürstbischof Leopold Wilhelm Erzherzog von Österreich ließ im Jahr 1645 erstmals ein Ballhaus errichten, das sich nahe des Inns („am Sand“) befand. Das Ballhaus diente zunächst vor allem dem zu dieser Zeit sehr beliebten spanischen Hallenballspiel. Als diese Sportart aber gegen Mitte des 18. Jahrhunderts seine Popularität verlor, büßte auch und das Ballhaus seinen eigentlichen Verwendungszweck ein. In der Folgte ließ Fürstbischof Leopold Ernst Kardinal Graf von Firmian das Haus durch seinen Musikdirektor erstmals zu einem – wenn auch nur provisorischen und der Hofgesellschaft vorbehaltenen – „Hofkomödien- und Hofopernhaus“ umwandeln.
Im Jahr 1783 ließ Fürstbischof Joseph Kardinal Graf von Auersperg – ein typischer Vertreter des aufgeklärten Spätabsolutismus, der Bildungspolitik als vorrangig sah – das Gebäude grundlegend verändern. Gleichzeitig machte dieses Opernhaus dem ganzen Volk zugänglich und wandelte es in eine „moralische Bildungsanstalt“ um. Auersperg gilt damit sozusagen als Vater des heutigen Theaterbaus.
Im Mai gewählt, ließ er schon am 3. August seinen neuernannten Hofbaumeister, den Salzburger Johann Georg Hagenauer, und den Wiener Maler Franz Petzka nach Passau kommen, um aus dem hof-internen Komödienhaus ein allen „Guthwilligen“ zugängliches „Hochfürstliches Opernhaus“ zu machen. Auersperg hat den Tempel Thaliens als Volkstheater verstanden. Die Umbauzeit dauerte nur rund drei Monate, sehr wenig Zeit für dieses große Projekt. Das Theater erhält eine klassizistische Fassade, eine Fürstenloge und einen Salon davor sowie zahlreiche Nobellogen. Ein zweiter Rang wird aufgesetzt. Die doppelgeschossige Logengalerie über dem U-förmigen Grundriss umschließt das Parkett. Das Entwurfsprogramm der Bemalung verweist auf ein Gartentheater: Emblemgehänge, Blattgirlanden, Laubkränze, Arkadenbögen und Grisaillemalerei. Die Gehänge symbolisieren verschiedene Musikgattungen und damals modische Beschäftigungen wie Jagd, Schäferei und Gärtnerei. Der Plafond ist als Himmel mit Wölkchen gestaltet. In der Theaterwissenschaft spricht man von einer sehr zeittypischen klassizistischen Umdeutung des Raumes zu einem antikisierenden amphitheatralischen Schauspiel-Hof.
Am 1. November 1783 wurde das Opernhaus mit der Oper Alceste von Anton Schweitzer eröffnet. Im Publikum saß erstmals auch das Volk. Passau gehörte damit (neben dem Wiener Hofburgtheater) zu den ersten deutschen Residenztheatern, die ihre Tore für zahlende Untertanen öffneten.
Vom Opernhaus zum Theater
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zum bürgerlichen Theater war die Säkularisation im Jahr 1803, mit der die fürstbischöfliche Theaterära endet. Das Theater geht in die Hände des bayerischen Fiskus über und wird unter dem Namen „Churfürstliches Theater“ saisonweise verpachtet; ab 1806 hieß es schließlich „Königlich-Bayerisches Theater“.
Variété und seichte Unterhaltung ziehen in das einst ambitionierte Theater ein. 1881 droht die Schließung des Hauses, nicht das letzte Mal, wie sich später zeigen wird. Die Königliche Oberste Baubehörde in München – alarmiert durch den Ringtheaterbrand in Wien 1881, bei dem 384 Menschen ihr Leben verlieren – bemängelt den sicherheits- und feuerpolizeilichen Zustand des Hauses. Nach langem Tauziehen mit der Regierung entschließt sich der Passauer Magistrat am 8. März 1883, das Theater anzukaufen und umzubauen. Der Kaufpreis beträgt 6.500 Mark. Das Theater erhält infolge des Brandes in Wien einen „Eisernen Vorhang“, der Bühne und Zuschauerraum voneinander trennt – und Schwingtüren nach außen, was als vorbildlich galt. Am 28. Oktober 1883 wird das Theater (nun erstmals als „Stadttheater“) unter der Direktion von Johann Heiderer feierlich eröffnet. Gespielt wird „Die Familie Schneck“, ein komisches Lebensbild mit Gesang, welches das ausverkaufte Theater begeisterte.
Der Weg zum Städtebundtheater
Die Zusammenarbeit mit der Stadt Landshut – heute zusammen mit Passau, Straubing und dem Bezirk Niederbayern Träger des Landestheaters Niederbayern – kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Bereits in der Saison 1884/85 ist der Direktor der Landshuter Bühne, Franz Eglseer, auch der Theaterdirektor in Passau. Die Dreiflüssestadt hat in dieser Zeit ein eigenes Schauspielensemble, teilt sich aber mit Landshut das Operettenensemble. Der Spielplan wird von klassischem Drama, zeitgenössischem Drama und Wiener Biedermeier-Stücken beherrscht. Als einzige Oper wird Mozarts „Zauberflöte“ gegeben.
Danach verkommt das Theater immer mehr zu einem Amüsierbetrieb mit Kuriositäten. So tritt beispielsweise 1889 ein Schauspielensemble mit neun Zwergen auf. Unter der Direktion von Adolf Wagler (1889 bis 1894) dominieren das österreichische Lustspiel, die „Staberliaden“. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 gibt es saisonweise engagierte Ensembles und Direktoren aber auch eine Operetten-Uraufführung von Erhard Kutschenreuter „Der Hauptmann von Köpenick“ (1907). 1920 erlebt Kutschenreuters bekannteste Operette „Der Holledauer Fidel“ ihre Uraufführung.
1918 verpachtet die Stadt das Theater an Ludwig August Wesselsky, aus der berühmten Wiener Theaterfamilie Wessely. Unter seiner Intendanz, die in der Saison 1927/28 zu Ende geht, kommt es zu einem überregional beachteten Theaterskandal. Während der Aufführung des politischen Stücks „Kurt Eisner“ von Marie Hoffmann-Cortes werden Reizgaspatronen aus der Galerie im Publikum geworfen; es fällt ein Schuss, es kommt zu Tumult und Zusammenstößen, Reichswehrsoldaten setzen ihre Gewehre ein. „Mehrere harmlose Zuschauer werden hierbei verletzt“, steht in der Passauer Zeitung. Wesselsky, der hauptsächlich Gastspiele aus dem österreichischen Raum holt, wird vorsichtiger und setzt auf harmlose Komödien. Bald darauf übernimmt die Nationalsozialistische Kulturgemeinde den Theaterbetrieb und organisiert meist Operetten und Opern im Theater und in der Nibelungenhalle.
Nach Kriegsende fordern die Bürger schon im August 1945 wieder eine eigene Bühne mit eigenem Ensemble. Als politisch Unbelasteter erhält Peter Hausser von den Amerikanern die Zulassung und wirkt bis 1949 als Intendant, Regisseur und Schauspieler am Theater. Er nennt das Haus „Passauer Kammerspiele“. Am 4. Mai 1946 wurde das Stadttheater mit Bernard Shaws Schauspiel „Pygmalion“ weidereröffnet. Die gespielten Stücke müssen von der amerikanischen Militärrregierung genehmigt werden und es werden Klassiker, Komödien und in der NS-Zeit verbotene Stücke gezeigt. Trotz Armut und Not sind die Passauer theaterbegeistert. Im Juli 1949 wird das Theater dann unter der Intendanz des hoch verschuldeten Richard Rückert geschlossen. Es folgen im Herbst desselben Jahres erste Verhandlungen mit den Städten Landshut, Straubing und Deggendorf zur Gründung eines gemeinsamen Theaters, welches dann am 4. Oktober 1952 eröffnet wird. Landshut, Passau und Straubing schließen sich zum Zwecksverband „Niederbayerischen Städtebundtheater“ zusammen. Im Jahre 1964 tritt der Bezirk Niederbayern dem Zweckverband bei und später schlossen sich dieser Verbindung auch noch weitere Städte an, die später den Namen „Südostbayerisches Städtetheater“ erhalten sollte und seit 2007 nun „Landestheater Niederbayern“ heißt.
Theater im Fürstbischöflichen Opernhaus
Die baulichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts wurden im Zuge einer Restaurierung von 1959 bis 1966 wieder rückgängig gemacht. Dass wir das Theater heute in seinem historischen Zustand wieder erleben können, ist maßgeblich Dr. Gottfried Schäffer zu verdanken, der über das Passauer Theater geforscht, originale Bemalungen entdeckt und den wesentlichen Anstoß zu dieser Renovierung gegeben hat. Nach Schäffer ist die Gottfried-Schäffer-Straße benannt, die zum Theater führt. Am 11. November 1961 kam es zur Wiedereröffnung als Fürstbischöfliches Opernhaus mit Il matrimonio segreto von Domenico Cimarosa.
Von 1970 bis zu seinem Tod am 17. Februar 1996 prägte Intendant Klaus Schlette den Spielbetrieb des Theaters maßgeblich. 1988 bis 1991 erfolgte auch eine weitere Renovierung. Im Rahmen dieser wurde unter anderem eine neue Prospektzuganlage, ein versenkbarer Orchestergraben und ein großer Lastenaufzug geschaffen. Nach Schlettes Tod wurde Johannes Reitmeier dessen Nachfolger, seit 2002 leitet Stefan Tilch das Theater.
Als Teil des Landestheaters Niederbayern ist das Stadttheater Passau dessen musikalische Abteilung mit eigenem Opernesnemble inklusive Solisten, Chor und Orchester. Das Orchester des Stadttheaters ist die Niederbayerische Philharmonie unter der Leitung von Generalmusikdirektor Basil H. E. Coleman. Im Orchestergraben des Theaters finden bis zu 42 teils unsichtbare Musiker Platz.
Im Dezember 2008 feierten das Landestheater Niederbayern, die Stadt Passau und der Freundeskreis des Stadttheaters gleich zwei Jubiläen: 225 Jahre Fürstbischöfliches Opernhaus und 125 Jahre Stadttheater.
Aufgrund der Schäden durch das Hochwasser vom Juni 2013 musste das Stadttheater noch im Herbst des Jahres kurzfristig instand gesetzt werden. Die Kosten dafür beliefen sich auf 300.000 Euro. Eine umfangreiche Sanierung erfolgte dann im Laufe des Jahres 2014: Nach den Burgenfestspielen wurde das Theater für ein halbes Jahr geschlossen und von Juni 2014 bis Dezember 2014 in einem weiteren Schritt saniert. Im Zuge dessen wurde unter anderem eine neue Bestuhlung angefertigt, die aus 2-er und 3-er Einheiten besteht, welche im Falle eines Hochwassers schnell ausgebaut und wegtransportiert werden können. Heizung, Lüftung, Klimaanlage, Schalt- und Steuerungstechnik wurde nach oben verlegt und befindet sich jetzt im ersten Stock. Die Hochwassersanierung kostete insgesamt 3,3 Millionen Euro, darin enthalten waren auch die 300.000 Euro für die provisorischen Maßnahmen sowie 400.000 Euro an weiteren Kosten die für die Ausweichspielstätten X-Point-Halle und Dreiländerhalle in der Zeit. Das Geld stammte aus den Aufbauhilfefonds von Bund und Staat Bayern, dem Programm zur Wiederherstellung der Infrastruktur, dem kulturellen Hilfsprogramm „Hochwasser 2013“ und von der Stadt Passau, die der Bauherr ist. Nach Abschluss der Sanierung wurde das Theater am 18. Januar bei einem Festakt mit über 170 Ehrengästen aus Kultur, Politik, Universität und Wirtschaft wiedereröffnet. Am Abend zuvor fand bereits die erste Vorstellung im sanierten Theater statt.
Erwähnung in Literatur und Stellung des Opernhauses
Es war der französische Gesandte Baron d’Escard, der auf seiner Reise durch Bayern 1789 von dem Fürstbischöflichen Opernhaus in Passau als klein, sehr hübsch, reichverziert und außerordentlich geschmackvoll schwärmt. Nah und fern habe es so viel Beifall gefunden, dass es als Muster für andere Theaterbauten genommen wurde (z.B. für das Karlsbader Theater).
In diesem Jahr 1789 stand das Theater bereits sechs Jahre – und hatte einen Wandel von der reinen Hofbühne zum aufgeklärten „Volkstheater“ geschafft, vom Hofkomödienhaus im Ballhaus am Sand zu einem Hochfürstlichen Opernhaus, das in Bayerns Stiltheaterlandschaft durch den frühklassizistischen Raum und die Gartenarchitektur eine besondere Stellung einnimmt.
Die Stellung des Passauer Opernhauses innerhalb der europäischen Stiltheater ist erforscht: Das Passauer Opernhaus, das die Illusion eines Gartentheaters präsentiert – damals eine gesamteuropäische Mode –, ist in Zusammenhang mit einer Reihe anderer Gartentheater ab der Mitte des 18. Jahrhunderts zu sehen. Als Vorläufer sind das umgebaute Krummauer Schlosstheater zu nennen, das (zerstörte) Grazer Nationaltheater und das Theater in der Leopoldvorstadt in Wien. Als Nachfolge-Bau von Passau wird dagegen in der Literatur das Karlsbader Theater genannt.
Theaterkasse
Karten können Dienstag bis Freitag von 10:00 bis 12:30 Uhr und 16:00 bis 17:30 Uhr vorab unter der Telefonnummer 0851/92919-13 bestellt werden. Alternativ können Sie auch online (www.stadttheater-passau.de) oder per Mail an theaterkasse@passau.de reservieren.
Reservierte Karten sollten bis 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn abgeholt werden, da sie sonst für die Abendkasse freigegeben werden.
Schüler, Studenten, Auszubildende sowie Wehr- und Zivildienstleistende erhalten jeweils nach Vorlage ihres Ausweises eine Ermäßigung.
Finanzierung
Das Stadttheater Passau besitzt einen Etat von 2,5 Millionen Euro. Die jährlichen Einnahme belaufen sich auf circa 900 000 Euro, somit liegt die Kostendeckung bei 38 Prozent. Den restlichen Betrag von 1,6 Millionen Euro teilen sich Rathaus und Eigentümer des Theaters.
Galerie
Kontakt
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Stadttheater Passau
Gottfried-Schäffer-Straße 2-4
94032 Passau
Telefon: +49 851 92919-0
Telefax: +49 851 92919-20
E-Mail: theater@passau.de
Internet: www.stadttheater-passau.de
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Literatur
- Gottfried Schäffer: Das fürstbischöfliche und königliche Theater zu Passau (1783-1883) (1. Teil). In: Ostbairische Grenzmarken XIV, Passau 1972 (S. 85-154)
- Gottfried Schäffer: Das fürstbischöfliche und königliche Theater zu Passau (1783-1883) (2. Teil). In: Ostbairische Grenzmarken XV, Passau 1973 (S. 51-176)
- Edith Rabenstein: Das Theaterjuwel am Inn. In: Passauer Neue Presse vom 31. Oktober 2008 (S. 9)
- Edith Rabenstein: Vom Amüsierbetrieb zum Zweisparten-Theater. In: Passauer Neue Presse vom 3. Januar 2009 (S. 34)
- Franz Danninger: Im Stadttheater ist das Spielen eine Schau. In: Passauer Neue Presse vom 6. August 2011 (S. 18)
- Edith Rabenstein: Passauer Theater will am 5. Oktober wiedereröffnen. In: Passauer Neue Presse vom 12. Juli 2013 (S. 6)
- Christian Karl: Ab Mitte Juni wird das Stadttheater „rausgeputzt“. In: Passauer Neue Presse vom 12. April 2014 (S. 23)
- Christina Fleischmann: Der Vorhang bleibt geschlossen. In: Passauer Neue Presse vom 23. Juni 2014 (S. 17)
- Edith Rabenstein: In 50 Tagen zieht die Muse wieder ein. In: Passauer Neue Presse vom 29. November 2014 (S. 17)
- Edith Rabenstein: Opernhaus erstrahlt in altem Glanz. In: Passauer Neue Presse vom 19. Januar 2015 (S. 1)
- Edith Rabenstein: Die Muse jubelt. In: Passauer Neue Presse vom 19. Januar 2015 (S. 5)
- Edith Rabenstein: „Das Theater ist Teil unserer Identität.“ In: Passauer Neue Presse vom 19. Januar 2015 (S. 17)