Innkanal

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Der Innkanal während der Sanierung 2003, damals ohne Wasser. Im Hintergrund das Kraftwerk in Töging, "Wasserschloss" genannt. Foto: Brandl

Der Innkanal ist rund 20 Kilometer lang und gehört mit dem Wasserkraftwerk von Töging am Inn zu den ältesten und leistungsstärksten Anlagen der Werkgruppe Inn der E.ON Wasserkraft GmbH. Die Baumaßnahme galt 1917 als größte Baustelle Mitteleuropas. Seit Herbst 2008 sind die Wasserkraftanlagen der E.ON nach fast 85 Jahren Betrieb zum Gegenstand intensiver politischer Debatten geworden, weil das Unternehmen sie verkaufen muss.

Technische Daten

Das Wasserkraftwerk in Töging ist mit 14 Turbinen, einer Fallhöhe von 30,5 Metern, einem Durchfluss von 178 Kubikmetern pro Sekunde und einem Regelarbeitsvermögen von 519,8 Gigawattstunden das mit Abstand leistungsstärkste unter den 57 Kraftwerken von EON Wasserkraft.

Gründung des Unternehmens und Bau der Anlagen

Im April 1917 wurde die "Innwerk, Bayerische Aluminium AG" gegründet. Ziel des Unternehmens war es, in Töging eine Aluminiumhütte und eine große Wasserkraftanlage zur Stromversorgung der Hütte zu errichten. Den Anstoß hatte die Firma Gebrüder Giulini GmbH in Ludwigshafen gegeben. Im Mai 1919 wurde mit dem Bau des Kraftwerkes mit Wehr und Einlaufbauwerk in Jettenbach, dem 20 Kilometer langen Oberwasserkanal, dem Krafthaus in Töging und dem drei Kilometer langen Unterwasserkanal begonnen. Das Vorhaben galt damals als größte Baustelle Mitteleuropas, bis zu 7000 Arbeiter wurden in der wirtschaftlich schlechten, von Inflation geprägten Zeit in und um Töging zusammengezogen. Sie bewegten 14 Millionen Kubikmeter Erde und bauten 360.000 Kubikmeter Beton ein. Die Arbeiter wurden in den Zeiten der Geldentwertung mit Milliardenbeträgen bezahlt, für die sie am Abend des gleichen Tages oft schon nicht einmal mehr einen Laib Brot kaufen konnten.

Die ersten Stromlieferungen

Im Oktober 1924 wurde erstmals Strom erzeugt. Die Elektrizität wurde zunächst für den Eigenbedarf, nach drei Wochen auch für die Bayerische Kraftwerke AG produziert. Ab Dezember 1924 lieferte das Kraftwerk auch Strom an die Aluminiumhütte, die ab Januar 1925 ins Eigentum der Vereinigten Aluminium Werke (VAW) überging. Ab 1938 hieß das Stromerzeugungsunternehmen „Innwerk AG“. Das Unternehmen errichtete im Lauf der Jahre insgesamt zwölf Flusskraftwerke am Inn.

Entwicklung Tögings zum Industrieort

Mit der Ansiedlung von Innwerk AG und VAW war die Voraussetzung geschaffen, dass sich Töging vom kleinen Straßendorf zum Industrieort entwickeln konnte: Hatte der Ort 1919 noch keine 500 Einwohner, so war die Bevölkerung bis zur Jahrtausendwende auf knapp 10.000 Menschen angewachsen. Die Ansiedlung von Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg hatte dabei für einen weiteren Bevölkerungsschub gesorgt. Töging wurde 1972 zur Stadt erhoben.

Wechsel des Eigentümers

Betreiber des Kanales und des Kraftwerkes in Töging war nach der Innwerk AG die Bayernwerk AG, die später in der EON Wasserkraft aufging.

Sanierungen

Insgesamt drei Mal ist der Innkanal schon saniert worden: 1946 um Kriegsschäden zu beseitigen, 1986 und zuletzt 2003. Bei dieser jüngsten Sanierung unter der Gesamtleitung von Dipl.-Ing. Helmut Rehm waren rund 200 Mitarbeiter im Einsatz, die Maßnahme kostete rund 80 Millionen Euro. Auf knapp 700.000 Quadratmetern Fläche wurde die Betondecke saniert. So wurde die Voraussetzung für den Weiterbetrieb des Kraftwerks Töging über Jahrzehnte hinaus geschaffen, wie es hieß.

2008: Kraftwerke stehen zum Verkauf

Dennoch könnte es sein, dass der Innkanal und das Töginger Kraftwerk – ebenso wie eine Reihe weiterer Kraftwerke an dem Fluss – bald nicht mehr in bayerischer Hand ist: Wie im Herbst 2008 bekannt wurde, muss EON aus kartellrechtlichen Gründen auf Weisung der EU-Kommission sein gesamtes Hochspannungsnetz sowie 4800 Megawatt Kraftwerkskapazität abgeben. Dazu gehören neben Kernkraft- und thermischen Kraftwerken (Gas, Kohle) auch die im vollständigen Eigentum der E.ON-Wasserkraft GmbH stehenden Inn-Kraftwerke Feldkirchen, Gars, Jettenbach, Jettenbach 2, Teufelsbruck, Rosenheim und Wasserburg sowie im Landkreis Altötting Aubach, Neuötting, Perach, Stammham und Töging. Diese Nachricht hat nicht nur bei den rund 200 Mitarbeitern der EON-Wasserkraft für Beunruhigung gesorgt, sondern vor allem auch bei den Kommunalpolitikern entlang dem Fluss – sorgt man sich doch, dass einem eventuellen ausländischen Käufer Belange wie der Hochwasserschutz längst nicht so wichtig sein könnten wie den bisherigen Eigentümern. Aus diesem Grund haben sich die Landräte der Kreise Rosenheim, Altötting und Mühldorf mit weiteren Kommunalpolitikern zusammengeschlossen, um Möglichkeiten zu finden, den Verkauf ins Ausland zu verhindern. Im Gespräch war etwa die Gründung eines Konsortiums zu diesem Zweck. Dazu will man auch Banken und private Investoren ins Boot holen. Für den Verkauf der Anlagen war eine Summe von ein bis zwei Milliarden Euro im Gespräch. Die Kommunalpolitiker haben noch bis Ende Juni 2009 Zeit für ihren Vorstoß: So lange läuft die Verkaufsfrist.

Literatur

Weblinks