Valentino Cramero

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Valentino Cramero (* 10. August 1877 in Nimis in Friaul; † 2. September 1936 in Ichenhausen) war ein italienischer Ziegelbrenner. Er war zunächst als Saisonarbeiter, dann als Ziegelmeister in süddeutschen Ziegeleien tätig.

Der Ziegelbrenner Valentino Cramero, 1877–1936

Leben und Wirken

Ein datierter Firstziegel, der im südlichen Niederbayern aufgefunden wurde[1], trägt die handschriftlich eingeritzte Inschrift „Cramero Valentino di Torlano 27.9.1910“. Durch Auskunft seiner in Ruhstorf lebenden Nichte Hilde Cramero[2] konnte Valentino Cramero identifiziert werden.

Valentino Cramero wohnte in Torlano di Sopra in Friaul und war dort verheiratet. In den 1890er Jahren kam er unter der Führung eines Ziegelmeisters (in Friulanisch „capuzat“) in einem Zieglertrupp, einer „compagnia“, zur Saisonarbeit nach Süddeutschland.[3] Bis 1914[4] war er dann selbst saisonal als Ziegelmeister mit eigenen kleinen Trupps u. a. zu Kampagnen im Rottal. Er sprach Italienisch, Friulanisch und Bairisch. Ab zirka 1920 kehrte er wieder saisonal nach Süddeutschland zurück und arbeitete in Ziegeleien in Tettenweis[5], Wurmannsquick, Eggenfelden und Schärding. Zuletzt arbeitete er in Autenried bei Ichenhausen in der Ziegelei der Ernst Ott GmbH[6], wo er einen Arbeitsunfall erlitt, dessen Folgen er am 2. September 1936 im Krankenhaus von Ichenhausen erlag.

Würdigung

Sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Einordnung: Valentino Cramero repräsentiert eine Tradition saisonaler Arbeitsmigration u. a. nach Süddeutschland, die bis 1915 (Italiens Kriegseintritt) für ein halbes Jahrhundert intensiv bestand. Tausende von Ziegelmachern waren bis dahin Jahr für Jahr aus (dem) Friaul u. a. nach Ober- und Niederbayern und Schwaben gekommen, um in Ziegeleien und bei großen Bauern Ziegel zu schlagen und zu brennen. Im Frühsommer kamen sie in Trupps über die Alpen, im Herbst zogen sie wieder in ihre Heimat, wo währenddessen Frauen, Kinder und Alte die kleinen Landwirtschaften betrieben. Die friulanischen Arbeitskräfte waren bekannt für ihre Erfahrung im Umgang mit der Tonerde[7], zudem für ihre Zuverlässigkeit und Unermüdlichkeit. Das handwerkliche Ziegelschlagen und -brennen war harte Arbeit im Akkord.

Quellen

  • Auskunft von Hilde Cramero, Nichte von Valentino Cramero, 1995
  • Personenstandsregister, Stadtarchiv Ichenhausen
  • Inventarverzeichnis des Freilichtmuseums Massing zu dem 1910 datierten Firstziegel Inventarnummer M 1999/032.2
  • Zur Geschichte der saisonalen Ziegelbrennerei in Süddeutschland siehe: Martin Ortmeier (Hrsg.): Per Handschlag. Die Kunst der Ziegler. Landshut 1995

Literatur

Einzelnachweise

  1. Der Firstziegel (für Falzziegeldeckung), der die Inschrift Valentino Crameros trägt, war zunächst als Leihgabe von Privat im (später aufgelösten) Heimatmuseum der Stadt Pfarrkirchen im Rottal im alten Rathaus ausgestellt. 1995 war der Ziegel als Leihgabe in der Ausstellung „Per Handschlag – Die Kunst der Ziegler“ (Freilichtmuseum Massing, Kurat: Hans Dilley M. A. und Dr. Martin Ortmeier) ausgestellt, 1999 hat das Freilichtmuseum Massing den Ziegel erworben und 2002 in die zweisprachige Ausstellung „Keramik im Alltag – La Ceramica della Vita quotidiana“ (Kurat: Dr. Martin Ortmeier) integriert.
  2. Lebensdaten von Hilde Cramero, der Nichte Valentino Crameros: * 19. Juni 1919 in Tettenweis; † 25. Januar 2012 in Rotthalmünster
  3. Das saisonale Ziegelbrennen dieser Trupps beschreibt der Romancier Josef Martin Bauer 1960 in den ersten Kapiteln seines Roman „Der Abhang“.
  4. Wegen des gegnerischer Eintritts Italiens in den Krieg der sog. Mittelmächte Österreich-Ungarn und Deutsches Reich gegen die Alliierten England, Frankreich und Russland mit der Kriegserklärung vom 23. Mai 1915 kam die für die Saison 1915 geplante Kampagne nicht zustande.
  5. In Tettenweis (Niederbayern) führte Valentino Crameros älterer Bruder Antonio, verheiratet mit einer Baumeisterstochter aus Tettenweis, eine auf Falzziegel spezialisierte Ziegelei.
  6. Die Ernst Ott GmbH ging in der Fa. Creaton auf. Nach fernmündlicher Auskunft der Creaton 1999 wurden von der Ernst Ott GmbH keine Archivalien übernommen.
  7. Junge Männer der landwirtschaftlichen Ungunstgebiete des oberen Friaul und Karniens waren zuvor bereits als Ziegelbrenner und Bauarbeiter in den wachsenden Städten der Po-Ebene saisonal tätig gewesen.
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