Görgenmannsölde

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Mit ihrer nördlichen Längsseite war die Görgenmannsölde eng an die Dorfstraße gebaut. (Foto: Lambert Grasmann, 1974)
Das ehemalige Hafneranwesen „Beim Girgnma“ in Kleinbettenrain im Jahr 1980 (Foto: Lambert Grasmann)

Die Görgenmannsölde aus Kleinbettenrain ist ein Hafnerhof aus der traditionellen Keramikregion Kröning östlich von Landshut.
Wohnung, Stall und Stadel sind unter einem First vereint. Im Haus sind auch Hafnerwerkstatt und Brennofen untergebracht. Der Wohnteil ist im Obergeschoss voll ausgebaut. Das Satteldach ist flach geneigt, traufseitig ist vor dem Obergeschoss ein Schrot, giebelseitig vor dem Oberboden eine Laube vorgebaut.
2019 wurde die Übertragung ins Freilichtmuseum Massing begonnen, am 22. Juli 2022 wurde sie, weitgehend fertiggestellt, eröffnet.
Der Hausname ist „Beim Girgnma“.

Beschreibung

Das Hafneranwesen Görgenmannsölde gehörte in Kleinbettenrain zu einem geschlossenen Weilerverband mit mehreren Hafnersölden und einem größeren bäuerlichen Anwesen. Die Einbindung in das Ensemble bei der Marxensölde nimmt im Freilichtmuseum darauf Bezug.

Eine wesentliche Bauphase des Blockbaus ist auf 1796 datiert. Umbauten für die Zwecke der Landwirtschaft sind für 1916 belegt.

Haus und Hof

Die Görgenmannsölde ist ein Mittertennhaus. Der Wohnteil ist in Erd- und Obergeschoss Holzblockbau. Zwischen Fletz und Tenne ist erdgeschossig eine Raumachse geschoben, die verschiedene Lagerräume umfasst. Darunter liegt ein kleiner gewölbter Keller.
Der Stadel überfängt als verbretterter Holzständerbau diese erdgeschossige Raumachse, außerdem die anschließende Tenne und den gemauerten Stall. Die enge Platzierung des Hauses an der Dorfstraße wird im Museum aufgegriffen. An der rückwärtigen Giebelseite ist ein Holzverschlag angebaut, dessen Dach an die gemauerte Erdgeschosswand des Stalls angeschleppt ist. Im Wirtschaftsteil ist im Erdgeschoss straßenseitig ein offener Schupfen ausgespart, der vermutlich der Lagerung des Brennholzes diente.

Zum Anwesen gehört ein Nebengebäude mit Brotbackofen[1], das auch als Waschküche gedient hat, außerdem am Rand der schmalen Hoffläche eine Lehmgrube, die nach Südosten entwässert, zudem ein Brunnen für den Wasserbedarf der Hafnerei direkt neben der Haustüre.
Die Hundehütte mit der Inschrift „19 J.(ohann) U.(nterrainer) 21“, von der Lambert Grasmann Auskunft gibt[2], ist verloren.

In der Stube wird das Nebeneinander von Wohnen und Hafnerhandwerk dargestellt: Herdofen und Esstisch teilen sich den Raum mit zwei Drehbänken und einer Glasurmühle.

Unter dem Stubenboden ist ein flacher frostfreier Tonlagerkeller eingebaut. Hafnerei wurde überwiegend im Winter betrieben, wenn die Landwirtschaft weniger Zeit beanspruchte. Dann mussten aufbereiteter Ton und lufttrockenes Brennholz ausreichend zur Verfügung stehen.

Geschichte

Die letzte Bewohnerin der Görgenmannsölde wurde 1984 zur Familien- und Nutzungsgeschichte ihres Anwesens befragt. (Foto: Lambert Grasmann)

Neben der Hafnerei wurde auf der Görgenmannsölde Kleinlandwirtschaft betrieben, die der Selbstversorgung diente.[3] Brennholz für die Hafnerei musste zugekauft werden. Blauer Ton wurde in eigenen Gruben abgebaut, bei der Görgenmannsölde war eine Grube nahe am Haus erschlossen.
Warum hier bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die Hafnerei eingestellt wurde, als im Kröning das Gewerbe noch blühte, ist nicht überliefert. Evtl. waren die eigenen Tonvorkommen erschöpft.

Lambert Grasmann hat 2001 über seine Kontakte mit der letzten Eigentümerin des Anwesens Therese Winterstetter berichtet.[4]
1984 haben auf Initiative von Lambert Grasmann und Dr. Ingolf Bauer (Bayerisches Nationalmuseum) die Volkskundlerinnen Evi Hamburger M.A. und Susanne Löschke M.A. fachliche Interviews mit Therese Winterstetter durchgeführt.[5]
Der Ingenieur für historische Baudokumentation Harald Bader Dipl. Ing. aus Simbach am Inn fertigte im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Kröning ein verformungsgerechtes Bauaufmaß u.a. der Görgenmannsölde an, das 2016 für Nachträge zur Grundlage diente. Harald Bader wurde vom kommunalen Träger des Freilichtmuseums Massing mit der Planung der Übertragung und des Wiederaufbaues im Museum beauftragt.

Archäologie

Es ist außergewöhnlich, dass für wissenschaftliche Grabungen in einem Haus so lange Zeit zur Verfügung steht, wie das bei der Görgenmannsölde der Fall war. Dr. Martin Ortmeier und Lambert Grasmann haben diese Gelegenheit 2002 bis 2004 intensiv genutzt. Unter der Leitung der Archäologin Dr. Cornelia Renner haben ehrenamtliche Helfer des Museumsvereins Vilsbiburg in drei Kampagnen im Bereich der Stube, der Fletz und der Brennkuchel, außerdem im südlichen Vorfeld umfangreich gegraben. Dr. Cornelia Renner hat dazu publiziert.[6]

Erträge der Grabungen werden im Museum in einer begleitenden Ausstellung präsentiert und erläutert.

Die Translozierung

Die Bausubstanz des Hauses war zum Zeitpunkt der Abtragung in Kleinbettenrain im Juli 2018 bereits stark gemindert. (Foto: Martin Ortmeier)
Der Blockbau des Obergeschosses wurde am 30. Juli 2018 in Kleinbettenrain in zwei großen Ganzteilen abgehoben. (Foto: Martin Ortmeier)

Wie in vielen anderen Freilichtmuseen, sollte auch im Niederbayerischen Bauernhofmuseum Massing im Rottal[7] eine Keramikwerkstätte, altbairisch „Hafnerei“, eingerichtet werden. 1986 hat der Museumsleiter dafür das Umfeld der Marxensölde bestimmt.
1998 eröffnete sich die Gelegenheit, das leerstehende Anwesen „Beim Girgnma“ in Kleinbettenrain für das Museum zu kaufen. Der Kreisheimatpfleger Lambert Grasmann hatte auf die Bestandsgefährdung dieses Baudenkmals hingewiesen. Bereits im Frühjahr 1999 konnten Haus und Hof von der Erbengemeinschaft der 1996 verstorbenen letzten Bewohnerin Therese Winterstetter erworben werden. Bezirkstagspräsident Sebastian Schenk hat beim Museumsträger das Engagement des Freilichtmuseums Massing politisch durchgesetzt.
Dann stagnierte die Übertragungsmaßnahme. Der Museumsleiter konnte 2003 bis 2005 beim Museumsträger Mittel und Genehmigung für archäologische Forschung erwirken, weil er auf die tatkräftige Unterstützung durch den Museumsverein Vilsbiburg verweisen konnte. [8]
2018 gelang es ihm, mit der Förderplattform EFRE [9] und der Landesstelle für die Betreuung der nichtstaatlichen Museen in Bayern [10] einen Finanzierungsweg zu eröffnen und eine Zustimmung des Trägers herbeizuführen. Er erwirkte außerdem eine Förderung durch die Bayerische Landesstiftung. Die Bescheide wurden, nachdem zögerlich die „Genehmigung zur Beseitigung eines Baudenkmals“ durch das Landratsamt Landshut vorgelegt worden war, im fortgeschrittenen Jahr 2018 erteilt. Danach wurde unverzüglich mit der Abtragung des Hauses begonnen.

Die Bausubstanz war 2018 im Bereich der Stube und des Stalls bereits stark geschwächt, deshalb wurden Pläne für eine Übertragung von größeren Ganzteilen aus diesen Bereichen verworfen. Der Blockbau im Bereich der Brennkuchel war bereits sei 1916 durch Mauerwerk ersetzt worden. Der Blockbau wurde hier 2019 rekonstruiert.
Der Blockbau des Obergeschosses weist wertvolle Restflächen mit Lehmputz und farbigem Wanddekor auf, das östliche Giebelfeld hat ein bauzeitliches Fenster.

Für die Ganzteilübertragung des Blockbaus mussten Gefüge zerschnitten werden: Ein wesentlicher Eingriff ist die Trennung an der Ostwand. Mit einer eingenuteten Feder sind Statik und Dichtheit wieder hergestellt. Der Eingriff wird am fertigen Bau aus didaktischen Gründen deutlich sichtbar gehalten.
Am 30. Juli 2018 wurden die beiden großen Ganzteile – nach statischem Erfordernis ausgesteift – abgehoben und nach Massing transportiert. Die Putze waren zu diesem Zweck durch Abdeckungen gesichert. Nach einer witterungssicheren Einlagerung am Museumsgelände wurden sie am 27. August 2019 auf das bereits rekonstruierte Untergeschoss wieder aufgesetzt.

Die Fertigstellung der Görgenmannsölde im Freilichtmuseum Massing war für 31. Dezember 2020 geplant[11], die Eröffnung für März 2021. Bis Ende 2019 war die Maßnahme im Zeitplan.

Rekonstruktion und didaktische Erschließung

Die Blockbauganzteile wurden nach der einjährigen Zwischenlagerung wieder verbaut. Rechts im Hintergrund die zum Ensemble gehörende Marxensölde (Foto: Martin Ortmeier)
Am 27. August 2019 wurden im Museum die Ganzteile des Obergeschosses passgenau auf das bereits rekonstruierte Erdgeschoss aufgesetzt. (Foto: Martin Ortmeier)

Die Konzeption im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Museumsträgers und Auflagen der Förderinstitutionen sieht vor, dass die Hafnerei mit zwei Werkplätzen in der Stube und dem Brennofen (1839) in der Brennkuchel auf einen Zeitschnitt um 1850 rekonstruiert wird. Durch die Forschungen von Lambert Grasmann gibt es dafür zureichend Quellen. Fenster und Haustüre, Fassadenverbretterung, gemauerter Stall und Dekor der Stube im Obergeschoss, vermutlich auch die Gestaltung des traufseitigen Schrots sind jedoch jünger (nach 1916). Damit nicht ohne Not auf originale Bausubstanz beim Wiederaufbau verzichtet werden muss, wird in der ganzheitlichen Darstellung des Anwesens eine zeitliche Verkröpfung hingenommen.

Didaktische Informationseinheiten sollen sich der Haus- und Hofgeschichte und der Person Therese Winterstetters widmen. Im Stall soll die Hafnerei auf dem Kröning am Beispiel der Görgenmannsölde erläutert werden. Vitrinen mit rekonstruierten Gefäßen des Handwerksbetriebs „Beim Girgnma“ und einer großen Zahl von Scherben, die in Kleinbettenrain ergraben wurden, sollen Text und Bild begleiten. Die allgemeine Darstellung der Kröninger Hafnerei soll jedoch weiterhin dem Heimatmuseum Vilsbiburg vorbehalten bleiben.

Der Brennofen soll nach Dokumenten aus dem Kröning rekonstruiert werden. Er soll die Praxis aufzeigen, dass Ziegel aus eigener Produktion des Hafners (vermutlich von minderem Hafnerton) ausschließlich mit Lehm verbaut wurden. Für den Brand der keramischen Gefäße wurde der Brennraum immer wieder neu mit gebrauchten Ziegeln vermauert. Die Einwölbung des Ofens erforderte häufig Reparatur durch den Hafner selbst. Diese Praxis soll am rekonstruierten Ofen unmittelbar zu erkennen sein. Einen Versuchsbrand in Absprache mit dem zuständigen Kaminkehrermeister sieht das Konzept vor.
In der Stube ist ein Sesselofen (ein Herdofen mit einem Aufbau aus Hafnerkacheln) dem Darstellungszeitraum um 1850 angemessen.
Das Nebengebäude diente als Backhaus und Waschküche. Traufseitig war ein Abtritt angebaut. Der in jüngerer Zeit seitlich angebaute Hühnerstall wird nicht rekonstruiert.

Für den Besucherbetrieb im Museum wird aus Brandschutzgründen eine Zweittreppe in der Tenne platziert. Zu Ihrer Erschließung wird auf der Diele (Flur im Obergeschoss) die Tennentüre nutzbar gemacht. Der Boden auf dem Stall kann (abgesetzt vom Publikumsverkehr, erschlossen durch eine Brücke über die Tenne) für Museumspädagogik genutzt werden.

Von Dr Martin Ortmeier liegt im Museum ein Translozierung- und Darstellungskonzept vor.[12] Änderungen des Konzepts durch den Archäologen Dr. Volker Herrmann (Juli–Oktober 2020) und den Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder (Dezember 2020 bis September 2021) sind hier nicht berücksichtigt.

Medienausstattung und didaktische Erschließung (2019, aktualisiert 2022) stammen von Theorie & Praxis – Dr. Winfried Helm und Markus Muckenschnabl Dipl.-Des. (FH).

Die Website des Museums berichtet über die Translozierung. [13]

Literatur

  • Lambert Grasmann: Kröninger Hafnerei. Regensburg (Pustet) 1978, ISBN 3791705733
  • Lambert Grasmann: Beim „Uiderl“ in Bödldorf: eine Kröninger Hafnerei (Einführung und Katalog zur Ausstellung, Heimatmuseum Vilsbiburg, 5. Mai - 2. Dezember 1990). (=Der Storchenturm Sonderheft 8)
  • Martin Ortmeier: Die Görgenmannsölde aus Kleinbettenrain. In: Martin Ortmeier, Ein Bauernhofmuseum für Niederbayern. Freilichtmuseum Massing. Landshut 2001, ISBN 3-9805663-4-x, S. 64–65
  • Lambert Grasmann: Therese Winterstetter, die letzte Bewohnerin auf dem ehemaligen Hafneranwesen beim „Girgnmann“ in Kleinbettenrain. In: Martin Ortmeier, Ein Bauernhofmuseum für Niederbayern. Freilichtmuseum Massing. Landshut 2001, ISBN 3-9805663-4-x, S. 66–69
  • Cornelia Renner: Ausgrabungen in Kröninger Hafnerhäusern. Kleinbettenrain und Hub, Gde. Kröning, ein Zwischenbericht. (=Vilsbiburger Museumsschriften 7), 2005, ISBN 3000170820
  • Lambert Grasmann: Die Hafner auf dem Kröning und an der Bina. Straubing (Attenkofer) 2010, ISBN 9783936511833
  • Lambert Grasmann: Handel mit Hafnergeschirr aus dem Kröning und von der Bina: von der Oberpfalz bis Südtirol, von Augsburg bis Linz. Vilsbiburg 2014 (=Vilsbiburger Museumsschriften 15), ISBN 9783981638202

Weblinks

Anmerkungen

  1. Von diesem Backofen gibt es am Bau dokumentierte Spuren, außerdem liegen Bauaufmaße von Backöfen benachbarter Anwesen vor.
  2. Lambert Grasmann: Therese Winterstetter, die letzte Bewohnerin auf dem ehemaligen Hafneranwesen beim „Girgnmann“ in Kleinbettenrain. In: Martin Ortmeier, Ein Bauernhofmuseum für Niederbayern. Freilichtmuseum Massing. Landshut 2001, S. 69. Johann Unterrainer war zu dieser Zeit Eigentümer der Sölde „Beim Girgnma“.
  3. Von Sebastian Mayer wurde im Auftrag des Museums 2002 anhand der öffentlichen Archivalien die Hof- und Eigentümergeschichte erforscht. Siehe im Museumsarchiv unter dem Az. M 7.2.7.1, Görgenmannsölde, Quellen
  4. Lambert Grasmann: Therese Winterstetter, die letzte Bewohnerin auf dem ehemaligen Hafneranwesen beim „Girgnmann“ in Kleinbettenrain. In: Martin Ortmeier, Ein Bauernhofmuseum für Niederbayern. Freilichtmuseum Massing. Landshut 2001, S. 66-69
  5. Siehe Archiv des Heimatmuseums Vilsbiburg
  6. Cornelia Renner: Ausgrabungen in Kröninger Hafnerhäusern. Kleinbettenrain und Hub, Gde. Kröning, ein Zwischenbericht. (=Vilsbiburger Museumsschriften 7), 2005
  7. So lautete der Name des Freilichtmuseums Massing bis 1984]].
  8. Widerstand gegen eine Übertragung kam informell von Seiten der Heimatpflege des Landkreises Landshut, politisch anhaltend von Seiten des Landkreises Rottal-Inn.
  9. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
  10. Die Landesstelle wäre im Rahmen ihrer geringen Ausstattung mit Fördermitteln stets bereit gewesen, die Übertragung finanziell zu begleiten, ohnehin hatte sie Dokumentation und historische Forschung, außerdem die Grabungskampagnen großzügig gefördert. Der zuständige Referent Oberkonservator Georg Waldemer hat den jahrzehntelangen Kampf um eine qualifizierte Translozierung engagiert begleitet.
  11. Ende des Bewilligungszeitraums für die Förderung aus EFRE
  12. (Az. M 7.2.7.6, Konzept)
  13. Eintrag auf der Website des Freilichtmuseums Massing am 25. August 2021 mit einem Text vom 20. September 2019 (https://www.freilichtmuseum.de/museum-massing/baumassnahmen-1/goergemannsoelde-aus-kleinbettenrain-1):
    Baumaßnahmen im Freilichtmuseum Massing – Görgenmannsölde aus Kleinbettenrain
    Vor dem Niedergang gerettet – Die Hafnersölde „Beim Girgngma“ findet Aufnahme im Freilichtmuseum Massing
    Jedes Jahr war das alte Hafnerhaus in Kleinbettenrain im niederbayerischen Kröning ein Stückchen weiter auf die offene Lehmgrube zugerutscht. Von einem Hauseck zum anderen hat das Gefälle zuletzt 32 cm ausgemacht. 2018 hat das Freilichtmuseum Massing das Haus samt Wirtschaftsteil Balken für Balken abgebaut, am 31. Juli 2018 wurden in einer spektakulären Aktion vom Wohnteil zwei große Blockbauelemente im Ganzen ins Museum gebracht.
    Das größere der beiden Stücke hat 9,3 mal 7,3 m gemessen. Für die Fahrt auf dem Tieflader wurden Straßen gesperrt, am Bahnübergang kurz vor dem Ziel war ein längerer Halt nötig, bis die Züge der Rottalbahn die Schranken passiert hatten. Der tiefe Hohlweg bei der Museumszufahrt brachte weitere Verzögerungen. Weil dort der alte Eichenbestand geschont werden sollte, haben die Zimmerer zentimetergenau die Fahrt freigeschnitten.
    Das sorgfältig verbaute Kastengefüge des Blockbaus hat die Fahrt gut überstanden. Die originalen Lehmputze in der sogenannten schönen Kammer, die seit dem Bau im Jahre 1796 unversehrt geblieben waren, sind samt Farbdekor schadlos ins Museum gekommen.
    Die beiden Bauteile wurden am 27. August 2019 auf die neu errichteten Wände des Erdgeschosses gesetzt, der Rohbau wurde am 18. Dezember 2019 abgeschlossen. 2020 wird der Innenausbau folgen, der erneut besondere Anforderungen stellt: Der Hafner-Brennofen von 1839 ist zu rekonstruieren.
    In der Stube werden zwei Werkplätze mit Drehscheibe und eine Glasurmühle eingerichtet, eine Ausstellung wird über das Haus und seine Bergung und über die einmal bedeutsame Hafnerei „auf dem Kröning“ berichten. Die Medien für die didaktische Erschließung sind vorbereitet.
    Über dem Stall wird 2022 Raum für pädagogische Aktivitäten rund um Hafnerei, Töpfern und Kachelbrennen zur Verfügung stehen.
    Beim Anwesen wird 2020 das Wasch- und Backhaus wieder errichtet, das 2018 in Kleinbettenrain abgetragen wurde. Der Backofen wird nach einem 2014 in der Nachbarschaft des Altstandortes dokumentierten Beispiel rekonstruiert. Unmittelbar beim Haus wird für die Hafnerei eine Lehmgrube geschaffen.
    Impressum
    Baudokumentation, Rekonstruktion und Bauleitung: Harald Bader Dipl.-Ing. (FH), Simbach
    Konzept: Dr. Martin Ortmeier
    Örtliche Bauleitung (Abtragung und Wiederaufbau): Rupert Hofer (Zimmerwerk), Bepp Reinberger (Baumeisterarbeiten)
    Historische Quellenforschung: Sebastian Mayer
    Archäologie: Dr. Cornelia Renner
    Befunduntersuchung: Michael Bengler
    Beratung (Quellenkunde, Rekonstruktion und Archäologie): Lambert Grasmann
    Ausstattung und didaktische Erschließung: Theorie & Praxis – Dr. Winfried Helm, Markus Muckenschnabl Dipl.-Des. (FH)
    Die Finanzierung leistet der kommunale Museumsträger mit Förderung der Europäische Union (EFRE) und der Landesstelle Nichtstaatliche Museen in Bayern.
    Zur Geschichte der Görgenmannsölde
    Der Kröning war auf Grund seiner geeigneten Tonvorkommen ein bedeutendes Hafnerzentrum Altbayerns.
    Neben der Hafnerei „auf dem Kröning“ wurde jeweils eine zugehörige Kleinlandwirtschaft betrieben. Die Söldner oder Gütler verfügten zwar über eigene Waldstücke, deren Erträge reichten jedoch nicht für den hohen Brennholzbedarf der Hafnerei. Holzlieferung im vorgelagerten Bereich, Handel und Transport im nachgelagerten Bereich der Hafnerei wirkten sich auf die gesamte Wirtschaftsstruktur des Krönings aus. Die Landwirtschaft brachte keine herausragenden Erträge. Die Bonität der Böden ist allenfalls durchschnittlich.
    Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts endete die jahrhundertealte Tradition des Hafnergewerbes im Kröning. Die in Form, Glasur und Scherben typischen Produkte des Krönings kamen früh in den Blick des volkskundlichen Sammelns und Forschens, die Handwerks- und Sozialgeschichte wird seit den siebziger Jahren erforscht.
    Das Heimatmuseum Vilsbiburg widmet sich der Kröninger Hafnerei sehr umfassend. Eine ganzheitliche Darstellung der Produktionsgegebenheiten mit Haus, Landwirtschaft, Brennofen, Tongrube usw. ist dort jedoch nicht möglich. Diese Chance eröffnet sich mit der Translozierung der Görgenmannsölde nun in Massing.
    2003/2004 wurden am bestehenden Standort der Görgenmannsölde Grabungen durchgeführt. Dadurch werden Grundlagen für die historisch getreue Rekonstruktion der Hafnerei im Museum erschlossen.
    Die Görgenmannsölde ist ein Mittertennhaus. Für den Kröning ist der Haustyp mehrfach belegt: rezenter Bestand, Dokumente im Archiv für Hausforschung, im Landesamt für Denkmalpflege und im Heimatmuseum Vilsbiburg, hauskundliche Literatur, Bildarchiv des Freilichtmuseums Massing. Umlaufender Schrot (bei der Görgenmannsölde nicht voll erhalten) und Oberbodenlaube, im Rottal selten, verknüpfen das Haus des Krönings mit der benachbarten Hauslandschaft Dingolfing-Landau.
    Eine Trennung von Wohnen und Handwerk hat beim Hafnerhaus nur unzureichend stattgefunden. Dies deckt sich aber mit der allgemeinen hausgeschichtlichen Tatsache auch im Bürgerlichen, dass Wohnen und Werken später getrennt wurden als Wohnen und Viehstallung. Diese sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Tatsache soll, auch mit ihren gesundheitlichen Folgen insbesondere bei der Hafnerei, in der didaktischen Präsentation der Görgenmannsölde im Museum hervorgehoben werden.
    Der Wohnteil ist in Erd- und Obergeschoss Holzblockbau. Der rückwärtige, der Dorfstraße zugewandte Teil ist 1916 im Erdgeschoss durch Mauerwerk ersetzt worden, im Zug dieser Baumaßnahme wurde ein russischer Kamin eingebaut. Im Obergeschoss sind zu unbestimmter Zeit nachträgliche Leichtbauwände zur Abtrennung von kleinen Zimmern eingezogen worden. Die Fletz war früher durchgängig, sie mündet heute jedoch in eine Fletzkammer, von der aus ein ebenerdiger Kartoffelkeller und ein enger dunkler Saustall zugänglich sind. Zwischen Fletz und Tenne ist erdgeschossig eine Raumachse geschoben, die verschiedene Lagerräume umfasst. Darunter liegt ein kleiner gewölbter Keller.
    Der Stadel überfängt als verbretterter Holzständerbau diese erdgeschossige Raumachse, außerdem die anschließende Tenne und den gemauerten Stall. Warum an der straßenseitigen Längsseite die Fassade zurückspringt und einem offenen Schupfen Platz schafft, ist bisher nicht geklärt. Die enge Platzierung des Hauses an der – ursprünglich tiefer liegenden – Dorfstraße mag diese bauliche Besonderheit begründen. An der rückwärtigen Giebelseite ist ein Holzverschlag angebaut, dessen Dach an die gemauerte Erdgeschosswand des Stalls angeschleppt ist.
    Im Hofraum, der nach Süden in die landwirtschaftliche Flur übergeht, ist ein hölzernes Nebengebäude (Back- und Waschhaus, außen angebaut ein Abort) und der Abstich einer Grube erhalten. Die Grube war vermutlich die Tongrube für den eigenen Hafnereibedarf.
    Der Stall ist in der bestehenden Form sicher erst nach 1864 entstanden, ebenso die Fassadenverbretterung, an der Reste einer Bemalung erhalten sind. Der Abbruch des giebelseitigen Hausschrots kann zur selben Zeit geschehen sein. Vielleicht wurden beide Maßnahmen erst im Zuge der Erdgeschossausmauerung 1916 durchgeführt. Der Baueingabeplan von 1916 zeigt noch einen offenen Blockbau, allerdings keinen umlaufenden, sondern nur den traufseitigen Schrot.
    Das Satteldach ist gering geneigt, es war wohl lange Zeit mit Legschindeln eingedeckt. Baudatierungen durch Archivalien, Inschrift oder Holzjahresringauswertung liegen bisher nicht vor.
    Archäologische Forschung geschieht bereits im Vorfeld der Abtragung. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich der heutigen Küche und der Stube. Ergraben wurden u.a. zwei Fundamentspuren von Brennöfen, außerdem Relikte eines Tonkellers, welcher der Vorratshaltung für die Winterarbeit diente.
    Verfüllte Werkstattbruchgruben wurden bereits freigelegt. Aus der unmittelbaren Nachbarschaft liegen ausgewertete Funde vor. Zu klären ist außerdem die Wasserversorgung vor dem Anschluss an das öffentliche Netz. Der Brunnen neben dem Stall war eventuell nur für die Hafnerei, nicht jedoch für die Versorgung mit Trinkwasser geeignet.
    Die klassischen Grabungen sind 2004 abgeschlossen worden, eventuell soll sich Fehlbodenarchäologie anschließen. Die Ergebnisse der Archäologie sollen in die Darstellung des Hofs im Museum einfließen.
    TEXT: Martin Ortmeier 2019| FOTOS: Josef Lang, Martin Ortmeier.