Weg des Buches

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Wanderer gehen in Ramsau am Dachstein auf dem Bibelsteig, dem Weg der Bibelschmuggler aus der Zeit der Gegenreformation im 16. Jahrhundert.

Der Weg des Buches ist ein evangelischer Pilgerweg von Ortenburg bis nach Arnoldstein in Kärnten, der die Route kennzeichnet auf der die früher verbotene Bibelübersetzung Martin Luthers im 16. Jahrhundert durch das Land geschmuggelt worden war. Der Weg wurde im Herbst 2008 eröffnet.

Hintergrund

Es war eine Sehnsucht der religiösen Freiheit, die die evangelischen „Geheimprotestanten“ damals antrieb. Geheimprotestanten waren Christen, die nach außen katholisch waren, jedoch heimlich die lutherische Bibel lasen und geheime Andachten hielten. Die katholische Obrigkeit sah im 16. Jahrhundert das studieren der Bibel als revolutionär an und es wurde daher strikt untersagt.

Der Schmuggelweg war dabei keine Einbahnstraße, sondern funktionierte in beide Richtungen. Bis Ortenburg, damals eine kleine evangelische Reichsgrafschaft, durften die Bibeln damals geliefert werden. Ab Ortenburg wurden die Bibeln geschmuggelt. Unzählige Lutherbibeln, Gesangs- und Gebetsbücher wurden von Ortenburg aus nach Österreich hinein bis in die entlegensten Bergtäler geschmuggelt.

In die andere Richtung pilgerten die Geheimprotestanten um das Wort Gottes zu hören. Höchststrafen haben die Österreicher damals riskiert nur um einmal am protestantischen Gottesdienst in der Enklave Ortenburg teilnehmen zu können. Um dies zu vertuschen nahmen sie offiziell an Wallfahrten nach Altötting teil.

Der Buchschmuggel wurde von jungen Burschen betrieben, die Salz in das Bayerische transportierten und auf dem Rückweg die Bücher, die über Franken nach Ortenburg kamen, mitnahmen. Die Ware wurde bei Zollstellen streng kontrolliert. Damit eine Lutherbibel nicht erkannt wurde, rissen die Schmuggler meist die erste Seite des Buches heraus, sodass die Zöllner nicht feststellen konnten, ob es sich um katholische oder evangelische Bücher handelte, den lesen konnten nur die wenigsten.

Dieser Schmuggelweg ist nun wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die Evangelische Kirche Österreich richtete 2008 den Weg des Buches ein. Begleitend zu der Route wurden drei Bücher herausgegeben: eine Art „Wanderführer mit spirituellem Charakter“, einen Bibelleseplan für die Stationen und einen Kunstgeschichteband.

Der evangelische Pilgerweg ist im benachbarten Österreich der einzige seiner Art überhaupt. Im deutschsprachigen Raum gibt es insgesamt mit diesem drei. Denn eigentlich widerspricht das Pilgern im Sinne des „Sündenabarbeitens“ der Lehre Martin Luthers. Deswegen spricht die evangelische Kirche auch lieber von einem „meditativen Einkehrweg“.

Verlauf

Nach dem Start vor der Marktkirche in Ortenburg geht es gleich bei Schärding über die österreichische Grenze, und weiter in das Salzkammergut. Von dort verläuft er über den Dachstein und die Kärntner Nockberge bis nach Arnoldstein. Der Weg des Buches hat eine Gesamtlänge von 559 Kilometern. Gerade im alpinen Bereich konnte manchmal nicht zu 100 Prozent gesagt werden, ob der Schmugglerweg genau diese Kurve gemacht hat oder nicht, aber alles in allem ist der Weg sehr authentisch.

Entlang des Weges finden sich zahlreiche Stationen des evangelischen Widerstands, wie zum Beispiel im steiermärkischen Ramsau am Dachstein. Auf dem Hochplateau versteckten sich über Jahrzehnte verfolgte Protestanten, weil die Soldaten des Herrschers die Gegend von unten nicht einsehen konnten. Ramsau ist auch heute noch zu über 80 Prozent evangelisch, während die Protestanten österreichweit nur etwa zehn Prozent ausmachen.

Aber auch auf bayerischer Seite gab es geheime Luther-Anhänger. Auch für sie war oft Ortenburg eine der bedeutendsten Anlaufstellen, neben den Reichsstädten Nürnberg und Regensburg. Graf Joachim von Ortenburg führte in seiner reichsunmittelbaren Grafschaft Ortenburg 1563 die Reformation ein und war somit die einzige evangelische Kirche weit und breit. Auch die bayerischen heimlichen Anhänger der evangelischen Kirche sind offiziell ins katholische Altötting gepilgert, nur um beim Rückweg in Ortenburg in die evangelische Kirche zu gehen.

Literatur

Weblinks