Dombauhütte Passau

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Die Alte Residenz vor dem in der Renovierung befindlichen Dom St. Stephan.

Die Staatliche Dombauhütte Passau wurde 1928 gegründet. Sie restauriert gegen den Verfall des über 600 Jahre alten Stephansdoms an. Sie wird vom Dombaumeister geleitet.

Geschichte

Bereits im Jahr 1924 wandte sich die Diözese Passau an die bayerische Staatsregierung, da der bayerische Staat sich in dem Konkordat desselben Jahres ausdrücklich zur Erhaltung der großen Dome und ihrer Einrichtungen verpflichtet hatte. Der marode Bau konnte nicht mehr unterhalten, die dringend notwendige Sanierung nicht finanziert werden. Man kam überein, dass die Regierung den Bauunterhalt für den älteren gotischen Teil trägt. Für die aufwendige Sanierung wurde 1928 dann die Dombauhütte gegründet, zu deren erstem Leiter der damalige Regierungsbauamtmann Dr. Hans Hörmann bestellt wurde.

Der erste Jahresetat von 10.000 Reichsmark ging allein für den Gerüstbau drauf. Doch die Verantwortlichen waren findig. Spenden für die Baukasse statt Geschenke zum 75. Geburtstag von Bischof Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf waren eine solche Idee. 22.000 Reichsmark kamen so zusammen. Nochmal 36.000 Reichsmark wurden durch eine „Dombaulotterie“ eingespielt.

Nach der Inneninstandsetzung von 1933 bis 1934 war eine erste Bewährungsprobe die Restaurierung des Stephanstürmchens, die 1937 abgeschlossen war. Die folgende Außeninstandsetzung des nördlichen und südlichen Querhauses oblag seit 1938 dem damaligen Reg.-Bauassessor Hans-Karl Moritz als Nachfolger von Dr. Dr.-Ing. Hans Hörmann. Während der Kriegs- und Nachkriegsjahre konnte der Betrieb jedoch nur in eingeschränktem Umfang weitergeführt werden. Im Sommer 1952 trat der Steinmetz- und Steinbildhauermeister Berthold Schneider seine Tätigkeit als Hüttenmeister an. 1954 war die Instandsetzung des nördlichen Querhauses abgeschlossen. Von 1955 bis 1968 dauerten die Arbeiten am südlichen Querhaus. 1966 wurde mit der Sanierung des Vierungsturms (Domkuppel) begonnen. Nahezu jeder Stein musste gegen ein neues Werkstück ausgetauscht werden. Als im Dezember 1978 die Gerüste abgenommen wurden, präsentierte sich der Vierungsturm in strahlend neuem Gewand. Nun verblieb noch der reich verzierte Ostchor, das Meisterwerk Hans Krumenauers, mit dessen Restaurierung 1978 begonnen wurde.

Die derzeitigen Arbeiten sollen 2013 abgeschlossen werden. Der Dom wird dann – für manches Passauer Auge ungewohnt – in reinem Weiß erstrahlen. Das soll aber nicht nur Touristen imponieren oder die Barock-Optik imitieren. In der Hauptsache geht es um die Konservierung. Denn im 19. Jahrhundert war schon mal die Zengergasse gesperrt, weil zu befürchten war, dass ein Bauteil herunter bricht. Die neue Kalkfassung schützt und lässt Schwachstellen erkennen, etwa bei Feuchtigkeit. So kann man früh einschreiten. Ist die weiße Kalkfassung erst einmal komplett aufgetragen, werden voraussichtlich nur noch oberflächliche Instandsetzungen nötig sein – mit einem überschaubaren Aufwand. Denn, in Zukunft soll keine Generalsanierung mehr vorgenommen werden, sondern nur noch ausgebessert werden, wo was kaputt ist, also eine geregelte Baupfege betrieben werden.

2009 wandert das Gerüst vom Südturm weg zur Hauptfassade und zum Nordturm. Dann sind die Kapellenanbauten dran. 2011 sollten die Arbeiten an der Westfassade abgeschlossen sein, etwa 2015 sollte der Dom ohne Gerüste zu sehen sein.

Mitarbeiter der Dombauhütte vorgestellt (2009)

Durch Verwitterung und Ausbesserungsarbeiten im Laufe der Jahrzehnte hat jeder Stein am Dom eine ganz eigene Beschaffenheit und Farbe. Restaurator Michael Bengler untersucht diese Phänomene. (Foto: Jäger)

Der Chirurg: Michael Bengler

Michael Bengler (54) ist seit 15 Jahren freier Restaurator und für die Farbbefundung am Dom zuständig. Auf der Suche nach Oberflächen-Phänomenen schaut er sich die Fassade ganz genau an. Er seziert die einzelnen Schichten, dafür braucht man viel Fingerspitzengefühl. Bengler ist der Chirurg unter den Dombauern. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer wieder andere Gesteinsarten verbaut. Diese wurden dem Trend der jeweiligen Epoche – weiß im Barock, gelb im 19. Jahrhundert – gefasst. Am Ende der Restaurierungsarbeiten soll der Dom wieder in weiß erstrahlen. Michael Bengler untersucht, wo noch Reste des ursprünglichen Anstrichs vorhanden sind, und legt auch Tabuzonen fest, die ausgespart werden müssen, weil sie bei der Reinigung beschädigt werden könnten.

Einige Befundstellen dokumentiert er auch exemplarisch, wie etwa das Ziffernblatt der Domuhr. Dafür schleift er ein kleines Stück ab und untersucht, welche Schichten es im Lauf der Zeit erhalten hat. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden, ob man die Fassung so lässt, wie sie ist, oder sie erneuert. Alle Oberflächenphänomene, die Bengler feststellt – hier eine gotische Verfugung, da ein Hinweis auf eine Gelbfassung – trägt er in eine Karte ein. Die braucht Leopold Hafner für die Dokumentation.

Der Saubermann: Lenz Birke

Lenz Birke (34) trägt Verfärbungen an der Außenfassade mit einem Laser ab. Acht Stunden täglich steht er auf dem Baugerüst – immer mit Schutzbrille, denn der Laserstrahl kann bei Augenkontakt blind machen. Einen Quadratmeter pro Woche befreit der gelernte Steinmetz von Verschmutzungen. Den ganzen Dom muss er aber nicht säubern: Auf glatten Flächen wird mit einem Druckverfahren gearbeitet. Die feinen Verzierungen können jedoch dadurch beschädigt werden. Hier müssen Lenz Birke und sein Laser ran.

Der Kartograph: Leopold Hafner

Leopold Hafner (36) kennt jeden Stein, und zwar persönlich. In einer speziellen Software, die die Dombauhütte zusammen mit den Unis Passau und Bamberg entwickelt hat, und die europaweit auf dem Vormarsch ist, ist jeder Stein namentlich verzeichnet. Wenn er zum Beispiel „05 857_acSOTLXVI4“ liest, weiß Hafner: Es handelt sich um den vierten Stein von links in der sechzehnten Schicht an der Ostmauer der Südfassade außen am Querhaus des Passauer Doms.

Galerie

Siehe auch

Literatur