Kapelle St. Andreas (Passau)
Die Kapelle St. Andreas (kurz: Andreaskapelle, auch Herrenkapelle oder Kreuzwegkapelle) ist eine Seitenkapelle des Stephansdoms zu Passau.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Sie liegt nördlich der Ortenburgkapelle und entstand als Grablege der Passauer Domherren im frühen 14. Jahrhundert. Damit ist sie eine der frühesten deutschen Hallenkapellen. Zudem ist die Andreaskapelle die größte der Kapellen im ehemaligen Passauer Domkreuzgang. Der Chor kam 1414 als Stiftung von Dompropst Otto von Layming dazu. Dieser Teil führt auch den Namen Erasmuskapelle.
Nach dem Stadtbrand von 1662 wurde die Andreaskapelle im Zuge des Wiederaufbaus des Domes barockisiert. Bis etwa 1750 war die Kapelle Mortuarium der Domkanoniker und deshalb reich an Grabdenkmälern. 1751 kam ein neuer Hochaltar zur Aufstellung, dessen Mittelpunkt das Gnadenbild Maria mit der Kirsche von Georg Urtlmayr bildete. 1841 wurde die Kapelle regotisiert, und das barocke Gnadenbild kam in den Dom. 1870 wurden die im Pflaster ruhenden Epitaphien an den Kapellenwänden angebracht.
Der größte Teil dieser Grabdenkmäler kam 1960/1961 im Zuge einer Restaurierung in die Ortenburgkapelle und in den Domhof. Bereits 1979 bis 1980 musste die Kapelle aufgrund starker Verrußung erneut renoviert werden, wobei der Mittelaltar nach Unterneukirchen gebracht und durch einen neuen Altar von Leopold Hafner ersetzt wurde. Die 1960 entfernten Epitaphien wurden teilweise wieder rückgeführt.
Die Andreaskapelle diente als Hauskapelle des Bischöflichen Knabenseminars St. Max. In der Kapelle, deren Inneres ansonsten nicht zugänglich ist, finden werktäglich Gottesdienste statt.
Architektur
Die Andreaskapelle ist eine dreischiffige Halle mit neun Jochen und einer kleinen rechteckigen Chorkapelle. Das Schiff hat ein Kreuzgewölbe und der Chor ein Netzgewölbe, welches als das älteste Netzrippengewölbe Ostbayerns gilt. Die vier achtkantigen Pfeiler tragen Blattkränze, aus denen die schmalen Rippen der steilen Wölbungen ausstrahlen.
Einrichtung
Im Inneren hängt ein monumentales, mainfränkisch beeinflusstes romanisches Kruzifix von etwa 1190, bekannt als „Der große Herrgott“. Ursprünglich gehörte es dem Kloster St. Nikola und war Wallfahrtsziel zum „großen Herrgott von Passau“. Das Kreuz wurde vermutlich seit dem frühen 15. Jahrhundert in der St. Elisabeth-Spitalkirche verehrt. Diese Kirche stand in der Nähe des heutigen Bahnhofs und wurde 1809 durch die Franzosen demoliert. Um 1850 kam das Kreuz in den neugotischen Hochaltar der Salvatorkirche, seit 1962 befindet es sich in der Andreaskapelle.
An der Südwand befindet sich die aus der Spätgotik stammende überlebensgroße Steinfigur Salvator mundi. Sie entstand um das Jahr 1450. In der Kapelle befinden sich noch aus der Zeit der Spätgotik ein Steinrelief, das Christus am Ölberg zeigt, eine Reliefplatte mit St. Valentin, St. Stephanus und einem Bischof, sowie eine Sandsteinmadonna. Der Taufstein stammt aus dem Jahr 1478.
Die Grabdenkmäler gehören dem 14. bis 17. Jahrhundert an. In der Kapelle hat auch Weihbischof Albert Schönhofer seine Grabstätte. Dessen Grabmal von 1493 steht dem Meister des Kefermarkter Flügelaltars nahe.
Die Firma Eisenbarth erbaute 1984/1985 in der Andreaskapelle eine zweimanualige Orgel. Das Gehäuse wurde von Franz und Leopold Hafner entworfen. Der Prospekt zeigt den Apostel Andreas mit dem Andreaskreuz und dem Fischernetz.
Petrus-Kopf
40 Jahre lang war er verschollen, 2009 ist er wieder an seinem alten Platz, der Petruskopf, den ein Kunsträuber einst aus der Andreaskapelle des Doms gestohlen hat. Darüber freut sich vor allem Altbischof Dr. Franz Xaver Eder, denn er hat den Frevel vor über vier Jahrzehnten entdeckt, als er als junger Kaplan an dem Epitaph vorbei ging.
Er war nun natürlich auch mit dabei, als der wieder aufgetauchte Kopf aus Solnhofener Marmor in die 400 Jahre alte Heiligengruppe zurück kehrte. Es spricht für Eders Beobachtungsgabe, dass er den Diebstahl einst entdeckte, denn der Petrus ist nur acht Zentimeter groß.
Das war wohl auch einer der Gründe, warum er so lange nicht wiedergefunden wurde – ihn versteckt man eben leichter als einen Zwei-Meter-Michelangelo. Wie das Passauer Bistumsblatt berichtet, ist es der Aufmerksamkeit einer Kunstliebhaberin zu verdanken, dass der Kopf auftauchte: Die Münchner Kunsthistorikerin Dr. Beatrize Söding entdeckte ihn im Katalog eines Kunsthändlers in München. Sie informierte das Bistum Passau. Weil der Händler keinen Eigentumsnachweis besaß, wanderte der Petruskopf zurück in die Seitenkapelle des Doms. Nun schützt eine Überwachungskamera das Denkmal.
Literatur
- Franz Danninger: Gestohlener Petrus-Kopf nach 40 Jahren aufgetaucht. In: Passauer Neue Presse vom 8. August 2009 (S. 25)
- Alexander von Reitzenstein, Herbert Brunner: Reclams Kunstführer Deutschland Band 1. Bayern. Baudenkmäler, Philipp Reclam jun. Stuttgart, Universal-Bibliothek Nr. 8055-72, 8. Auflage 1974, ISBN 3-15-008055-X
- Gottfried Schäffer, Gregor Peda: Wallfahrten im Passauer Land, Pannonia-Verlag Freilassing, 1978, ISBN 3-7897-0069-X
- Alfred Zangenfeind: Der Passauer Dom St. Stephan — größter Barockbau des 17. Jahrhunderts nördlich der Alpen, in: August Leidl (Hg.): Der Passauer Dom. Festschrift zur Vollendung der ersten Gesamtinnenrenovierung seit dem barocken Wiederaufbau, Passau 1980
- Ludwig Heinrich Krick: Chronologische Reihenfolgen der Seelvorstände und Benefizianten des Bistums Passau, Passau 1911.